40 o
Und bin ich in den Geistestiefen,
Erfüllt in meinen Seelengründen
Aus Herzens Liebewelten
Der Eigenheiten leerer Wahn
Sich mit des Weltenwortes Feuerkraft.
Das Mantra 40 o und die Zahl 40
Die Woche 40 o ist die erste, die immer vollständig im neuen Jahr liegt. Ein besonderer Zauber liegt über dieser Woche des Anfangs! Das letzte Osterfest liegt 40 Wochen bzw. Mantren zurück — genauso lange, wie eine menschliche Schwangerschaft dauert. Mit der Zahl 40 sind immer vollständige Verwandlungen, Neugeburten verbunden: 40 Jahre musste das jüdische Volk nach dem Auszug aus Ägypten durch die Wüste wandern, bis es als auserwähltes Volk im gelobten Land ankam. 40 Tage betete und fastete Jesus nach der Taufe im Jordan, bevor er als Sohn Gottes in die Öffentlichkeit trat. 40 Tage sind es vom Ostersonntag bis zur Himmelfahrt Christi. Es ist der Zauber der Geburt, der Zauber des in die Sichtbarkeit-tretens eines Neuen, der über dieser Woche des 40. Mantras und ersten Woche des neuen Jahres liegt.
Zu dieser Woche passt wie zu keiner anderen das Gedicht “Stufen” von Hermann Hesse (1877–1962). Dort spricht er von Lebenskreisen. Ist nicht jede neue Woche solch ein Lebenskreis — und erst recht ein neuer Jahreskreis?
“… Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten. …”
Der neue Jahreskreis ist wie ein neuer Körper, in den die Menschheit eintritt. In früheren Jahrhunderten wurde der Geist eines Jahres als der Jahr-Gott erlebt, als der Schöpfergott der Vegetation, — als der Einjährige, der sich opfernde, — der in jedem Zyklus neu geboren wird und an seinem Ende stirbt. Rudolf Steiner sagt, dass der Jahr-Gott den Rang eines Archai hat – und der Christus selber ist. „Hinhorchen auf die Inspirationen dieses Menschheitsgottes [des Jahr-Gottes], der der Christus selber ist, muß die Menschheit lernen, wie sie einmal gelernt hatte, hinzuhorchen auf die Inspirationen des Jahr-Gottes.“ (GA 219, 9. Vortrag) Der Jahreskreis ist Sein Leib, sein heiliger Tempel.
Im Advent haben wir die Ankunft des Gottes erwartet. In der Heiligen Nacht haben wir seine Geburt gefeiert. Mit der Woche 39 n standen wir auf der Schwelle bzw. traten in seinen neugeborenen Leib ein und wurden ein Teil von Ihm. Doch erst in der Woche 40 o, die als erste vollständig im neuen Jahr liegt, tauchen wir unter in diese neue Energie. Nun gehen wir in Kontakt mit dem neuen Jahr-Gott, vertrauen uns ihm an und lassen uns tragen von seinem Zeit-Strom.
Rudolf Steiner hat auf die Frage, wie man sich vorbereiten kann den wiederkommenden — den ätherischen Christus — zu erleben geantwortet: durch das meditative Erleben des Jahreslaufes. Mir scheint, dass Rudolf Steiner den Seelenkalender genau für dieses lauschende Erleben des Jahr-Gottes, welcher der “Körper” des Christus ist, geschaffen hat.
Der 6. Januar — Drei Königs- und Tauftag Jesu im Jordan
Der Festtag des 6. Januar hat eine lange Geschichte und zeigt dadurch, dass die Menschen die Weisheit des Jahreskreises in immer wieder neuen, aber inhaltlich verwandten Bildern erlebten, kommunizierten und feierten. Dadurch wird die zugrunde liegende universelle Weisheit des Jahreskreises deutlich.
In der christlichen Tradition wird am 6. Januar das Fest der Taufe Jesu im Jordan gefeiert – und gleichzeitig das Fest der Heiligen Drei Könige. Dieser Tag liegt fast immer in der Woche 40 o und zeigt deshalb was mit dieser Woche seit alters her verbunden ist. Es gibt nur eine bedeutsame Ausnahme: wenn Heilig Abend mit dem 4. Adventssonntag zusammenfällt, wie im Jahr 2023, ist der 6. Januar der Samstag der Woche 39 n. Die Vereinigung des Göttlichen mit dem Menschlichen, wie es das Bild der Taufe schildert, kann sich in der Schwellenwoche 39 n auf einmal und vollständig vollziehen — meist ist es jedoch ein zweischrittiger Prozess, zu dem die Mantren 39 n und 40 o gehören.
Für mich bedeuten die beiden Fest-Aspekte zwei Arten, mit dem neuen Jahr-Gott, mit der Energie des neuen Jahres in Kontakt zu kommen: Mit den drei Heiligen Königen begrüßen wir diesen neuen Jahr-Gott und opfern ihm das Beste, was wir haben: Unsere Weisheit im Bild des Goldes, unser aufsteigendes Fühlen im Bild des Weihrauchs und unseren guten, auf Heilung ausgerichteten Willen im Bild der Myrrhe. Mit der Taufe im Jordanfluss tauchen auch wir ein in den Strom der Zeit, in die Energie dieses Jahr-Gottes und werden von ihm getragen für einen neuen Jahres-Kreislauf. Es ist tatsächlich so, ob wir es wahrnehmen oder nicht; die Zeit trägt uns alle. Niemand kann vorgestern leben oder nächste Woche – die Gegenwart ist immer Gegenwart aller Menschen – ein Jetzt. Die Einheit eines Jahreskreises ist gleichsam der Körper des jeweiligen Jahr-Gottes. Und dieser Jahr-Gott trägt für eine Runde alles Leben auf der Erde, uns Menschen eingeschlossen.
Ursprünglich wurde dieser besondere Tag des 6. Januar Epiphánias, (von griechisch ἐπιφάνεια epipháneïa, lateinisch epiphanīa „Erscheinung“) oder Theophanie (θεοφάνεια „Erscheinen Gottes“) genannt. Hier wurde, wie in der Ostkirche auch heute üblich, die Geburt Christi und auch seine Taufe 30 Jahre später gefeiert. Dieser Festtag beruht auf einer vorchristlichen Tradition. Im hellenistischen Ägypten wurde in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar das Fest des aus der Jungfrau Kore (= Persephone) geborenen Sonnengottes, des Aion gefeiert. Dieser Sonnengott wurde mit Osiris als irdischer Erscheinung des Re gleichgesetzt. Am 6. Januar wurde dann heilbringendes Wasser aus den Fluten des Nil geschöpft. Dieses Fest weist auf das zur Erde herabsteigende menschheitliche Manas bzw. Geistselbst hin, das in der lemurischen Zeit gleichsam zerstückelt wurde und in den einzelnen Menschenleibern sein Grab fand. Durch eine Art allgemeiner Taufe wurde es aus dem Wasser heraus wiedergeboren.
Rudolf Steiner sagt: “Einiges Licht wirft esoterisch das Datum — esoterisch ist das Fest ein sehr wichtiges -, denn der 6. Januar ist dasselbe Datum, an welchem im alten Ägypten das sogenannte Osirisfest gefeiert wurde, das Fest des wiedergefundenen Osiris. Osiris wird bekanntlich überwunden von seinem Gegner Typhon, er wird von der Isis gesucht und wiedergefunden. Dieses Wiederfinden des Osiris, des Sohnes Gottes, wird dargestellt durch das Fest vom 6. Januar. Das Dreikönigsfest ist dasselbe Fest, nur daß es christlich geworden ist. Dieses Fest finden wir auch bei den Assyrern, den Armeniern und den Phöniziern. Überall ist es da ein Fest, das verknüpft ist mit einer Art von allgemeiner Taufe, wo aus dem Wasser heraus eine Wiedergeburt stattfindet. Das deutet schon den Zusammenhang an mit dem wiedergefundenen Osiris. Was ist überhaupt der verschwundene Osiris? Der verschwundene Osiris stellt uns dar jenen Übergang, der stattfindet zwischen den Zeiten vor der Mitte der lemurischen Rasse und den Zeiten nach der Mitte der lemurischen Rasse. Vor der Mitte der lemurischen Rasse gab es keinen Menschen, der mit Manas begabt war. Erst in der Mitte der lemurischen Zeit senkte sich Manas herab und befruchtete die Menschen. In jedem einzelnen Menschen wird ein Grab geschaffen für das in die Menschheit aufgeteilte Manas (Geistselbst) — für Osiris, der dargestellt wird als zerstückelt. Es ist die manasische Gottheit, die aufgeteilt worden ist und in den Menschen wohnt. Gräber des Osiris heißen die menschlichen Körper in der ägyptischen Geheimsprache. Manas ist so lange nicht befreit, bis die wiedererscheinende Liebe Manas befreien kann.
Was ist die wiedererscheinende Liebe? Was entstanden war mit der Manasbefruchtung in der Mitte der lemurischen Zeit — etwas vorher und etwas nachher -, das war das Einziehen des Leidenschaftsprinzipes in die Menschheit. Vor dieser Zeit hat es kein eigentliches Leidenschaftsprinzip gegeben. Die Tiere der vorhergehenden Zeiten waren Kaltblüter. Und auch der Mensch selbst war damals noch nicht mit warmem Blute begabt. Die Menschen der Mondenzeit, und entsprechend auch die Menschen der dritten Erden-Runde, kann man insofern mit Fischen vergleichen, als sie die gleiche Wärme mit ihrer Umgebung hatten. Der Geist Gottes brütete über den Wassern, heißt es in der Bibel von dieser Zeit. Das Prinzip der Liebe war noch nicht im Innern der Wesen, sondern draußen als sich offenbarendes irdisches Kama (das heißt irdische Leidenschaft). Das Kama ist die egoistische Liebe. Der erste Bringer der egoismusfreien Liebe ist nun Christus, der in Jesus von Nazareth erscheinen sollte.“ (Lit.: Beiträge 60, S. 3f)
Am 6. Januar wurde also die Befreiung des Manas, des Geistprinzips im Menschen von der Bindung an die Begierdennatur gefeiert. Es war ein Fest des Vorblicks auf das Erscheinen des Christus und auf die erwartete neue Fähigkeit des Menschen nun ohne eigenen Nutzen Liebe empfinden zu können. Es war ein Fest, das die Überwindung des Egos vorausahnend feierte.
Taufe und Sündenfall
Mit der Taufe Jesu, der vollständigen Aufnahme der geistigen Sonnen-Macht in den Menschen Jesus hängt zusammen, was als Sündenfall bezeichnet wird. Hier begann eine Entwicklung, die zunächst für einen Menschen — und damit der Möglichkeit nach für alle Menschen — sich vollendete. Hier schildert Rudolf Steiner den Grund für den Sündenfall und macht deutlich, dass dieser Grund entgegen der landläufigen Auffassung jenseits menschlicher Schuld liegt: „Der Leiter der ganzen Bewegung [während der lemurischen Zeit, in diese Zeit fiel der Mondaustritt aus der Erde] ist dieselbe Gottheit, die die hebräische Tradition Jahve, Jehova, nennt, Er war eine Mondengottheit [ein Deva]. Er hatte im höchsten Sinne die Kraft, die auf dem Monde entwickelt war, und strebte danach, die Menschheit in diesem Sinne weiterzuentwickeln. Jahve stellte innerhalb der irdischen Welt die Gottheit dar, welche den Wesen die Möglichkeit der physischen Fortpflanzung gibt. Alles übrige (Verstand) lag nicht in der Jahve-Intention. … Er hätte sich dann nur damit befasst, schöne Formen zu erzeugen, denn das Innere, das Intellektuelle, war ihm gleichgültig. Schön geformte Menschen wollte Jehova erzeugen, eine Art schöner Statuen. Nach seiner Intention sollte die Fortpflanzungskraft so lange fortgesetzt werden, bis sie erlischt. Er wollte einen Planeten haben, der nur schöne, aber vollständig starre Formen auf sich trug. Wenn die Erde, mit dem Mond in sich, sich fortentwickelt hätte, so hätte sie sich entwickelt zu einer starren, vereisten Form. Jehova hätte seinen Planeten verewigt als Denkmal der Intention seiner Entwicklung. Dies wäre zweifellos eingetreten, wenn nicht jene Adepten, die über die Mondenentwicklung hinausgeeilt waren, jetzt hervorgetreten wären. In derselben Zeit traten sie hervor. Diese hatten dasjenige, was wir erst auf der Erde entwickelt haben, Verstand und Geist, schon auf dem Monde entwickelt. Sie nahmen sich jetzt der übrigen Menschheit an und entrissen sie dem Schicksal, dem sie sonst verfallen wären. Es wurde ein neuer Funke angefacht in dem menschlichen Astralkörper. Sie gaben gerade dem damaligen Astralkörper den Anstoß, sich über den springenden Punkt hinaus zu entwickeln. …
Es waren jetzt zwei Strömungen da, diejenige Jahves [des Mondengottes] und die der Mondadepten [der über das Monden-Ziel hinausentwickelten Devas]. Das Interesse der Mondadepten lag darin, die Menschheit zu vergeistigen. Aber Jahve wollte aus ihnen schöne Statuen machen. Diese beiden Kräfte kämpften dazumal miteinander.
… Sie [die Mondadepten] sagten ihnen [den Menschen]: Ihr müsst nicht Jehova folgen, er wird euch nicht zur Erkenntnis kommen lassen; aber ihr sollt Erkenntnis erlangen. – Das ist die Schlange. Die Schlange steht dem Weibe gegenüber, denn das Weib hatte die Kraft, sich aus sich selbst heraus fortzupflanzen. Jetzt sagte Jehova: Der Mensch ist geworden wie unsereiner – und bringt den Tod in die Welt und alles, was damit zusammenhängt.
<Luzifer> nennt man die Mondadepten; sie sind die Geber dessen, was menschliche Intellektualität ist. Das gaben sie dem Astral- und dem physischen Körper, sonst hätte die Monade (die Entität des Ichs] in diese nicht einziehen können und die Erde wäre dann ein planetarisches Denkmal von Jehovas Größe geworden. Durch das Eingreifen des luziferischen Prinzips wurde die menschliche Selbständigkeit, die Geistigkeit gerettet. Jehova hat dann, damit der Mensch sich nicht ganz vergeistige, die Selbsthervorbringungskraft halbiert [Geschlechtertrennung]. …
Der Mensch trägt also durch Jehovas Macht die Möglichkeit in sich, zu erstarren. Wenn man die drei unteren Körper beobachtet, so haben diese den Keim in sich, zum physischen Zustand der Erde zurückzukehren. Die oberen Teile: Atma, Buddhi, Manas [Geistmensch, Lebensgeist, Geistselbst] haben erst in den Menschen einziehen können dadurch, dass die Schlange hinzukam. Der Mensch bekam dadurch neues Leben und die Kraft, bei dem irdischen Planeten zu verbleiben. Aber die Fortpflanzungskraft wurde eingeschlechtlich [Trennung in männlich und weiblich] und dadurch ist Geburt und Tod in die Welt gekommen; vorher gab es noch nicht Geburt und Tod“ (Steiner, GA 93a, 23. Vortrag, 25.10.1905, S. 183 — 185).
Der Mensch war vor der lemurischen Zeit also körperlich männlich-weiblich. Heute ist er körperlich entweder männlich oder weiblich, dafür aber geistbegabt. Er ist durch den sogenannten Sündenfall eine irdisch-geistige Doppelnatur geworden. Was in der lemurischen Zeit als Göttertat seinen Anfang genommen hatte, wurde mit der Taufe Christie durch göttliche Wirkung für zunächst einen Menschen, für Jesus von Nazareth, vollendet.
Rudolf Steiner sagt über die Taufe Jesu: “Was war da eingetreten in Wahrheit? In Wahrheit war diese Leiblichkeit des Jesus von Nazareth, … so reif, so vollendet, daß in sie eindringen konnte der Sonnenlogos, das Wesen der sechs Elohim, wie wir es beschrieben haben als das geistige Wesen der Sonne. Es konnte sich für drei Jahre in dieser Leiblichkeit inkarnieren, konnte Fleisch werden. Der Sonnenlogos, der hineinscheinen kann durch die Erleuchtung in den Menschen, er selbst, der Heilige Geist, tritt ein, das Welten-Ich, das kosmische Ich tritt ein, und es spricht fortan der Sonnenlogos in diesen drei Jahren aus dem Jesuskörper. Der Christus spricht aus dem Jesuskörper die drei Jahre hindurch. Dieser Vorgang wird angedeutet im Johannes-Evangelium und auch in den anderen Evangelien als das Herabsteigen der Taube, des Heiligen Geistes auf den Jesus von Nazareth. … Jetzt haben wir den Christus im Astralleibe, Ätherleibe und physischen Leibe des Jesus von Nazareth.“ (Lit.: GA 103, S. 206f)
Nach der Weltenmitternachtsstunde
Das Seelenkalender-Jahr teilt sich in viermal 13 Mantren. Das Mantra 40 o ist das erste Mantra des letzten Viertels. Sehe ich den Jahreskreis mit dem Sommer-Halbjahr oben und dem Winter-Halbjahr unten, so markiert das Mantra 40 o den Beginn des aufsteigenden Kreisbogens. Das Mantra zeugt dadurch von einer Wende. Auch im Gang der Seele durch die geistige Welt hin zu einer neuen Inkarnation vollzieht sich nach der Weltenmitternachtsstunde eine Wende; ein neuer Inkarnationsimpuls entsteht.
Rudolf Steiner beschreibt die Entstehung des neuen Inkarnationsimpulses so, dass ich auch diesen Aspekt hinzunehmen will, um das Mantras 40 o zu verstehen. „… <die große Weltenmitternachtsstunde des geistigen Daseins zwischen dem Tod und einer neuen Geburt>, jene Mitternachtsstunde, wo das menschliche innere Erleben am intensivsten wird und das, was wir geistige Geselligkeit nennen können, das Zusammenhängen mit der geistigen Außenwelt, den niedrigsten Grad erreicht hat, so dass in gewisser Beziehung während dieser Mitternachtsstunde des geistigen Daseins geistige Finsternis um uns ist. Aber gesagt worden ist, dass die Sehnsucht nach Außenwelt wiederum in uns wirkt und dass diese Sehnsucht durch den Geist, der in geistigen Welten wirkt, aktiv wird und dass diese Sehnsucht ein neues Seelenlicht aus uns erzeugt, so dass es uns möglich wird, jetzt eine Außenwelt von ganz besonderer Art zu erblicken. Diese Außenwelt, die wir dann erblicken, ist unsere eigene Vergangenheit, wie sie durch frühere Inkarnationen und die Zwischenzeiten zwischen den Toden und den neuen Geburten sich vollzogen hat, und die wir jetzt als eine äußere Welt überschauen, indem wir zurückblicken auf das, was wir diesem Weltendasein schuldig geblieben sind. Insbesondere tritt uns dann, wenn wir diesen Rückblick in unsere früheren Erlebnisse haben, zweierlei mit großer Intensität entgegen. Wir haben – dieses und jenes genossen, dieses und jenes ist uns beschert worden an Freude, an Lust des Daseins. Das alles können wir übersehen, was uns jemals geworden ist an Freude, an Lust des Daseins. Aber wir übersehen es so, dass es uns gleichsam in seinem spirituellen Wert erscheint, dass es uns in Bezug darauf erscheint, was es aus uns gemacht hat.
…. Aber dadurch werden wir gequält, dass sich die Beziehung zu dem Menschen, den wir angelogen haben, in der jetzt geschilderten Zeit so verändert, so oft wir den Menschen erblicken – und wir werden ihn genügend oft mit dem geistigen Auge erblicken -, dass er die Ursache wird, dass die der vollbrachten Lüge entgegengesetzte Wahrheit, die uns quält, in uns aufsteigt. Dadurch taucht aus unseren Tiefen die Tendenz herauf: Diesem Menschen musst du unten auf der Erde wieder begegnen, und du musst etwas tun, was das Unrecht ausgleicht, das du durch die vollzogene Lüge begangen hast. Denn hier in der geistigen Welt kann das nicht ausgeglichen werden, was durch deine Lüge geschaffen worden ist, da im Kosmos kannst du nur völlige Klarheit gewinnen über die Wirkung einer Lüge. Was auf Erden geschaffen worden ist von dieser Art, das muss auch wiederum auf der Erde ausgeglichen werden. Man weiß, man braucht zum Ausgleich Kräfte in sich selber, die einem nur werden können, wenn man wiederum einen Erdenleib bezieht. Dadurch entsteht in unserer Seele die Tendenz: Du musst einen Erdenleib beziehen, der die Möglichkeit bietet, eine solche Tat zu vollbringen, wodurch die Unvollkommenheit ausgeglichen werden, die du auf Erden verursacht hast, sonst wird, wenn du durch den nächsten Tod gegangen bist, dieser Mensch wiederum dir erscheinen und die Qual der Wahrheit hervorrufen. Sie sehen die ganze geistige Technik, wie in der geistigen Welt der Trieb in uns geschaffen wird, einen karmischen Ausgleich für das oder jenes zu schaffen“ (GA 153, 6. Vortrag, 14. 4. 1914, S. 163 — 167).
Rudolf Steiner schildert den Weg der Seele auf die Erde als einen Abstieg durch die Planetensphären. Mit diesem Mantra beginnend kann ich die folgenden Mantren (auch) als diesen Abstieg lesen. Das Mantra 40 o enthält den Impuls und dadurch den Beginn dieses Abstiegs. Die eigentliche Mitternachtsstunde ist vorbei. Der Weg vom Himmel auf die Erde beginnt, so wie einstmals alle Menschen aus dem Paradies auf die Erde mussten. Das Mantra 40 o ist dadurch einerseits der Spruch des Sündenfalls, und andererseits auch der Spruch der Jordan-Taufe des Christus. In beiden Ereignissen findet ein Abstieg vom Himmel auf die Erde statt. Im ersten Ereignis ist es der Menschen, der infolgedessen schuld- und schicksalsfähig wird. Im zweiten Ereignis ist es der Sohnes-Gottes, des Christus, der sich mit dem Leib des Jesus verbindet. Er erringt infolgedessen für den Menschen die Möglichkeit, wieder aufzusteigen, sich seinen Platz im Himmel selbst zu erarbeiten.
Rudolf Steiner betont immer wieder, dass jede Entwicklung die vorhergehenden Stufen wiederholt. So kann ich das Mantra 40 o neben dem bereits erwähnten als die Stufe des alten Saturn betrachten. Hier gab es zunächst weder Zeit noch Raum, nur Ewigkeit. Da Rudolf Steiner die Mitternachtsstunde auch der Saturnsphäre zuordnet (das ist die Ausdehnung im Raum, die der Planet Saturn mit seiner Bahn umschreibt und die laut Rudolf Steiner die damalige Erde zur Zeit des alten Saturn hatte), könnte es sein, dass “das Tor noch nicht geschlossen” ist. Die Ausdehnung ist noch die gleiche, allerdings ist die Saturnsphäre nun nicht mehr Ziel, sondern Ausgangspunkt. Etwas Neues beginnt mit dem ersten Spruch nach dem Schwellenspruch 39 n im Seelenkalender-Jahreskreis. Die Erdsphäre, die Zeit der aufsteigenden Sonne beginnt.
Sechs Geistestiefen im Seelenkalender
Das Mantra 40 o spricht von Geistestiefen. Sechsmal wird im Seelenkalender der Begriff der Geistestiefen erwähnt. Immer steht das Wort in der Mehrzahl, obwohl eine Ortsangabe der Tiefe eigentlich einen einzigen Ort als tiefsten Punkt bezeichnen müsste. Erstaunlicherweise weist die Verteilung der Mantren, die den Begriff “Geistestiefen” enthalten, eine gewisse Regelmäßigkeit im Jahreslauf auf: In jedem Sechstel des Jahreskreises gibt es genau ein Mantra mit diesem Begriff. Dreimal steht das Wort “Geistestiefen” in einem Lichtspruch, im Sechstel des vierten Lichtspruchs steht es dagegen im dazugehörigen Krisenspruch. Hier wird die Erinnerung zur Rettung aufgerufen. Sie ist das vierte Licht, denn sie tritt leuchtend auf. In den beiden Sechsteln, in denen es keine Licht- und Krisensprüche gibt, in den Sechsteln der Sommer- und Winterschwelle, stehen die Geistestiefen jeweils in einem Mantra, das auch vom Weltenwort spricht.
Nun frage ich mich, stehen die Geistestiefen jeweils in der Mehrzahl, weil es sechs verschiedene Tiefen des Geistes, sechs geistige Quellorte gibt? Und wenn dem so ist, wie lassen sie sich charakterisieren? Die Licht- und Krisensprüche bilden mit einem dazwischenliegenden Mantra Gruppen von je drei Sprüchen. Jede Gruppe weist durch ihre charakteristische Wortwahl auf eine Ätherart hin. Mit der Ätherart des jeweiligen Lichtspruchs (bzw. des Krisenspruchs) kann ich nun die Geistestiefe in Beziehung bringen und sie mit dieser als verbunden betrachten. Dreimal sind die Geistestiefen Herkunftsort des Lichtes, einmal sein Ziel. Das sich als chemischer Äther zeigende Licht (5 E), das Licht des Lebensäthers (31 e) und das Licht der Erinnerung (Krisenspruch 46 u) stammen aus Geistestiefen. Das Licht des Wärmeäthers (22 V) leuchtet dagegen in die Geistestiefen. In den Weltenwort-Mantren sind die Geistestiefen ausdrücklich mit mir, dem Ich-Sprecher des Mantras verbunden: Das sprechende Weltenwort (17 Q) fordert den Ich-Sprecher auf, die eigenen Geistestiefen mit seinen Weltenweiten zu erfüllen. Es ist das in der Physis schaffende Weltenwort, das hier spricht (siehe “Die sieben Wort-Mantren im Seelenkalender hier: 38 m). Im gegenwärtigen Mantra des schweigend wirkenden Weltenwortes (40 o) befindet sich der Ich-Sprecher selber in den Geistestiefen. Hier wirkt das im Feuer schaffende, mit dem Ich verbundene Weltenwort (siehe Blog 38 m).
So wie ein Würfel auf sechs Flächen liegen kann, also sechs verschiedene Tiefen möglich sind, könnten mit den Geistestiefen die Qualitäten der Raumesrichtungen bezeichnet sein. Mit vier Geistestiefen ist das Licht (bzw. die leuchtende Erinnerung) verbunden, mit zweien das Weltenwort. Im Raum unterscheiden wir vier Himmels-Richtungen nach dem Licht, und wir unterscheiden zwei in der Senkrechten sich vollziehende Bewegungen es Menschen, eine aufsteigende und eine absteigende. Die Himmelsrichtungen bestimmen sich aus dem Lauf und dem Stand der Sonne, und die Senkrechte entspricht der Inkarnation und Exkarnation. Rudolf Steiner hat den vier Himmelsrichtungen (Osten, Westen, Norden, Süden) vier Erzengel zugeordnet. In der Tabelle (unten) habe ich es gewagt, die Erzengel mit ihren Himmelsrichtungen den Geistestiefen der Lichtsprüche (bzw. dem Krisenspruch) zuzuordnen.
Der mit dem Ich des Menschen verbundene Erzengel Michael ist nach dieser Zuordnung der einzige, dessen Licht als Seelenlicht in die Geistestiefen strahlt. Hingegen strahlt das Licht, das in den anderen drei Mantren charakterisiert wird, — und damit der anderen drei Erzengel — aus Geistestiefen. Es ist also bereits vollständig dort angekommen. Das trifft für diese Erzengel zu, da sie jeweils die Leiter der drei vergangenen Erdinkarnationen waren (siehe Anthrowiki.at, Himmelsrichtungen). Die Senkrechte wird von den Weltenwort-Mantren gebildet: oben das schweigend durch den Feueräther auf das Ich wirkende Weltenwort, unten das sprechende Weltenwort, dem die Weltenweiten angehören, die Raumwelt der Physis. (Siehe Tabelle)
5 E | Im Lichte, das aus Geistestiefen im Raume fruchtbar webend der Götter Schaffen offenbart | Lichtspruch des chemischen Äthers
Westen, Erzengel Raphael |
17 Q | Das Weltenwort spricht: Erfülle deine Geistestiefen mit meinen Weltenweiten, zu finden einstens mich in dir. | Weltenwort des Lebensäthers
unten |
22 V | Das zu Seelenlicht gewordene Licht aus Weltenweiten leuchtet in die Geistestiefen, um Früchte zu entbinden, die das Menschenselbst aus dem Weltenselbst reifen lassen | Lichtspruch des Wärmeäthers
Osten, Erzengel Michael |
31 e | Das Licht aus Geistestiefen strebt sonnenhaft nach außen, wird zur Lebenswillenskraft und leuchtet in der Sinne Dumpfheit, um Kräfte zu entbinden, die Schaffensmächte im Menschenwerke reifen lassen | Lichtspruch des Lebensäthers
Süden, Erzengel Gabriel |
40 o | Und bin ich in den Geistestiefen, erfüllt der Eigenheiten leerer Wahn sich mit des Weltenwortes Feuerkraft. | Weltenwort des Wärmeäthers
oben |
46 u | Erinnerung tritt aus Geistestiefen leuchtend auf, um die Gefahr der Betäubung durch die Welt abzuwenden. | Krisenspruch des Lichtäthers
Norden, Erzengel Uriel |
Das Salz kristallisiert in Würfelform. Mit dieser Form verbindet der Christus den Menschen, wenn er sagt: “Ihr seid das Salz der Erde.” (Mt 5,13–16 EU). Im Menschen wird die kristallene und damit reinste, klarste Struktur der Erde sichtbar. Der Würfel ist dadurch der geometrische Ausdruck des Menschen. Man sagt auch, die Form des Ichs sei ein Würfel.
Will ich die sechs Geistestiefen darstellen, so fällt auf, dass die nach Rudolf Steiner im Jahreskreis gegenüberstehenden Erzengel (Michael-Raphael sowie Uriel-Gabriel) in der aus der Tabelle folgenden Graphik einander nicht gegenüberstehen, sondern jeweils in einem Halbjahr erscheinen. Auch oben und unten zeigen sich nicht entsprechend des spontanen inneren Bildes, sondern entgegengesetzt. Die in der Tabelle gegebene Zuordnung der Mantren zu den Raumesrichtungen ist deshalb nicht zufriedenstellend.
Deshalb stelle ich einen zweiten Versuch, die Geistestiefen als Raumesrichtungen zu deuten, neben den ersten. Es gibt von Drehungen und Spiegelungen abgesehen drei Möglichkeiten, die vier Wesensglieder im Kreuz darzustellen. Das Ich kann dem Astralleib, dem Ätherleib oder dem physischen Leib gegenüberstehen. Im Zusammenhang mit den Krisensprüchen und der Pyramide habe ich die von Rudolf Steiner dargestellte Gegenüberstellung von Ich und Astralleib verwendet. Die Erzengelimaginationen zeigen eine Gegenüberstellung von Michael (stellvertretend für das Ich) mit Raphael (stellvertretend für den Ätherleib). Steht das Ich der Physis gegenüber und spiegelt sich an ihr, erkennt sich laut Rudolf Steiner der Mensch als ein Selbst.
Die Sechs Mantren der Geistestiefen als die sechs Raumesrichtungen
Zentrum: Christoph Hueck, Rudolf Steiners Biographie im Doppelstrom der Zeit,
DAS GOETHEANUM Nr. 32–33 · 11. August 2012 · ZUSAMMENHÄNGE
Die Zeichnung im Zentrum des Kreises stammt von Christoph Hueck und bringt ins Bild, was Rudolf Steiner über den Doppelstrom der Zeit, das Ich und die physische Wahrnehmungswelt sagt: “Sie werden einen ungeheuren Lichtblitz auf Ihr ganzes Seelenleben werfen können, wenn Sie das eine Einzige nur voraussetzen: dass alles, was Begehrungen […] sind, einen Strom darstellen im Seelenleben, der gar nicht fließt von der Vergangenheit in die Zukunft, sondern der uns entgegenkommt von der Zukunft, der von der Zukunft in die Vergangenheit fließt. – Mit einem Male wird die ganze Summe der Seelenerlebnisse klar! […] Was ist dann im Moment unser Seelenleben? Es ist nichts anderes als die Begegnung eines Stromes aus der Vergangenheit in die Zukunft, und eines Stromes, der aus der Zukunft in die Vergangenheit fließt. […] Sie werden leicht begreifen, dass diese zwei Ströme in der Seele selber zusammenkommen, sozusagen übereinanderschlagen. Dieses Übereinanderschlagen ist das Bewusstsein. Es gibt keine andere Erklärung für das Bewusstsein, als die eben gegebene. So nimmt also unsere Seele teil an allem, was aus der Vergangenheit weiterfließt in die Zukunft, und an allem, was uns aus der Zukunft entgegenkommt. Wenn Sie also in irgendeinem Moment in Ihr Seelenleben schauen, können Sie
sagen: Da ist etwas wie eine Durchdringung von dem, was aus der Vergangenheit in die Zukunft fließt, mit dem, was aus der Zukunft in die Vergangenheit fließt und sich dem ersteren entgegenstemmt als Begehrungen, als Interessiertheit, als Wünsche und so weiter. Zweierlei durchdringt sich.”
Rudolf Steiner fährt fort, indem er zur Waagerechten des doppelten Zeitstroms die Senkrechte ergänzt, denn die doppelte Zeitströmung beschreibt das Bewusstsein nicht vollständig. Das Ich-Bewusstsein als ein autonom tätiges Element interagiert aktiv einerseits mit dem Strom aus der Vergangenheit (durch bewusstes Erinnern), andererseits mit dem Strom aus der Zukunft (durch Beurteilen). Rudolf Steiner sagt, man könne die Einwirkung des Ichs “graphisch darstellen – und die graphische Darstellung entspricht in diesem Falle vollständig dem Tatbestand –, indem wir den
Strom des Ich senkrecht auf den Strom der Zeit auffallen lassen. … Sie kommen zurecht mit den Seelenerscheinungen, wenn Sie außer den beiden Strömen – dem aus der Vergangenheit in die Zukunft und dem aus der Zukunft in die Vergangenheit – noch eine solche Strömung in der menschlichen Seele annehmen, welche senkrecht auf den beiden andern steht. Das ist die, welche dem menschlichen Ich-Einschlag selber entspricht.” Weiterhin müssen noch die Eindrücke der Sinne berücksichtigt werden: “Wenn ich nun die vierte Richtung zeichne, von unten nach oben, so würde ich die dem Ich entgegengesetzt laufende Richtung als die Richtung der physischen Welt bezeichnen müssen. … Die Eindrücke der physischen Welt gehen also, graphisch dargestellt, von unten nach oben und offenbaren sich in der Seele als Sinneseindrücke.” (Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie. GA 115, Vortrag vom 4.11.1910 S. 189 ff, S. 197 f, S. 205 f, S. 191 f, S. 206, zitiert nach Christoph Hueck, DAS GOETHEANUM Nr. 32–33 · 11. August 2012 · ZUSAMMENHÄNGE)
Die vier Mantren der Geistestiefen in den drei Lichtsprüchen und dem Krisenspruch stehen nicht in einem rechtwinkligen Kreuz, weshalb die innere Zeichnung nur näherungsweise übereinstimmt. Von dieser Vierheit unterscheiden sich die Geistestiefen, die mit dem Weltenwort in Zusammenhang stehen. Hier habe ich die Raumesrichtungen Vorne-Hinten ergänzt, wie sie Rudolf Steiner für die Wesensglieder Wirkrichtungen in GA 115, S. 39 angibt. Offen bleibt hier, ob es richtig ist, dass der Zukunftszeitstrom von rechts, der Vergangenheitszeitstrom von links kommt.
Um welchen Prozess geht es im Mantra 40 o?
“Und” ist das erste Wort des Mantras 40 o. Was für ein merkwürdiger, jedem Deutschlehrer korrekturbedürftig erscheinende Anfang! Der vordergründige Sinn würde nicht leiden, wenn dieses “Und” einfach entfiele! Mit “Und” fängt man nicht an, denn es setzt etwas voraus, zu dem das Folgende hinzukommt. Doch am Anfang gibt es nichts, zu dem etwas hinzukommen könnte – oder doch? Gibt es etwas Unaussprechliches, etwas in der unsagbaren Stille, an das dieses “Und” anschließt? Etwas, das vor dem Anfang bereits da war? Was, oder wer war vor allem Anfang bereits da? Dieser Gedanke führt direkt zu einer Gottes- oder Schöpfer-Vorstellung.
Der Name Jehovas als Stellvertreter für das göttliche Ich des Menschen war den Juden so heilig, dass er unaussprechlich war. Weist dieses “Und” vielleicht auf mein Innerstes, auf mein Allerheiligstes, meine eigene Göttlichkeit hin? Dieses Unaussprechliche, noch nicht vom Verstand ergriffene, vom Ego unbeeinflusste, das ich im tiefsten Innern bin — schließt mich dies “Und” daran an? Rudolf Steiner nennt es die Monade, das Ich, den Geist. Es gilt also zu unterscheiden die Monade, meine von Ewigkeiten angelegte Vollkommenheit und meinen gegenwärtigen Entwicklungsstand hin zu dieser Vollkommenheit. Auf Erden muss ich daran arbeiten, diese Monade von einem Entwurf in die Wirklichkeit zu verwandeln. Dies ist der Impuls, eine neue Geburt anzustreben.
“Und” sagt das Mantra — nicht “Wenn”. Es weist damit auf einen Zusammenhang hin, der zwar nicht ursächlich zwingend, aber doch mit dem Ort der Geistestiefen verbunden ist. Ich bin in den Geistestiefen. Es sind mehrere, obwohl doch der tiefste Punkt ein einzelner ist. Durch die Mehrzahl der Geistestiefen sind die fünf anderen im Seelenkalender vorkommenden Geistestiefen einbezogen. Eine Tiefe weckt ein Raumgefühl, eine Suche nach einer Raumform. Diese Raumform könnte ein Würfel sein. Er hat sechs Tiefen, sechs Flächen, auf denen er liegen kann. Gleichzeitig wird das Ich des Menschen als Würfel vorgestellt — als Salz der Erde (siehe oben). Dann kann ich lesen: Und bin ich an den Orten (Geistestiefen), von denen aus meine geistig-irdische Gestalt, die einem Würfel entspricht, ihre Bildung erfährt, dann ist meine irdische Form vollständig und kann ihre Erfüllung stattfinden.
In meinen Seelengründen, dort, wo mein Denken, Fühlen und Wollen gründet, findet diese Erfüllung statt. Was mich nun erfüllt, verbindet sich mit meiner tiefsten seelischen Grundlage. Hier erfüllen sich meine Seelengründe mit der Feuerkraft des Weltenwortes. Doch was erfüllt sich genau mit dieser Feuerkraft? Es ist der leere Wahn meiner Eigenheiten. In meinen Seelengründen ist dieser leere Wahn vorhanden. Er erfüllt sich mit der Feuerkraft des Weltenwortes. Unsere Eigenheiten sind die verschiedenen Facetten unserer Eigenheit, unseres Sonder-Seins, des abgegrenzten, zentrierten Egos, des alltäglichen Ichs.
Rudolf Steiner sagt über das Ich: „Das Ich war in der Mitte der lemurischen Zeit wie ein Loch, das in die Materie hineingebohrt wurde. Alle unsere Iche waren damals solche Löcher in der Materie, die wir seitdem ausgefüllt haben.” Und weiter: “In ihm [unserem jetzigen Ich] sind eine Menge von Vorstellungen und Begriffen. Wenn wir die Kulturwelt ansehen, so sagen wir: Aus dem Ich heraus ist die Kulturwelt entstanden. Alles das war einmal in einem Menschenkopf darinnen, es war im Ich enthalten. … In der Mitte der lemurischen Zeit war das Ich noch leer, da konnte der Mensch noch nichts. Er lernte erst nach und nach in primitivster Weise die Welt von außen kennen. Sein Ich war damals wie eine hohle Seifenblase. …. Was in seiner Umgebung war, das spiegelte sich immer mehr in dem zunächst leeren Ich ab. Am Ende des physischen Globus werden wir alles als Spiegelbild in unserem Ich haben“ (beide Zitate GA 93a, 26 Vortrag, 28.10.1905, S. 209f).
Das, was im Ich noch nicht mit erarbeiteter Erkenntnis, mit Fähigkeiten und Lebenserfahrung gefüllt ist, was noch leer und bloße Kopfgeburt, was Wahn ist, das erfüllt sich mit der Feuerkraft des Weltenwortes. Was meinen persönlichen Unzulänglichkeiten entstammt, verwirklicht sich. Doch woher stammt diese Kraft? Das erstaunt zunächst. Die Feuerkraft des Weltenwortes stammt aus den Liebewelten des Herzens. Es ist — trotz allem — eine Tat der Liebe.
Rudolf Steiner sagt, dass sich im Herzen alles das sammelt, was in einem zukünftigen Erdenleben karmabildend wirken wird: “Das richtige Bilden des Karmas geschieht eben erst von dem Momente an, wo das astralische Herz in das ätherische Herz voll eingreift, wo sich diese zusammenschalten. Aber es ist das auch, wenn ich so sagen darf, der Organismus der Karmabildung. Denn mit dem Tode wird das, was da im Menschen konzentriert ist, was sich da zusammengeschlossen hat, immer mehr und mehr kosmisch und wird dann aus dem Kosmos heraus später beim nächsten Erdenleben dem Menschen wiederum einverleibt, so daß alles, was wir tun, nicht uns selbst allein angeht. Sondern es ist so, daß sich uns etwas einverleibt, was aus dem Kosmos kommt und was auch die Tendenz behält, nach dem Tode unsere Taten dem Kosmos zu übergeben, aus dem heraus aber sich die karmischen Gesetze für die Gestaltung unseres Karmas wirksam erweisen, so daß wir dann dasjenige, was der Kosmos aus unseren Taten macht, in seiner Wirkung wiederum ins Erdenleben hereintragen beim Beginn eines nächsten Erdenlebens.” (Lit.: GA 212, S. 112ff)
Aus der Herzwelt meines vergangenen Lebens stammt die Feuerkraft und erfüllt den leeren Wahn meiner Eigenheiten mit der verwirklichenden, erschaffenden Kraft des Weltenwortes. Die Feuerkraft des Weltenwortes strömt ein in meine Leerheit, meine wahnhafte Eigenheit und bringt Wahn und Eigenheit zur Erscheinung. Hier wird die begrenzte Persönlichkeit des einen Erdenlebens erschaffen. Hier wird das Ego veranlagt, das uns glauben macht, wir wären identisch mit unserem Körper, wären ständig bedroht, müssten uns behaupten und wären getrennt von allen anderen Lebewesen. Dieses Ego bzw. die Persönlichkeit besteht wie das Geschlecht nur für das eine Leben. Das Ich dagegen ist der göttliche Funken, der von Ewigkeit an vollkommen ist und sich gleichzeitig durch alle Inkarnationen entwickelt.
Mit dem Mantra 40 o wohnen wir der Erschaffung eines Menschen-Keims bei, der Erschaffung einer Persönlichkeit für ein einzelnes irdisches Leben. Der Ich-Sprecher des Mantras nimmt an diesem Prozess bewusst teil, er vermittelt ihn dem Leser. Dadurch zeigt sich der Ich-Sprecher als unabhängige Instanz, als erhaben über Eigenheit und Wahn. Der Ich-Sprecher vertritt dadurch die Perspektive des durch alle Inkarnationen gehenden Ichs. Und dieses Ich ist in der Lage, die Schöpfertat des Weltenwortes, des Logos, zu beobachten, die eigene Persönlichkeitsgeburt zu bezeugen. Dieses Ich beschreibt im Mantra 40 o, wie das ewige Sein in die Entwicklung, in die Zeitlichkeit eintritt.