48 w

Im Lichte, das aus Weltenhöhen

Der Seele machtvoll fließen will,

Erscheine, lösend Seelenrätsel,

Des Wel­tendenkens Sicherheit,

Ver­sam­mel­nd sein­er Strahlen Macht,

Im Men­schen­herzen Liebe weckend.

Zentrale Worte im Mantra: Weltendenken und Seelenrätsel

Wel­tendenken:

Schon das Mantra 14 N sprach vom Wel­tendenken. Dort naht es sich im Sin­nen­schein ret­tend, um mich, den Ich­sprech­er des Mantras und damit den Leser, aus dem Gedanken­traum zu weck­en, der mir betäubend das Selb­st zu rauben scheint. Die dort wiedergegebe­nen Über­legun­gen zum Wel­tendenken sollen ergänzt wer­den durch fol­gende Ausführungen.

Rudolf Stein­er äußert sich über Wel­tenrät­sel und Wel­tendenken in Anlehnung an das Werk des Philosophen Georg Wil­helm Friedrich Hegel (1770 — 1831) und dessen Art zu denken in einem Text, den er das erste Mal 1916 her­aus­gegeben hat. Im drit­ten Kapi­tel, das die Über­schrift trägt: Der deutsche Ide­al­is­mus als Gedanke­nan­schau­ung: Hegel schreibt Rudolf Stein­er (Her­vorhe­bun­gen stam­men von mir und markieren die für das Mantra rel­e­van­ten Stellen):

“Durch Hegel scheint in der deutschen Weltan­schau­ungsen­twick­elung das «Ich denke, also bin ich» so wieder aufzuleben, wie ein Samenko­rn, das in die Erde fällt, als all­seit­ig ent­fal­teter Baum erste­ht. Denn was dieser Denker als Weltan­schau­ung geschaf­fen hat, ist ein umfassendes Gedankengemälde oder gewis­ser­maßen ein viel­gliedriger Gedanken­leib, der aus zahlre­ichen Einzelgedanken beste­ht, die gegen­seit­ig sich tra­gen, stützen, bewe­gen, beleben, erleucht­en. Und diese Gedanken sollen solche sein, die nicht aus den Sinnenein­drück­en der Außen­welt, auch nicht aus den täglichen Erleb­nis­sen des men­schlichen Gemütes stam­men; sie sollen in der Seele sich offen­baren, wenn diese aus den Sin­ne­sein­drück­en und Gemüt­ser­leb­nis­sen sich her­aushebt und sich zum Zuschauer des Vor­gangs macht, durch den der von allem Nichtgedanklichen freie Gedanke sich zu weit­eren und immer weit­eren Gedanken ent­fal­tet. Wenn die Seele diesen Vor­gang in sich geschehen läßt, soll sie ihres gewöhn­lichen Wesens enthoben und mit ihrem Tun in die geistig-übersinnliche Wel­tord­nung ein­ver­woben sein. Nicht sie denkt dann; das Weltall denkt sich in ihr; sie wird der Teil­nehmer eines außer­men­schlichen Geschehens, in das der Men­sch bloß einge­spon­nen ist; und sie erlebt auf diese Art in sich, was in den Tiefen der Welt wirkt und webt. Bei näherem Zuse­hen zeigt sich, wie bei Hegel die Weltan­schau­ung von einem völ­lig anderen Gesicht­spunk­te aus gesucht wird als durch das Descartess­che «Ich denke, also bin ich». Descartes will die Gewißheit des See­len-Seins aus dem Denken der Seele her­aus­holen. Bei Hegel han­delt es sich darum, von dem Denken der einzel­nen men­schlichen Seele zunächst ganz zu schweigen, und das Leben dieser Seele so zu gestal­ten, daß deren Denken eine Offen­barung des Wel­tendenkens wird. Dann, meint Hegel, offen­bart sich, was als Gedanke in allem Wel­tenda­sein lebt; und die einzelne Seele find­et sich als Glied im Gedanken­weben der Welt. Die Seele muß von diesem Gesicht­spunk­te aus sagen: Das Höch­ste und Tief­ste, was in der Welt west und lebt, ist schaf­fend­es Gedanken­wal­ten, und ich finde mich als eine der Offen­barungsweisen dieses Waltens.

In der Wen­dung vom einzel­nen See­lengedanken zum überseel­is­chen Weltgedanken liegt der bedeu­tungsvolle Unter­schied zwis­chen Hegel und Descartes. Hegel hat diese Wen­dung vol­l­zo­gen, Descartes nicht. — Und dieser Unter­schied bewirkt einen anderen, der sich auf die Aus­bil­dung der Weltan­schau­un­gen der bei­den Geis­ter bezieht. Descartes sucht Gewißheit für die Gedanken, die der Men­sch sich von der Welt bildet in dem Leben, in dem er mit seinen Sin­nen und sein­er Seele drin­nen ste­ht. Hegel sucht in dem Felde dieser Gedanken zunächst nicht, er sucht nach ein­er Gestalt des Gedanken­lebens, das über diesem Felde liegt.

Ist so Hegel wohl im Gebi­ete des Gedankens ste­henge­blieben und befind­et er sich dadurch in Gegen­satz zu Fichte und Schelling, so tat er dies nur, weil er im Gedanken selb­st die innere Kraft zu fühlen meinte, um in die übersinnlichen Reiche einzu­drin­gen. Hegel war Enthu­si­ast gegenüber dem Erleben, das der Men­sch haben kann, wenn er sich ganz der Urkraft des Gedankens hin­gibt. In dem Lichte des zur Idee erhobe­nen Gedankens entwindet sich für ihn die Seele ihres Zusam­men­hanges mit der Sin­nen­welt. Man kann die Kraft, die in diesem Enthu­si­as­mus Hegels liegt, empfind­en, wenn man in seinen Schriften, in denen eine für viele so zurück­stoßende, knor­rige, ja schein­bar gräßlich abstrak­te Sprache wal­tet, auf Stellen stößt, in denen sich oft so schön zeigt, welche Herzen­stöne er find­en kann für das, was er mit seinen «Abstrak­tio­nen» erlebt. Eine solche Stelle ste­ht zum Beispiel am Schlusse sein­er «Phänom­e­nolo­gie». Er nen­nt da das Wis­sen, das die Seele erlebt, wenn sie die Weltideen in sich wal­ten läßt, das «absolute Wis­sen». Und er blickt am Schlusse dieses Werkes zurück auf die Geis­ter, die im Entwick­elungs­gange der Men­schheit dem Ziele dieses «absoluten Wis­sens» zugestrebt haben. Von sein­er Zeit aus schauend, find­et er diesen Geis­tern gegenüber die Worte: «Das Ziel, das absolute Wis­sen, oder der sich als Geist wis­sende Geist hat zu seinem Wege die Erin­nerung der Geis­ter, wie sie an ihnen selb­st sind und die Organ­i­sa­tion ihres Reichs voll­brin­gen. Ihre Auf­be­wahrung nach der Seite ihres freien in der Form der Zufäl­ligkeit erscheinen­den Daseins ist die Geschichte, nach der Seite ihrer begrif­f­e­nen Organ­i­sa­tion aber die Wis­senschaft des erscheinen­den Wis­sens; bei­de zusam­men, die begriffne Geschichte, bilden die Erin­nerung und die Schädel­stätte des absoluten Geistes, die Wirk­lichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines Thrones, ohne den er das leblose Ein­same wäre; nur — aus dem Kelche dieses Geis­ter­re­ich­es schäumt ihm seine Unendlichkeit.»

Dieses inner­lich Kraftvolle des Gedanken­lebens, das sich in sich selb­st über­winden will, um in ein Reich sich zu erheben, in dem es nicht mehr selb­st, son­dern der unendliche Gedanke, die ewige Idee in ihm lebt, ist das Wesentliche in Hegels Suchen. Dadurch erhält bei ihm das höhere men­schliche Erken­nt­nis­streben einen umfassenden Charak­ter, welch­er Rich­tun­gen dieses Strebens, die oft getren­nt und dadurch ein­seit­ig ver­laufen, zu einem Ziele führen will. Man kann in Hegel einen reinen Denker find­en, der nur durch die mys­tik­freie Ver­nun­ft an die Lösung der Wel­trät­sel her­antreten will. Von eisi­gen, abstrak­ten Gedanken, durch die er allein die Welt begreifen will, kann man sprechen. So wird man in ihm den trock­e­nen, math­e­ma­tisch geart­eten Ver­standes­men­schen sehen kön­nen. — Aber wozu wird bei ihm das Leben in den Ideen der Ver­nun­ft? Zum Hingeben der Men­schenseele an die in ihr wal­tenden übersinnlichen Wel­tenkräfte. Es wird zum wahren mys­tis­chen Erleben. Und es ist dur­chaus nicht wider­sin­nig, in Hegels Weltan­schau­ung Mys­tik zu erken­nen. Man muß nur einen Sinn dafür haben, daß in Hegels Werken das an den Ver­nun­ftideen erlebt wer­den kann, was der Mys­tik­er ausspricht. Es ist eine Mys­tik, die das Per­sön­liche, das dem Gefühlsmys­tik­er die Haupt­sache ist und von dem er allein reden will, eben als eine per­sön­liche Angele­gen­heit der Seele in sich abmacht und nur das ausspricht, wozu sich die Mys­tik erheben kann, wenn sie aus dem per­sön­lichen See­len­dunkel sich in die lichte Klarheit der Ideen­welt hinaufringt.

Hegels Weltan­schau­ung hat ihre Stel­lung im geisti­gen Entwick­elungs­gange der Men­schheit dadurch, daß sich in ihr die lichte Kraft des Gedankens aus den mys­tis­chen Tiefen der Seele her­aufhebt, daß in seinem Suchen sich mys­tis­che Kraft mit gedanklich­er Licht­macht offen­baren will.” (GA 20, Vom Men­schen­rät­sel — Aus­ge­sproch­enes und Unaus­ge­sproch­enes im Denken, Schauen, Sin­nen ein­er Rei­he deutsch­er und öster­re­ichis­ch­er Per­sön­lichkeit­en. S. 30ff)

See­len­rät­sel:

Das Mantra 28 b spricht von Leben­srät­seln. Dort bin ich zu dem Schluss gekom­men, dass See­len­rät­sel die Erken­nt­nis­gren­zen des Men­schen betr­e­f­fen, Leben­srät­sel dage­gen die Rät­sel des per­sön­lichen Schick­sals. “Von See­len­rät­seln” heißt gle­ich ein ganz­er Band der Rudolf Stein­er Gesam­taus­gabe (GA 21), in dem es um die Erken­nt­nis­gren­zen und ihre Über­win­dung hin zu ein­er übersinnlichen Wahrnehmung geht, doch das Wort “See­len­rät­sel” wird darin kein einziges Mal erwähnt.

Auch das fol­gende Zitat erwäh­nt das Wort “See­len­rät­sel” nicht. Es scheint mir aber auf­grund mehrerer Aspek­te ganz beson­ders zum Mantra 48 w zu gehören. Zum einen schildert es das Zusam­men­wirken von Licht und Wärme in der geisti­gen Welt und von Wel­tenwort und Sphären­har­monie. Hier­mit sind die vier Äther­arten gemeint. Die Paare sind so gewählt, wie sie nach mein­er Ansicht im See­lenkalen­der-Jahr sich gegenüber­ste­hen. Der Licht­spruch 48 w gehört zum Lichtäther. Auf weit­ere Aspek­te weise ich in eck­i­gen Klam­mern im Zitat hin. Die fett her­vorge­hobe­nen Textstellen weisen auf die Aus­sagen hin, die ich für beson­ders auf­schlussre­ich halte.

Rudolf Stein­er beschreibt die 3. Stufe der Her­me­sein­wei­hung, das Schauen der Sonne um Mit­ter­nacht, fol­gen­der­maßen: „Der Aus­druck, der gestern gebraucht wor­den ist, <Schauen der Sonne um Mit­ter­nacht>, ist im Grunde genom­men auch nur der Aus­druck für spir­ituelle Tat­sachen und die Begeg­nung mit spir­ituellen Wesen­heit­en, die mit dem Son­nen­sein im Zusam­men­hang ste­hen Nun macht aber dieser Men­sch unseres Zeiten­zyk­lus, wenn er so in die höheren Wel­ten hin­aufkommt, gewisse Erleb­nisse durch, die man nicht anders beze­ich­nen kann als dadurch, dass man sagt: Es erlebt der Men­sch Vieles, Bedeut­sames inner­halb der geisti­gen Wel­ten durch einen solchen Auf­stieg; aber er erlebt auch etwas, das man so beze­ich­nen muss, dass man sagt: er fühlt sich wie ver­lassen, ver­lassen und ein­sam. Er fühlt sich so, dass er sein Erleben etwa in die Worte fassen kann: Vieles, vieles schaust du hier; aber ger­ade das­jenige, wonach du dich jet­zt, nach­dem du alle diese Dinge durchgemacht hast, am aller­meis­ten sehnen musst, das kannst du nicht erleben. -… Der Men­sch der Gegen­wart fühlt Schmer­zlich­es, wenn er so hin­aufgestiegen ist in die höheren Wel­ten, fühlt trotz allen Glanzes, trotz aller Begeg­nung mit den hehren Wesen­heit­en eine unge­heure Leer­heit in seinem Innern. … Da kann nun etwas ein­treten – und wird in der Regel ein­treten, … was vor dieser Verzwei­flung zunächst schützen kann, wenn auch nicht dauernd schützen kann. Was da ein­treten kann, ist so etwas wie eine Erin­nerung, die in die Seele hereinkommt, oder man kön­nte auch sagen ein Zurückschauen in ferne Zeit­en der Ver­gan­gen­heit, eine Art von Lesen in der Akasha-Chronik von solchen Din­gen, die längst ver­gan­gen sind. … da zeigen dir Bilder gewisse Vorgänge, die längst ver­gan­gen sind, Vorgänge, die darin beste­hen, dass in ver­gan­genen Zeit­en andere Men­schen aufgestiegen sind in die Wel­ten, in welche du jet­zt auf­steigen willst. … [Damals fühlten sich die Ini­ti­ierten See­len nicht (A.F.)] in densel­ben Wel­ten … ein­sam und … ver­lassen … son­dern [fühlten] Seligkeit, inner­ste Seligkeit in diesen Wel­ten … Das kam davon her – so erken­nt man weit­er -, dass in jenen alten Zeit­en die See­len eben anders geart­et waren, und dass sie wegen der anders geart­eten Anlage das, was da geschaut wird in den höheren Wel­ten, anders erlebten. … Was da erlebt wird, bringt einem allerd­ings Wesen­heit­en der höheren Wel­ten vor die Seele, die aus der übersinnlichen Welt her­aus an der Sinneswelt wirken. Wesen­heit­en, die hin­ter unser­er Sinneswelt ste­hen, man schaut sie; Ver­hält­nisse, wie sie gestern geschildert wor­den sind, man schaut sie allerd­ings. Aber wenn man alles dies zusam­men­z­u­fassen ver­sucht, was man schaut, so kann man das etwa in fol­gen­der Art charak­ter­isieren: … Man blickt hin­unter und sieht, wie aus den übersinnlichen Wel­ten die Kräfte herun­tergeschickt wer­den, um in den ver­schiede­nen Reichen der Natur in der Sinneswelt die Vorgänge zu bewirken. Den ganzen Strom der Tat­sachen, die zubere­it­et wer­den aus den höheren Wel­ten her­aus in die Sinneswelt hinein, schaut man. Man schaut, da man bei einem solchen Ver­weilen in den höheren Wel­ten außer­halb des physis­chen Leibes und des Äther­leibes ist, hin­unter auf seinen physis­chen Leib und Äther­leib, und man schaut dann auch diejeni­gen Kräfte im Kos­mos, im ganzen geisti­gen Uni­ver­sum, welche da arbeit­en am physis­chen Leib und Äther­leib des Men­schen. Und durch das, was die Wesen tun, in deren Gemein­schaft man gekom­men ist, lernt man ver­ste­hen, wie inner­halb der physis­chen Welt physis­che und ätherische Leiber zus­tande kom­men. Recht genau lernt man das erken­nen. Man lernt erken­nen, wie gewisse Wesen­heit­en, die zum Beispiel mit der Sonne verknüpft sind, hin­un­ter­wirken in die Erden­welt und an dem Zus­tande­brin­gen des physis­chen und des Äther­leibes des Men­schen arbeit­en. Man lernt auch gewisse Wesen­heit­en ken­nen, die mit dem Mon­den­sein verknüpft sind, und die aus dem Kos­mos herun­ter­wirken, um eben­so an dem Zus­tandekom­men der physis­chen und Äther­leiber der Men­schen mitzuwirken.

Dann aber kommt die große Sehn­sucht, eine Sehn­sucht, die unge­heuer wird für den gegen­wär­ti­gen Men­schen. Das ist die Sehn­sucht, etwas darüber zu erfahren, wie der astralis­che Leib und das Ich sel­ber aus dem Kos­mos her­aus­ge­boren sind, wie diese zus­tande kom­men. Während man genau schauen kann, wie physis­ch­er Leib und Äther­leib aus den Kräften des Kos­mos her­aus zus­tande kom­men, bleibt einem alles ver­schlossen, was sich darauf beziehen kön­nte, wie astralis­ch­er Leib und Ich des Men­schen zus­tanden kom­men. In tief­stes Dunkel und Geheim­nis ver­hüllt sich alles, was sich auf astralis­chen Leib und Ich des Men­schen bezieht. … Das erfuhren auch diejeni­gen See­len, die ihren Auf­stieg in Urzeit­en, … unter­nah­men. Nur dass der Men­sch der Gegen­wart jene große Sehn­sucht fühlt, von der jet­zt gesprochen wor­den ist, und dass die See­len der ver­gan­genen Zeit­en diese Sehn­sucht nicht fühlten, weil sie noch kein Bedürf­nis hat­ten, ihre inner­ste Wesen­heit zu schauen, weil sie so ver­an­lagt waren, inner­ste Befriedi­gung zu empfind­en, wenn sie wahrnah­men, wie die Wesen­heit­en, bis zu denen sie gekom­men waren, ger­ade an dem Auf­bau des physis­chen Leibes und des Äther­leibes arbeit­eten. Wie von der Sonne herun­ter­wirk­te wesen­haftes Geistiges, um physis­chen Leib und Äther­leib aufzubauen, daran hat­ten die See­len in ver­gan­genen Zeit­en, wenn sie ini­ti­iert wur­den, ihre höch­ste Befriedigung.

… In jenen alten Zeit­en stellte sich dieses Arbeit­en jen­er Wesen­heit­en noch anders dar; daher die Befriedi­gung. Jet­zt in unser­er Zeit stellt sich dieses Arbeit­en so dar, dass man sich sagt: Wozu ist denn das ganze Her­richt­en des physis­chen Leibes und des Äther­leibes, wenn man nicht ver­ste­hen kann, was diese Hüllen in sich bergen? … Und die Zeit, auf die beson­ders mit diesen Erleb­nis­sen hingewiesen ist als auf eine ver­gan­gene, das ist die Zeit, in welch­er Zarathus­tra seine Schüler ini­ti­iert hat, hin­aufge­führt, hat in die höheren Wel­ten. … Damals, zur Zeit des Zarathus­tra, emp­fan­den die zu Ini­ti­ieren­den das Arbeit­en von Ahu­ra Maz­dao am physis­chen Leib und Äther­leib, und in dem Enthüllen dieser wun­der­baren Geheimnisse fühlten sie Seligkeit und Befriedi­gung, weil sie so ver­an­lagt waren, dass sie sich inner­lich durchregt fühlten, wenn sie sahen: So entste­ht das, was der Men­sch haben muss als seine Hüllen, wenn er seine Erden­mis­sion voll­brin­gen will. In dem waren sie befriedigt.

So war die Zarathus­tra-Ein­wei­hung. Denn in dieser Zarathus­tra-Ein­wei­hung kon­nte man <die Sonne um Mit­ter­nacht sehen>. Das heißt, wenn man nicht auf die physis­che Gestalt der Sonne schaute, son­dern auf die geisti­gen Wesen­heit­en, die mit dem Son­nen­da­sein verknüpft sind, so schaute man aus­ge­hend von der Sonne die Kräfte, die in den physis­chen Leib hinein­spie­len, man schaute, wie die Kräfte, die von der Sonne kom­men, am men­schlichen Haupt bilden und die ver­schiede­nen Glieder des men­schlichen Gehirns gestal­ten. Denn Unsinn ist es, wenn jemand glauben würde, dass ein Wun­der­bau, wie es das men­schliche Gehirn ist, nur aus den ter­restrischen Kräften her­aus entste­hen kön­nte. Da müssen die Son­nenkräfte hinein­wirken. Die set­zen in der ver­schieden­sten Weise zusam­men den ver­schiede­nen Lap­pen­bau des Gehirns über dem men­schlichen Gesicht. Und nicht nur eine, son­dern eine ganze Rei­he von Wesen­heit­en wirken an diesem Auf­bau des men­schlichen Gehirns. <Amschas­pands> nan­nte sie Zarathus­tra für seine Schüler. Sie sind die Erreger der Kräfte des Kos­mos, damit der Bau des men­schlichen Gehirns entste­hen kon­nte und auch die ober­sten Ner­ven des Rück­en­marks, mit Aus­nahme der unteren achtundzwanzig Ner­ven­paare. Dann wies auch Zarathus­tra daraufhin, wie andere Strö­mungen aus­ge­hen von Wesen­heit­en, die mit dem Mon­den­sein verknüpft sind, und zeigte, wie tat­säch­lich wun­der­bar der Wel­tenbau sich fügt, wie von achtundzwanzig Wesen­sarten, <Izeds>, Strö­mungen aus­ge­hen, die da erbauen das Rück­en­mark mit den achtundzwanzig unteren Ner­ven­strän­gen. So sind physis­ch­er Leib und Äther­leib her­aus­ge­baut aus Strö­mungen, die da aus­ge­hen von Weltenwesenheiten. …

Wiederum anders lebten sich in die höheren Wel­ten die See­len hinein, welche im alten Ägypten eingewei­ht wor­den sind, welche zum Beispiel die Her­mes-Ein­wei­hung durchgemacht haben. … Wenn sich die See­len in der altä­gyp­tis­chen Zeit durch die Her­mes-Ein­wei­hung hin­aufer­hoben in die höheren Wel­ten, dann trat natür­lich auch das­jenige ein, was bei der Ini­ti­a­tion immer ein­treten muss: dass diese See­len sich außer­halb ihres physis­chen und Äther­leibes fühlten, dass sie wussten, sie befind­en sich jet­zt inner­halb ein­er Welt von geisti­gen Tat­sachen und geisti­gen Wesen­heit­en. Weit herum wur­den diese See­len dann geleit­et, das heißt, ihr Schauen wurde geleit­et. Es wur­den ihnen die einzel­nen Wesen­heit­en, die einzel­nen Tat­sachen gezeigt, wie das auch bei ein­er heuti­gen Seele der Fall sein kön­nte. Aber man muss sich das nicht so vorstellen, als wenn man mit physis­chen Füßen herumge­ht, son­dern das Schauen wird herumge­führt, wie wenn man mit seinem Schauen ring­sum in einem weltall­weit­en Gebi­ete herumge­führt würde. [Der See­lenkalen­der ist aus diesem herumge­führten Schauen gestal­tet und führt selb­st jeden Leser Woche für Woche herum. Jed­er einzelne Spruch ist eine der oben genan­nten Wesen­heit­en und Tat­sachen.  A.F.] …

Dann kam ein Zeit­punkt des Erlebens, wo man sich wie am Ende fühlte, gle­ich­sam wie wenn man herumge­gan­gen wäre in einem Lande, das ring­sherum von Meer begren­zt ist, und man dann an das <Ufer> gekom­men wäre. Man weiß, man ist an den äußer­sten Punkt gekom­men, wohin man hat kom­men kön­nen. Und dann erlebte man eben in der ägyp­tis­chen Ini­ti­a­tion das, was man nicht anders als in die Worte klei­den kann: Während du mit deinem Schauen herumge­führt wor­den bist, in den Wel­tenweit­en, im wel­te­nall­weit­en Gebi­ete, hast du ken­nen­gel­ernt die Wesen­heit­en und Kräfte, von denen du dir sagen kannst, sie arbeit­en an deinem physis­chen Leib und Äther­leib. Jet­zt aber betrittst du die heilig­ste Stätte. Jet­zt betrittst du ein Gebi­et, wo du dich eigentlich vere­inigt fühlst mit dem Wesen­haften, das mitar­beit­et an dem in dir, was von ein­er Inkar­na­tion zur anderen geht, was mitar­beit­et an deinem astralis­chen Leib. Es ist ein bedeut­sames Erleben an diesem Punk­te, denn es wer­den gewis­ser­maßen alle Dinge anders, wenn dieses Erleben einge­treten ist an diesem Punkt.

Es hört zum Beispiel für die allernäch­ste Zeit bei dem Ini­ti­ierten eine Möglichkeit auf: Voll­ständig hört die Möglichkeit auf in der Welt, in die man jet­zt einge­treten ist an den Ufern des weltweit­en Daseins, auf diese Weit­en anwend­bar zu machen seine Urteil­skraft, das­jenige, was man früher hat denken kön­nen, was man früher hat ersin­nen kön­nen. Kann man sich nicht all dieser physis­chen, irdis­chen Urteil­skraft entäußern, kann man nicht außer acht lassen, was einen bis dahin geleit­et hat, dann kann man nicht dieses Erleben haben an den Ufern des Daseins, kann sich nicht vere­inigt fühlen eben mit jen­er Wesen­heit, die da arbeit­et, wenn der geistig-seel­is­che Men­sch sich der Geburt in ein­er neuen Inkar­na­tion naht, sich Fam­i­lie, Nation und Eltern­paar auf­sucht, um als geistig-seel­is­ch­er Men­sch sich mit ein­er neuen Hülle zu umk­lei­den. Alle die Wesen­heit­en, die man vorher auch ken­nen­gel­ernt hat und die einem erk­lär­lich machen, wie die physis­chen und ätherischen Hüllen entste­hen und her­aus­ge­bildet wer­den aus dem Kos­mos, alle diese Wesen­heit­en sind außer­stande, einem zu erk­lären, was da für Kräfte wirken in jen­em Wesen­haften, mit dem man sich jet­zt ver­bun­den fühlt, und das bauend und webend ist an der inner­sten astralis­chen Wesen­heit des Men­schen sel­ber. [Hier und im fol­gen­den Text geht es um See­len­rät­sel, A.F.]. Es wird einem ganz anschaulich – und es wurde der ägyp­tis­chen Seele, die durch die Her­mes-Ini­ti­a­tion ging, ganz anschaulich -, dass jet­zt, nach­dem sie aus ihren Hüllen her­aus ist und durchge­gan­gen ist durch das vorhin <weltall­weite Dasein> Genan­nte, sie sich ver­bun­den fühlte mit ein­er Wesen­heit. Und die Seele kann fühlen die Eigen­schaften dieser Wesen­heit, nur dass sie sich sel­ber wie darin­nen fühlt in diesen Eigen­schaften, nicht außer­halb dieser Wesen­heit. Und sie kann wis­sen: Diese Wesen­heit ist da, ist real da; aber man ist zugle­ich inner­halb dieser Wesen­heit. Und der erste Ein­druck, den man von dieser Wesen­heit bekommt, ist der, dass man sich sagt: In dieser Wesen­heit ruhen ja die Kräfte, die die Seele durch­tra­gen von ein­er Inkar­na­tion zur anderen, ruhen auch die Kräfte, welche die Seele erleucht­en zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt.

Das alles ist da drin­nen. Aber wenn dir wie geistige Wel­tenwärme eine Kraft ent­ge­gen­we­ht, die eben die Seele von dem Tode zu der neuen Geburt hinüberträgt, wenn dir wie geistiges Licht ent­ge­gen­dringt, was die See­len erleuchtet zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt, und wenn du fühlst, wie diese Wärme und dieses Licht ausströ­men von der Wesen­heit, mit der du da vere­inigt bist, so bist du doch jet­zt in ein­er ganz beson­deren Lage. Du hast gle­ich­sam trinken müssen den Lethetrank, hast vergessen müssen die Kun­st des Ver­ste­hens, die dich früher durch die physisch-sinnliche Welt durchge­führt hat, hast able­gen müssen deine frühere Urteilkraft, deine Intellek­tu­al­ität, denn die kön­nten dich hier nur beir­ren, und Neues hast du noch nicht erwor­ben. Du stehst, indem du die Wel­tenwärme fühlst, die die Seele zu der neuen Geburt trägt, in dem Kräfte­meer darin­nen, das die Seele erleuchtet von dem Tode bis zur neuen Geburt. Du fühlst also die Kraft und das Licht, die von der Wesen­heit aus­ge­hen. Du siehst diese Wesen­heit so an, als ob du gar nicht anders kön­ntest, als sie fra­gen: Wer bist du? – denn nur du allein kannst mir sagen, wer du bist, und nur dann allein kann ich wis­sen, was mich als men­schlich­es Innen­we­sen hinüberträgt von dem Tode zu der neuen Geburt. Nur dann also, wenn du es mir sagst, kann ich wis­sen, was mein men­schenin­ner­stes Wesen ist! – Und stumm, schweigsam bleibt die Wesen­heit, mit der man sich so ver­bun­den weiß. Man fühlt, in ihr liegt das Tief­ste, was mit einem selb­st als Tief­stes ver­bun­den ist. Der Drang entste­ht nach Selb­sterken­nt­nis, nach Wis­sen, was man ist – und stumm und schweigsam bleibt die Wesenheit.

Man muss dieser stum­men, schweigsamen Wesen­heit erst eine Weile gegenüberge­s­tanden haben, und man muss tief emp­fun­den haben die Sehn­sucht, jet­zt auf eine neue Art das Wel­tenrät­sel gelöst zu bekom­men, man muss die Sehn­sucht lange genug emp­fun­den haben, das Wel­tenrät­sel [48 w: See­len­rät­sel, Wel­tendenkens Sicher­heit, A.F.] auf eine Weise gelöst zu bekom­men, wie es niemals auf der physis­chen Erde gelöst wer­den kann, man muss hereinge­bracht haben in diese Welt zu dieser Wesen­heit die tiefe Sehn­sucht als eigene Kraft, das Wel­tenrät­sel in dieser dem physis­chen Dasein frem­den Art gelöst zu erhal­ten, und ganz muss die Seele leben in der Sehn­sucht, in dieser Art das Wel­tenrät­sel gelöst zu bekom­men: Dann, wen man sich vere­inigt gefühlt hat mit der stum­men, schweigsamen geisti­gen Wesen­heit, mit der man vere­inigt ist, und in ihr gelebt hat mit der eben geschilderten Sehn­sucht nach Wel­trät­sel­lö­sung, dann fühlt man, dass ausströmt in die geistige Wesen­heit, mit der man vere­inigt ist, die Kraft der eige­nen Sehn­sucht. Und weil dies Kraft der eige­nen Rät­sel­löse-Sehn­sucht ausströmt in die Wesen­heit dieser geisti­gen Gestalt, gebiert nach einiger Zeit diese Wesen­heit etwas, was als eine andere Wesen­heit aus ihr her­vorge­ht. Aber es ist nicht so wie eine irdis­che Geburt, was da geboren wir. Man weiß auch gle­ich durch sein Schauen, dass es nicht wie eine irdis­che Geburt ist. Nein, eine irdis­che Geburt entste­ht in der Zeit, sie tritt auf in der Zeit. Was man aber jet­zt schaut, was die eben geschilderte Wesen­heit gebiert, von dem weiß man: Das wird aus ihr geboren, das wurde aus ihr geboren seit ural­ten Zeit­en – immer, und diese Geburt dauert aus ural­ten Zeit­en bis in die Gegen­wart here­in fort. Man hat dieses Geboren­wer­den ein­er Wesen­heit aus der anderen nur eben bish­er nicht gese­hen, es hat sich den Blick­en bish­er ent­zo­gen. Darin beste­ht dieses Geboren­wer­den, dass es eigentlich immer da ist, aber dass dadurch, dass man sich durch seine Rät­sel­löse-Sehn­sucht dazu bere­it­gemacht hat, man es jet­zt schaut, dass es jet­zt Wahrnehmung ist in der geisti­gen Welt. Das weiß man. … Aus der Wesen­heit, mit der du dich vere­inigt hast, wurde seit ural­ten Zeit­en immer eine Wesen­heit geboren; jet­zt aber wird dieses Geboren­wer­den der Wesen­heit und die geborene Wesen­heit sel­ber für dich wahrnehm­bar. [Jedes Jahr wird aus dem Jahres­lauf – der schweigen­den Mut­ter — her­aus der neue Oster­im­puls geboren. Die Aufer­ste­hung nen­nt Stein­er die Ichge­burt, A.F.]

Was ich Ihnen jet­zt geschildert habe, so gut es mit den Worten unser­er Sprache geht, das ist das, wozu der Her­mes-Ini­tia­tor seine Schüler geführt hat. Und die Empfind­un­gen, die ich Ihnen eben charak­ter­isierte – ich möchte sagen wie mit stam­mel­nden Worten, denn die Dinge enthal­ten so viel, dass die Worte unser­er Sprache die Dinge nur stam­mel­nd zum Aus­druck brin­gen kön­nen -, diese Empfind­un­gen waren die Erleb­nisse der soge­nan­nten ägyp­tis­chen Isis-Ein­wei­hung. Wer die Isis-Ein­wei­hung durch­machte, sagte sich eben, wenn er an die Ufer des weltall­weit­en Daseins gekom­men war und die Wesen­heit­en geschaut hat­te, die zum Beispiel physis­chen Leib und Äther­leib kon­sti­tu­ieren, wenn er gegenüber der schweigsamen Göt­tin ges­tanden hat­te, von welch­er Wärme und Licht für das Dasein des Inner­sten der Men­schenseele aus­ge­hen: Das ist die Isis! Das ist die stumme, die schweigsame Göt­tin, deren Antlitz keinem enthüllt wer­den kann, der nur mit sterblichen Augen schaut, deren Antlitz nur denen enthüllt wer­den kann, die sich durchgear­beit­et haben bis zu den Ufern, die geschildert wor­den sind, damit sie schauen kön­nen mit jenen Augen, die von Inkar­na­tion zu Inkar­na­tion gehen, und die nicht mehr sterblich sind. Denn sterblichen Augen hüllt ein undurch­dringlich­er Schleier dies Gestalt der Isis zu!

Wenn so der zu Ini­ti­ierende die Isis geschaut hat­te und gelebt hat­te mit der geschilderten Empfind­ung in der Seele, dann ver­nahm er das, was geschildert wor­den ist als Geburt. Was war diese <Geburt>? Diese Geburt ver­nahm er als das, was man beze­ich­nen kann als <in alle Räume Hin­austö­nen dessen, was Sphären­musik ist>, und als das Zusam­menge­hen der Sphären­musik­töne mit dem, was man das Wel­tenwort, das schöpferische Wel­tenwort nen­nt, das die Räume durch­dringt und in die Wesen­heit­en hineingießt alles, was so in die Wesen­heit­en hineingegossen wer­den muss, wie dann hineingegossen wer­den muss in den physis­chen Leib und Äther­leib die Seele, wenn sie durchge­gan­gen ist durch das Leben zwis­chen Tod und neuer Geburt. Alles, was so in die äußere physis­che Welt von der geisti­gen Welt aus hineingegossen wer­den muss, damit das Hineingegossene dann inner­lich, see­len­haft ist, alles das wird hineingegossen von der die Räume durchtö­nen­den Sphären­har­monie, die allmäh­lich sich so gestal­tet, dass sie ver­nom­men wer­den kann – bedeut­sam, inner­liche Bedeut­samkeit aus­drück­end – als das Wel­tenwort, das die Wesen­heit­en beseelt, die durch die Kräfte von Wärme und Licht durch­lebt wer­den und die sich hinein­ergießen in diejeni­gen Kör­p­er, in diejeni­gen Leiber, die aus den göt­tlichen Kräften und Wesen­heit­en entsprin­gen, welche man schon mit dem vorherge­hen­den Schauen erblick­en kann.

So schaut man hinein in die Welt der Sphären­har­monie, in die Welt des Wel­tenwortes, so schaute man hinein in die Welt, welche die eigentliche Heimat der Men­schenseele ist in der Zeit, wenn dies Men­schenseele lebt zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt. Was sich tief ver­hüllt im physis­chen irdis­chen Dasein des Men­schen, was aber dann zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt im Abglanze lebt des Licht­es und der Wärme, was sich aber tief ver­hüllt in der physis­chen Welt als die Welt der Sphären­töne und des Wel­tenwortes, das erlebte man durch die Her­mes-Ein­wei­hung als geboren­wer­dend aus der Isis. Die Isis ist damit dann vor einem ste­hend, so dass sie auf der einen Seite sel­ber daste­ht, auf der anderen Seite einem geboren hat die andere Wesen­heit, die man anzus­prechen hat als die Wel­tentöne und das Wel­tenwort. Jet­zt fühlt man sich in der Genossen­schaft der Isis und des von ihr gebore­nen Wel­tenwortes. Und dieses <Wel­tenwort< ist zunächst die Erschei­n­ung des Osiris. (GA 144, 3. Vor­trag 5.2.1913, S. 45ff, Her­vorhe­bun­gen A.F.)

Das Kreuz der Lichtsprüche und das Dreieck und das Sechseck

Die Lage der Licht­sprüche im See­lenkalen­der-Jahr erscheint auf den ersten Blick weniger überzeu­gend, als die der Krisen­sprüche. Die Krisen­sprüche vierteln das Jahr, indem sie genau in der Mitte der vier­mal 13 Mantren ste­hen. Die Licht­sprüche bilden eben­so ein Kreuz, jedoch kein rechtwin­kliges. Viel später erkan­nte ich, dass sie das Jahr in Sech­s­tel teilen. Da 52 nicht durch sechs teil­bar ist, war mir dies lange nicht aufge­fall­en. Diese Teilung ist nicht math­e­ma­tisch exakt, aber Bild-logisch. Wer­den die Licht­sprüche nicht mit­gezählt, so bilden jew­eils acht Wochen eine Sech­seck-Seite. Die 52 Wochen teilen sich also auf in 6 x 8 = 48 Wochen, plus die 4 Lichtspruch-Wochen.

Die Lich­tach­sen bilden annäh­ernd Winkel, die jew­eils ein gle­ich­seit­iges Dreieck entste­hen lassen

Das gle­ich­seit­ige Dreieck, das zwis­chen den Lich­tach­sen oben und unten gebildet wer­den kann, ist ein har­monis­ches. Dieses spezielle Dreieck gilt als göt­tlich, da alle Winkel das gle­iche Maß und alle Seit­en die gle­iche Länge aufweisen. Der Mit­telpunkt des Dreiecks ist von allen Spitzen gle­ich weit ent­fer­nt. Sechs solch­er Dreiecke bilden ein Sech­seck. Die Zeich­nung unten zeigt, wie die Licht­sprüche die Grund­lage dieser ver­bor­ge­nen Struk­tur im Jahreskreis sind.

Die Licht­sprüche bilden die Mitte ihrer neun­wöchi­gen Hälfte der Osterscholle

Und noch etwas wird durch die Anord­nung der Licht­sprüche deut­lich: Sie sind die Mitte ihrer Hälfte der Oster­scholle, der zweimal neun Wochen. Jew­eils vier Mantren ste­hen vor und nach jedem Licht­spruch der Oster­scholle. Betra­chte ich die Licht­sprüche als zwei Schein­wer­fer, — sie the­ma­tisieren ja das Beleuchtete, — so umfassen ihre Lichtkegel genau die Oster­scholle. Sie machen den Mond sozusagen sicht­bar. Sind sie dadurch die Ursache für die Aus­dehnung der Oster­scholle und damit für die Drit­telung im Jahr? Ist Fron­le­ich­nam deshalb am Don­ner­stag in der neun­ten Woche nach Ostern, weil die vollen 18 Wochen einen etwas zu großen Zeitraum umfassen, um das Jahr zu dritteln?

Die „Lichtkegel“ der Licht­sprüche 5 E und 48 W beleucht­en die Osterscholle

Die „Wirkung“ der Licht­sprüche erscheint in einem noch helleren Licht, wenn die Hin­weise Rudolf Stein­ers hinzukom­men: „Ein anderes Zeichen der okkul­ten Schrift ist das Dreieck, das eben­falls in den Makrokos­mos eingeze­ich­net ist. Mikrokos­misch ist die Fig­ur des gle­ich­seit­i­gen Dreiecks mit dem eingeze­ich­neten Mit­telpunkt das Sym­bol für das erlangte Gle­ichgewicht zwis­chen den drei See­lenkräften. Aus der Har­mon­isierung von Denken, Fühlen und Wollen erwächst die höhere Liebekraft.“ (GA 97, S. 212) An ander­er Stelle for­muliert er es so:

„Das Geheim­nis dieser Mis­sion [der Erden­mis­sion] spricht sich dadurch aus, daß durch dieses Zusam­men­wirken, durch dieses Gle­ichgewicht der drei Kräfte [Wollen, Fühlen, Denken] das Innere tat­säch­lich pro­duk­tiv Neues wirkt. Es wird dadurch wahrhaft ein viertes Ele­ment erzeugt zu den drei vorherge­hen­den, und dieses vierte Ele­ment ist das Ele­ment der Liebe. Die Liebe kann im Welt­getriebe sich nur entwick­eln, wenn ein absolutes Gle­ichgewicht der drei in früheren Zeit­en abwech­sel­nd die Hege­monie führen­den Kräfte ein­tritt.“ (Lit.: GA 121, S. 98ff)

Die Bienen-Vogel Darstellung — die fleißig arbeitende Seele

Seit dem frühen 4. Jahrtausend tauchen in unter­schiedlichen Kul­turen Stun­den­glas-Fig­uren auf. Sie wer­den oft tanzend dargestellt und als Diener­in­nen der Göt­tin gedeutet. Die Göt­tin war die Vogel­göt­tin, die das Wel­tenei aus­brütet – die Welt erschafft. Ihre Erken­nungsze­ichen sind das X und V, sowie drei par­al­lele Lin­ien. Das X‑Zeichen ist bei manchen Darstel­lun­gen fast deck­ungs­gle­ich mit dem Kreuz der Licht­sprüche. Bei den San­duhr-Fig­uren ist das X‑Zeichen zur Gestaltgewor­den. Der Kör­p­er bildet sich aus zwei Dreieck­en, die mit ihrer Spitze aufeinan­der ste­hen. Die hier abge­bildete Bienen-Vogel Darstel­lung zeigt Insek­te­nau­gen und Füh­ler, Vogelfüße und “Hände” sowie drei Lin­ien wie Schnur­rhaare. Dadurch ist sie trotz ver­wan­del­ter Gestalt als Vogel­göt­tin ken­ntlich bzw. als zu ihr gehörend.

Mis­chwe­sen aus Vogel und Biene (Vogelfüße und „Hände“, Biene­nau­gen, Füh­ler) als „Stun­den­glas-Fig­ur“ im See­lenkalen­der, Höh­len­malerei, Südspanien 4. Jahrtausend

Gegenüber der Venus von Wil­len­dorf (46 u) und der Schlangengöt­tin (47 v) erscheint der Jahres­lauf bei der Vogel­göt­tin um 45 Grad gedreht. Das Win­ter-Hal­b­jahr ist nicht mehr unten, son­dern rechts vom Betra­chter, das Som­mer-Hal­b­jahr nicht mehr oben, son­dern links. Ein ganz ander­er Bewusst­sein­sraum erscheint! So wie die Licht­sprüche der Oster­scholle (48 w und 5 E) das Beleuchtete beschreiben, erscheint in dieser Aus­rich­tung des Jahres­laufes die Seele, die sich der Welt gegenüber­stellen kann. Wie eine Biene kann die Seele nun aus der bewusst­wer­den­den Wahrnehmung „Honig“, die Weisheit, sam­meln. Die Seele kann bienen­fleißig arbeit­en, um inneren Reich­tum zu gewin­nen. Das ist nicht mehr die dem Sein hingegebene See­len­hal­tung, die uns die Venus von Wil­len­dorf vor­lebt. Inter­es­san­ter­weise tauchen die San­duhr-Fig­uren in der Zeit auf, als die Men­schen begin­nen, Erfind­un­gen zu machen. In der begin­nen­den Bronzezeit entwick­elt sich der Acker­bau, die Viehzucht, das Töpfer­handw­erk, das Weber­handw­erk, die Met­al­lver­ar­beitung und auch die Erfind­ung des Rades fällt in diese Zeit.

Das Hexagramm — der Sechsstern

Rudolf Stein­er beschreibt das Dreieck, das mit der Spitze nach unten weist als das Sym­bol für die göt­tliche Kraft, die den Men­schen erschaf­fen hat. Es ste­ht für seinen physis­chen, ätherischen und astralen Leib. Das Dreieck, dessen Spitze nach oben weist, ste­ht für die dreifach dif­feren­zierte Seele, die Empfind­ungsseele, die Ver­standes- oder Gemütsseele und die Bewusst­seinsseele. “Die San­duhr-Fig­uren” zeigen diese bei­den Dreiecke so, dass sie sich nicht durch­drin­gen. Wer­den sie ineinan­dergeschoben, bilden sie den Sechsstern, das Hexa­gramm. In diesem Zeichen ist ein noch fernes Ziel der Men­schheit ausgedrückt.

Rudolf Stein­er sagt in einem sehr frühen und unvoll­ständig mit­geschriebe­nen Vor­trag: “Diejenige Kraft, die in allen Men­schen ein­heitlich lebt und die sich im Intellek­tuellen aus­drückt in jen­er großen Ein­heit, über die es keinen Stre­it geben kann, nen­nt man Man­as. Und wenn es die Men­schen so weit gebracht haben wer­den, daß sie nicht nur dem Ver­stande nach zusam­men­stim­men, son­dern auch in ihrem Empfind­en und Fühlen, in ihrem tief­sten See­len­leben har­monieren, daß sie sich find­en in dem, was edel und gut ist, in Liebe sich zusam­men­find­en im Objek­tiv­en, im Gemein­samen, so wie sie sich heute schon stre­it­los zusam­men­find­en in dem, daß zwei mal zwei vier und drei mal drei neun sind, dann ist die Zeit gekom­men, wo die Men­schen auch das Lebendi­ge wer­den bemeis­tern kön­nen. Einigkeit, objek­tive Einigkeit im Empfind­en und Fühlen, ein wirk­lich über die Men­schheit aus­gegossenes objek­tives Leben in der Liebe, das ist die Voraus­set­zung für die Bemeis­terung des Lebendigen.

Diese Bemeis­terung des Lebendi­gen war ein­mal vorhan­den — so sagen diejeni­gen, welche im 12. Jahrhun­dert die Bewe­gung des Heili­gen Gral begrün­det haben -, sie war vorhan­den bei den Göt­tern, die den Kos­mos schufen und sich her­ab­senk­ten, um dem Men­schen die Keiman­lage für diese göt­tlichen Kräfte zu geben, die sie sel­ber hat­ten: so daß der Men­sch heute ein wer­den­der Gott ist, da sich in seinem Inneren etwas befind­et, das hin­auf­strebt, dahin, wo einst die Göt­ter ges­tanden haben. Heute ist der Ver­stand, der Intellekt die herrschende Kraft; die Liebe [Bud­dhi, Lebens­geist] wird es in Zukun­ft wer­den, und in noch ferner­er Zeit wird der Men­sch die Atmastufe [Geist­men­sch-Stufe] erre­ichen. Diese Gesamtkraft (Gemein­samkeit­skraft), die dem Men­schen Macht gibt über das­jenige, was durch das Kreuz sym­bol­isiert wird, sie wird — insofern es sich um diese Kraft bei den Göt­tern han­delt — aus­ge­drückt durch ein Sym­bol, näm­lich durch das Dreieck mit der Spitze nach unten. Und insofern sich diese Kraft in der Men­schen­natur aus­drückt, wie sie samen­haft zu der göt­tlichen Kraft hin­auf­strebt, wird sie sym­bol­isiert durch ein Dreieck, dessen Spitze nach oben geht. Die Göt­ter haben sich aus dem Men­schen her­aus­ge­hoben und sich von ihm ent­fer­nt; aber sie haben in ihm zurück­ge­lassen das Dreieck, das sich in ihm weit­er­en­twick­eln wird. Dieses Dreieck ist auch das Sym­bol des Heili­gen Gral.

Die Kraft bei den Göt­tern [Dreieck mit der Spitze nach unten]

Die Kraft bei den Men­schen [Dreieck mit der Spitze nach oben]

Das Sym­bol des Heili­gen Gral [sich durch­drin­gende Dreiecke]

In der Form des Dreiecks drück­te der mit­te­lal­ter­liche Okkul­tist das Sym­bol des Heili­gen Grales aus, das Sinnbild für die Erweck­ung der Meis­ter­schaft im Lebendi­gen. … Von der Dumpfheit geht der Men­sch aus und steigt auf durch den Zweifel zu der Kraft. Dieser Pil­ger­weg der Seele wird aus­ge­drückt in der Gestalt des Parzi­val, der zum Heili­gen Gral pil­gert. Das ist eine der man­nig­falti­gen, tief­er­en Bedeu­tun­gen der Gestalt des Parzi­val.“ (GA 93, S. 277ff)

An ander­er Stelle beschreibt Rudolf Stein­er den Sechsstern, das Hexa­gramm, als die Strö­mungen im Astralleib: „Das Hexa­gramm entspricht Strö­mungen im Astralkör­p­er, doch ist dies nicht als Lin­ien­fig­ur aufz­u­fassen, son­dern das Dop­pel-Dreieck ist nur ein Durch­schnitt. (Während die Strö­mungen im Ätherkör­p­er die Lin­ien eines Pen­ta­grammes bilden, stellt das Hexa­gramm den Astralkör­p­er in ganz ander­er Weise, nicht lin­ien­ar­tig, son­dern flächen­haft kör­per­lich dar.) Wenn die Fig­ur in ihrer senkrecht­en Achse gedreht wird, kommt etwa die wirk­liche Fig­ur her­aus, wenn auch der waa­grechte Durch­schnitt nicht ganz einem Kreis entspricht (Oval). Die waa­grecht­en Lin­ien bilden also eigentlich eine Fläche; die obere in der Höhe der Arme, die andere in der Höhe der Kniee. Das nach unten weisende Dreieck hat es mit den Leibern zu tun: dem Astralleib (Mond), Äther­leib (Sonne), physis­chen Leib (Sat­urn- Prinzip). Das andere Dreieck mit den höheren Teilen: Empfind­ungsseele (Mars), Ver­standesseele (Merkur) und Bewußt­seinsseele, die erst im Anfang ihrer Entwick­lung ist (Jupiter). Dementsprechend die Farben.

Man soll über diese Fig­uren und die Bedeu­tung ihrer Einzel­heit­en medi­tieren, um sich seines wirk­lichen inneren Lebens und sein­er Beziehung zum Kos­mos bewußt zu wer­den. Man wird dann eige­nar­tige Gefüh­le in sich erweck­en.” (Lit.: GA 264, S. 189ff)

So wie das Pen­ta­gramm, der Fün­f­stern von Rudolf Stein­er als die Strö­mungen des Äther­leibs beschrieben wer­den und als das Zeichen des Men­schen, des Mikrokos­mos, so stellt der Sechsstern, das Hexa­gramm, das Zeichen des Makrokos­mos dar.

Embryologie — Tierstufe

„Wiederum nähert sich die Embry­ona­len­twick­lung einem kri­tis­chen Zeit­punkt. Sollte die Entwick­lungs­dy­namik, welche den Embryo während sein­er zweit­en Woche kennze­ich­nete, sich weit­er fort­set­zen, so würde das zu einem <Windei>, einem <äußeren Men­schen> führen. In einem solchen Fall würde die Verbindung zwis­chen <Außen> und <Innen> (Periph­erie und Zen­trum) reißen; der innere Mit­telpunkt – die Keim­scheibe – würde sich von dem Außen lösen und verküm­mern. Wenn wir von der Polar­ität zwis­chen Pflanze und Tier aus­ge­hen, mit welch­er wir uns in den obi­gen Abschnit­ten befassten, kön­nen wir beina­he vorher­sagen, was nun in der embry­onalen Dynamik geschehen sollte.

Ein Voraus­blick zum Ende der drit­ten Woche gewährt uns Ein­sicht in diese bedeu­ten­den Entwick­lun­gen. Die Keim­scheibe ist noch flach, jedoch gibt es jet­zt einen entschei­den­den Unter­schied zu der Lage während der zweit­en Woche. Zwis­chen dem Ekto­derm und dem Ento­derm … erscheint eine Zwis­chen­schicht, das intraem­bry­onale Meso(-derm). Blech­schmidt beze­ich­net dies als inneres Gewebe, Bin­nengewebe. Das Meso(-derm) ist kein Gren­zge­bi­et, kein Epithe­li­um, son­dern es ist ein Gewebe mit ein­er drit­ten Dimen­sion und sollte deshalb eigentlich auch nicht Meso­DERM genan­nt wer­den: hier wird die Andeu­tung <Meso> als Begriff bevorzugt. Es besitzt die Fähigkeit, gle­ichzeit­ig Raum zu schaf­fen und zu verbinden. So kön­nte man sagen, dass die dreis­chichtige Keim­scheibe im Gegen­satz zur zweis­chichti­gen Keim­scheibe nun einen neuen Bestandteil besitzt – näm­lich <Inhalt>. Ihr Vorgänger bestand nur aus Ober­fläche und Umge­bung; der dreis­chichtige Embryo hat inneren Gehalt. Dieses Meso hat sich einen Weg in die Keim­scheibe gebah­nt, indem es von dem Prim­i­tivstreifen her hinein­wächst. Dieser Prozess begann in der Mitte der drit­ten Woche der Embry­ona­len­twick­lung … Es han­delt sich offen­sichtlich um eine radikale Rich­tung­sumkehrung. Wo hat diese neue Dynamik ihren Ursprung?

Wenn am Ende der zweit­en Woche die Chori­on­höh­le … ent­standen ist, bedeckt das soge­nan­nte extra-embry­onale Meso(-derm) die Innen­seite des Ektozysts und die Außen­seite des Entozysts. Das erste wird peri­etales (soma­tis­chen) Meso(-derm) und das let­ztere visz­erales (splanch­nis­ches) Meso(-derm) genan­nt. Der Haft­stiel verbindet den <inneren Kör­p­er> (Endozyst) mit dem <äußeren Kör­p­er> (Ektozyst). Am Anfang der drit­ten Woche bilden sich die ersten Blutin­seln (Kap­il­laren) inner­halb dieses extra-embry­onalen Meso(-derm)s. Die For­mung der Blut­ge­fäße und des Blutes stellt die erste zweck­mäßige Dif­feren­zierung des Meso(-derms) dar. Inner­halb dieses prim­i­tiv­en Blut­ge­fäßsys­tems begin­nt ein zögern­der Blut­strom (noch nicht Kreis­lauf im Sinne eines geschlosse­nen Röhren­sys­tems). Dieses Strö­men wird durch die Stof­fwech­sel­prozesse an der Periph­erie des Embryos, dem Tro­phoblast (Ektozyst), verur­sacht. Auch im Kör­p­er des Erwach­se­nen sind es die Leben­sprozesse, die inner­halb der Gewebe selb­st den Anstoß zur Bewe­gung der Flüs­sigkeit auf kap­il­lar­er Ebene geben; dies gle­icht der Bewe­gung des Blutes, welche sich während der drit­ten Woche der embry­onalen Entwick­lung ereignet, wenn es anfängt, von der Periph­erie zum Zen­trum zu fließen. Schließlich find­et die Aktiv­ität der Stof­fwech­sel­prozesse in der Periph­erie statt. Das Blut strömt vom pari­etal­en Meso(-derm) aus durch die Kap­il­laren in die Rich­tung des Haft­stiels. Anhand ein­er Vielfalt von Wach­s­tums­be­we­gun­gen … hat der Haft­stiel sich inzwis­chen zum kaude­len Ende der Keim­scheibe ver­lagert. Dieses ursprüngliche Blut strömt dem kra­nialen Ende des Embryos zu, an den <Flanken> der Keim­scheibe ent­lang, und anschließend dor­sal ent­lang der Amnion­höh­le (nur wenig) und ven­tral ent­lang dem Dot­ter­sack (etwas mehr). Aber dann gelangt es an einen Punkt, wo es nicht mehr weit­er kann, und es erre­icht den inner­sten Teil des embry­onalen Kör­pers. Dort am zen­tripetal­en Knoten­punkt des Blutes entste­ht die Herzanlage.

Eine weit­ere Rich­tung­sumkehrung erfol­gt im Embryo. Bis jet­zt war das Wach­s­tum haupt­säch­lich nach außen gerichtet, zu diesem Zeit­punkt sehen wir eine erste Anweisung, dass der <Kreis­lauf> eine andere Rich­tung ein­schlägt. Das Blut fließt von der stof­fwech­sel­nden Periph­erie des Tro­phoblasts zu einem Mit­telpunkt, wo es zum Halt kommt. Wenn der Blut­strom diesen zen­tralen Punkt, welch­er kra­nial in der Keim­scheibe liegt, erre­icht, kehrt er um. Er fließt über andere Kap­il­laren zur Periph­erie des Tro­phoblasts zurück, wo er dann wieder als Gewe­be­flüs­sigkeit in die metabolis­chen Prozesse zurück­kehrt. Dieser Umkehrpunkt, wo das Strö­men zum Still­stand kommt, sich wen­det und einen rhyth­mis­chen Charak­ter annimmt, ist das erste Anze­ichen des Ursprungs des Herzens. Hier entste­ht das erste wirk­liche Zen­trum im Embryo, welch­es sich von dem beina­he virtuellen, punk­thaften Zen­trum der zweit­en Woche, worum sich alles drehte, unter­schei­det. Im Gegen­satz dazu haben wir hier ein wirk­lich­es, <anatomis­ches> und <anwe­sendes> Zen­trum, welch­es der Periph­erie des äußeren Kör­pers gegenüber­ste­ht. Es ist das Herz. Das Herz ergibt sich sozusagen aus dem Blut, nicht umgekehrt. …. Erst gibt es das Strö­men, und wo das zum Still­stand kommt, entste­ht die Form. Wir haben guten Grund, das Herz als den <oberen Pol> des Blutkreis­laufs zu betra­cht­en und die Kap­il­laren als den <unteren Pol>. Dies entspricht den Ver­hält­nis­sen, wie sie während dieser Phase inner­halb des Embryos als Ganzem beste­hen. Der Tro­phoblast an der Außen­seite ist der untere Pol, das Herz mit der Keim­scheibe an der Innen­seite der obere Pol.

Der Ursprung des Herzens kennze­ich­net in jed­er Hin­sicht eine Umkehr der Dynamik inner­halb des Embryos. Wie oben schon <vorherge­sagt>, wird die Entwick­lungs­dy­namik mehr wie die des Tieres; sie richtet sich nun von außen nach innen, von der Periph­erie zum Zen­trum; es bildet sich eine innere Welt, die der Außen­welt gegenüber­ste­ht. Biol­o­gisch kann man es fol­gen­der­maßen aus­drück­en: die Weit­er­en­twick­lung des inneren Kör­pers, welch­er sich andern­falls von der Periph­erie gelöst hätte, ist nun sichergestellt. Die Nahrung strömt von der Periph­erie her zurück zum inneren Kör­p­er. Im Gefolge des Entste­hens des Herzge­bi­etes sehen wir eine große Anzahl von Entwick­lung­sprozessen, welche von nun an ihren Ansatzpunkt in (inner­halb!) der Keim­scheibe haben. Das Wesentlich­ste ist die Tat­sache, dass der Embryo vom kau­dalen Ende her nach innen wächst. Durch den Prim­i­tivstreifen wächst <Ekto­derm> dor­sal in den Embryo hinein und meta­mor­phosiert sich zu Meso(-derm). Der Embryo been­det damit sein Dasein als flache, zweiblät­trige Scheibe <ohne Inhalt> und verän­dert sich in ein drei­di­men­sion­ales Wesen, weil er nun einen wirk­lichen Inhalt in der Form des intra-embry­onalen Meso(-derm)s hat. Alle Impulse, Organe zu for­men, erwachen in diesem Meso(-derm). Wenn wir die Dynamik der Mor­pholo­gie des Herzens im Embryo betra­cht­en, kön­nen wir darin das Muster für den Entste­hung­sprozess aller Organe erblick­en. Der Impuls entste­ht erst in der Periph­erie und bewegt sich dann zum Zen­trum, wo er schließlich zum Halt kommt und sich in der endgülti­gen Form des Organs man­i­festiert. Die Entwick­lungs­dy­namik bewegt sich von der Periph­erie zum Zentrum.

Die Mitte der Woche deutet auf einen neuen Umkehrpunkt in der Entwick­lung hin. Mehr und mehr klin­is­che Dat­en haben während der let­zten Jahre daran Nach­druck ver­liehen. Die neueste Forschung zeigt, dass mehr Schwanger­schaften zu diesem Zeit­punkt abge­brochen wer­den als bish­er angenom­men wurde. Die <unbe­merk­te Fehlge­burt> ist ein klin­is­ches Anze­ichen für die Tat­sache, dass der Embryo zu diesem Entwick­lungszeit­punkt ein Hin­der­nis zu über­winden hat. Wenn der Ursprung des Herzens nicht zus­tande kommt – gefol­gt durch die For­mung aller Organe -, dann über­lebt der Embryo diese Krise nicht. Dies ist nicht bedeu­tungs­los, wie wir unten zeigen wer­den. Die Prozesse währen der drit­ten Woche und unmit­tel­bar danach fol­gen nicht ger­adlin­ig denen der zweit­en Woche. Dies wird ergreifend­er, wenn man in Betra­cht zieht, was Rudolf Stein­er vom Stand­punkt der übersinnlichen Wahrnehmung aus über diese Phase aussprach. Am Anfang des zwanzig­sten Jahrhun­derts, als die kon­ven­tionelle Wis­senschaft noch nichts über diese Phasen der men­schlichen Entwick­lung wusste, macht er wieder­holt auf eine Umkehrung in der men­schlichen Embry­ona­len­twick­lung <um den siebzehn­ten Tag herum> aufmerk­sam. Er drück­te es fol­gen­der­maßen aus:

«Während das seel­isch-geistige Wesen bis zu diesem Zeit­punkt mehr um seinen physis­chen Kern herum anwe­send ist, inkarniert sich die <astrale Indi­vid­u­al­ität> des Men­schen nun in dem physis­chen Kern selb­st». Mit anderen Worten, die men­schliche Seele kommt <der Erde> einen Schrit­tnäher, und das Herz ist damit das Organ der Inkarnation.

Dieser Zusam­men­hang wird sog­ar noch deut­lich­er, wenn wir erken­nen, dass die Dynamik, die um den siebzehn­ten Tag herum im Embryo entste­ht, in sein­er Art tier­lich (alstral) ist. Erst jet­zt kann von einem wirk­lich inner­lichen Wesen die Rede sein, welch­es der Außen­welt gegenüber­ste­hen und unab­hängig wer­den kann. Gle­icht das nicht genau der Dynamik, welche die Tren­nung zwis­chen Pflanze und Tier kennzeichnete …?

Die dreis­chichtige Keim­scheibe hat nur ein erstes Anze­ichen von Unab­hängigkeit. Was Emanzi­pa­tion und Indi­vid­u­a­tion bet­rifft, fol­gt noch mehr. Sie ist noch flach und sehr offen­ste­hend. Die Flanken, zum Beispiel, laufen glatt in die Gewebeschicht­en der sog. <extra>-embryonalen Hohlräume (Chori­on­höh­le) über. Die drei Schicht­en mün­den sozusagen in sie hinein. …

Während der drit­ten, aber vor allem der vierten Woche der men­schlichen Embry­ona­len­twick­lung ereignet sich der Delam­i­na­tion­sprozess, auch Abfal­tung genan­nt. Dieser Abfal­tung­sprozess, der sich durch krüm­mende Bewe­gun­gen charak­ter­isiert, kennze­ich­net in Bezug auf die Emanzi­pa­tion einen bedeu­ten­den Fortschritt. Die flache dreis­chichtige Keim­scheibe fal­tet sich in einen unge­fähr zylin­drischen Embryo, wobei die Fal­ten sich umrollen. In ven­tro­lat­eraler Rich­tung dehnt sich das Ekto­derm und mit ihm die anfangs dor­sal gele­gene Amnion­höh­le enorm aus im Ver­hält­nis zu dem ven­tral lokalisierten Dot­ter­sack, der mit dem Ento­derm ver­bun­den ist. Außer dieser soge­nan­nten Quer­ab­fal­tung find­et auch eine Längsab­fal­tung in kran­iokau­daler Rich­tung statt. Mit dem Erscheinen des Embryos aus sein­er zwei­di­men­sion­alen Ebene (Delam­i­na­tion bedeutet <aus der Ebene kom­men>), kann nun von einem wirk­lichen räum­lichen Außen und Innen im anatomis­chen Sinn die Rede sein. Die Beze­ich­nung Ekto­derm kommt nun zu ihrem Recht: was bish­er hin­ten (dor­sal) in der flachen Scheibe war, ist jet­zt außen. Fol­glich ist, was im Ento­derm ven­tral war, nun innen. …

Die Bewe­gung, die der Embryo hier aus­führt, ist eine weit­ere Fort­set­zung der Gebärde, welche die Umkehrung am siebzehn­ten Tag kennze­ich­net. Die Tier-/As­tral­ge­bärde wird hier vol­len­det. Der Embryo emanzip­iert sich noch mehr von sein­er Periph­erie. Es ist wichtig, zu erken­nen, dass dies Wach­s­tums­ge­bär­den und keine Muskel­be­we­gun­gen sind. Der gestal­tende Prozess des ganzen Kör­pers beteiligt sich hier­an. … Man kann die Bewe­gung mit­machen und bis zu dem Zeit­punkt nachvol­lziehen, wo man bemerkt, dass man den inneren Kör­p­er sozusagen<zusammenrafft>; man kann fühlen, dass diesem <Abfal­ten> die Gefahr eigen ist, völ­lig abzuschneiden. …

Also, dazu kommt es aber noch nicht. Denn es gibt eine Stelle, wo der innere Kör­p­er nicht völ­lig abgeschnit­ten ist und bis zur Geburt offen­bleibt. Diese Stelle ist der Nabel. … [Es muss] einen beglei­t­en­den Prozess geben… wobei das Herz sich <senkt>. Dies ist der soge­nan­nte Descen­cus cordis: während das Herz und das kra­niale Ende des Embryos (Hir­nan­lage) ihre Posi­tio­nen aus­tauschen, ver­legt sich das Herz in die Rich­tung des Nabels. Am anderen Ende <steigt> der Haft­stiel von kau­dal zur vorderen Mitte, und erst jet­zt kann man ihn wirk­lich als Nabelschnur beze­ich­nen. Und durch diese bleibt die Verbindung zwis­chen dem inneren und äußeren Kör­p­er erhal­ten. Wenig­stens vorläufig….

Die Krüm­mung­sprozesse des Embryos beim Zus­tande­brin­gen ein­er inneren Welt mit all den Orga­nen kön­nte man als weit­ere Folge des astralen Impuls­es betra­cht­en … Das ist typ­isch für unser Tier­we­sen“ (Jaap van der Wal, Dynamis­che Mor­pholo­gie und Embry­olo­gie 2012, Skript der Osteopathie Schule Deutsch­land, S. 92ff; Her­vorhe­bun­gen A.F.).

Die erste Herzan­lage zwis­chen Amnion und Dot­ter­sack vor dem Kopf der Embry­on­alan­lage am 19. Tag (aus: J. Lang­man, Medi­zinis­che Embry­olo­gie, 2003)

Die ‘Kopf-Steiss-Krüm­mung und die Wan­derung des Herzens nach innen

Sta­di­en: 17 Tage, 21 Tage, 23 Tage, 26 Tage, Ende des ersten Monats (aus: Jaap van der Wal, s.o., S. 7)

Dieser gekrümmte Embryo mit der erst nach und nach vom Haft­stiel zur Nabelschnur sich entwick­el­nden, dün­ner wer­den­den Verbindung erin­nert sehr an die Bil­dung der Osterscholle.

Was erscheint im Licht des Mantras 48 w?

Das Licht kommt! Es kommt aus Wel­tenhöhen und fließt machtvoll. Doch halt, es will machtvoll für meine Seele fließen. Es klopft sozusagen an die Türe und wartet darauf, ein­ge­lassen zu wer­den. Dieses Licht bringt zur Erschei­n­ung. Es lässt das, was es bestrahlt, hell aufleucht­en. Welch­er Art ist das Licht aus Wel­tenhöhen wohl? Es fließt machtvoll. Es ist ein machtvoller Fluss, ein großer Strom, der aus der Höhe zu Tal fließt. Im Zusam­men­hang mit der Sankhyaphiloso­phie beschreibt Rudolf Stein­er eine Urflut, aus der sich stufen­weise die irdis­chen Leiber her­aus­bilden: “Wenn wir also den Blick hin­lenken wür­den auf die Anfangssta­di­en der Evo­lu­tion, so hät­ten wir gle­ich­sam ein Undif­feren­ziertes des materiellen Ele­mentes und, unter­tauchend, die Viel­heit der See­len, um weit­ere Evo­lu­tio­nen durchzu­machen. Das erste also, was uns als Form ent­ge­gen­tritt, sich noch nicht her­aus­d­if­feren­zierend aus dem Ein­heitlichen der Urflut, das ist die spir­ituelle Sub­stanz sel­ber, die im Aus­gangspunkt der Evo­lu­tion liegt. Das Näch­ste, was dann her­aus­tritt, wom­it die Seele sich indi­vidu­ell schon umk­lei­den kann, ist die Bud­dhi. Wenn wir uns also denken eine Seele umk­lei­det mit der Urflut­sub­stanz, so unter­schei­det sich diese See­lenäußerung noch nicht von dem all­ge­mein wogen­den Ele­ment der Urflut. Indem sich die Seele nicht nur hüllt in dieses erste Dasein der all­ge­mein wogen­den Urflut, son­dern in das, was als näch­stes her­vorge­hen kann, kann sie sich hüllen in die Bud­dhi. Das dritte Ele­ment, das sich her­aus­formt, wodurch dann die See­len immer indi­vidu­eller und indi­vidu­eller wer­den kön­nen, ist Ahamkara [Ich-Mach­er, A.F.]. Das sind immer niedrigere und niedrigere Gestal­tun­gen der Urma­terie. Wir haben also die Urma­terie, deren näch­ste Form, die Bud­dhi und wiederum eine näch­ste Form, Ahamkara. Eine näch­ste Form ist Man­as [Ver­stand, A.F.], eine näch­ste Form sind die Sin­nesor­gane, eine näch­ste Form die feineren Ele­mente und die let­zte Form die stof­flichen Ele­mente, die wir in der physis­chen Umge­bung haben. So haben wir sozusagen eine Evo­lu­tion­slin­ie im Sinne der Sankhyaphiloso­phie. Oben ist das übersinnlich­ste Ele­ment ein­er spir­ituellen Urflut, und immer mehr und mehr sich verdich­t­end geht es bis zu dem, was wir um uns haben in den groben Ele­menten, aus denen auch der grobe men­schliche Leib aufer­baut ist.” (GA 142, Die Bha­gavad Gita und die Paulus­briefe, S. 17ff; Her­vorhe­bun­gen A.F.)

Die Weisheit strömt durch alles, was ins Leben drängt vom Him­mel auf die Erde. Das Licht aus Wel­tenhöhen ist Weisheit­slicht. Dieser Strom der himm­lis­chen Wass­er ist zunächst ein kalter Strom, ein geistiges Gebirgswass­er. Das Licht will für die Seele fließen. Doch ob dieser Licht-Strom auch im Bewusst­sein ankommt, daran hat der Men­sch Anteil. Die Seele muss sozusagen von sein­er Mün­dung im Men­schen hin­auf­schauen zur Quelle, um das Licht aus Wel­tenhöhen auch zu empfangen.

Was bringt dieses Weisheit­slicht aus Wel­tenhöhen nun zur Erschei­n­ung? Was wird sicht­bar? Das Mantra sagt, die Sicher­heit des Wel­tendenkens möge darin erscheinen. Das Wel­tendenken, das jedes Geschöpf aus­gedacht und dadurch zunächst als Idee denk­end erschaf­fen hat, besitzt Sicher­heit, Schaf­fenssicher­heit. Das Wel­tendenken weiß, wie das Schneeglöckchen oder die Biene gebildet wer­den müssen, damit sie lebens­fähig und Teil des großen ökol­o­gis­chen Zusam­men­hanges der Erde sein kön­nen. Im Betra­cht­en des Schneeglöckchens oder der Biene kann ich mir als Men­sch das in der Welt wirk­ende Wel­tendenken bewusst machen. Dadurch erscheint es in meinem Bewusstsein.

“Wel­tendenken” erzeugt ein Umkreis-Bild. Es ver­mit­telt, dass die Gedanken aus der Welt auf den Men­schen zu kom­men. Die Blüte über­mit­telt z.B. den Gedanken des Kreis­es, das Haus der Sch­necke den der Spi­rale und die Kante eines Kristalls den Gedanken des Winkels und der Ger­aden. Das gegen­teilige geschieht, wenn die Gedanken vor­rangig aus dem Men­schen kom­men, wenn er sich sel­ber etwas aus-denkt. Let­zteres unter­liegt der Gefahr der Willkür und ist deshalb mit Unsicher­heit und Zweifeln behaftet.

Erfasst der Men­sch die Welt und sein Leben nur mit dem irdisch logis­chen Denken des Intellek­ts, der die Wahrnehmungen nur mate­ri­al­is­tisch deutet, bleiben viele Fra­gen rät­sel­haft. Das Mantra spricht von See­len­rät­seln, die das Wel­tendenken löst, wenn es erschienen ist. Um welche Rät­sel kön­nte es sich da han­deln? Ich denke an die Fra­gen nach den Erken­nt­nis­gren­zen des Men­schen. Und ich denke an die großen Fra­gen des Daseins: an das Woher und Wohin des Men­schen, wenn die Begren­zung auf das Leben in einem physis­chen Kör­p­er über­wun­den wird — und damit in Zusam­men­hang ste­hend an die Fra­gen an das Schick­sal, nach dessen Sinnhaftigkeit. Auf all diese Fra­gen kann der Intellekt, wie er gegen­wär­tig wirkt, keine Antwort geben. Sie bleiben Seelenrätsel.

Erscheint nun im Bewusst­sein die Sicher­heit des Wel­tendenkens umflossen vom Licht, das alles Leben auf die Erde führt, gibt es auch für den Men­schen die Möglichkeit, seine See­len­rät­sel zu lösen. Das Wel­tendenken schenkt Sicher­heit. Diese Sicher­heit erkenne ich im holis­tis­chen Denken wieder. Dieses Denken wird auch her­metis­ches Denken genan­nt, weil es durch die Erk­lärung des einen mit dem anderen in sich abgeschlossen ist. Es ist das alte Mys­te­rien-Denken, das mit eini­gen weni­gen Grun­dan­nah­men (so oben wie unten; so innen wie außen; so im Großen wie im Kleinen) durch Analo­gie-Bil­dung zu Erken­nt­nis­sen kommt. So wurde in den Mys­te­rien die Sicher­heit der Erken­nt­nis der geisti­gen Welt gewonnen.

Wenn der Men­sch sich als Spiegel der Welt erlebt, bzw. die Welt als Spiegel sein­er selb­st, oder anders gesagt, als Mikrokos­mos der makrokos­mis­chen Welt, so kann er an allem, was er in der Welt beobachtet und erken­nt auch Erken­nt­nis über sich sel­ber gewin­nen. Der Jahres­lauf stellt dem Men­schen das große Wer­den und Verge­hen vor die Seele. Alle Geheimnisse der Seele sind in dessen Gliederun­gen, ins­beson­dere von Tag, Woche, Monat und Jahr enthal­ten. Sie leucht­en der men­schlichen Ver­nun­ft ein, sofern es geling, sie aus den Phänome­nen her­aus zu lesen. Das Wel­tendenken ist in den Erschei­n­un­gen der Welt enthal­ten — möge es dem Men­schen erscheinen, möge er in der Lage sein, es darin wahr-zunehmen.

Nach­dem die Sicher­heit des Wel­tendenkens erschienen ist, fließt das Licht aus Wel­tenhöhen weit­er. Es fließt ins Herz und ver­sam­melt die ganze Macht sein­er Strahlen dort. Warum? Das Ver­ste­hen der Rät­sel des Lebens ist eben nicht genug. Die Kon­se­quen­zen des Ver­stande­nen müssen auch gefühlt wer­den. Nur so wirkt es sich im Leben aus. Im Englis­chen sagt man: learn­ing by heart – und meint damit das Auswendigler­nen. Nur was im Herzen ankommt, wird zum seel­is­chen Eigentum.

So wie das Herz in der Embry­ona­len­twick­lung zunächst ober­halb des Kopfes gebildet wird und dann nach innen wächst, muss auch das Licht aus Wel­tenhöhen nach innen fließen — sich im Herzen sam­meln. Im Herzen weckt das Licht aus Wel­tenhöhen die Liebe. Sie ist da und schläft wie Dorn­röschen. Der Prinz, der ver­ste­hende Geist, kann sie weck­en. Es ist so, dass nur das, was wirk­lich vom ver­ste­hen­den Geist gese­hen und erkan­nt wurde, wegen sich sel­ber geliebt wer­den kann. Ohne dieses wirk­liche Begreifen des Anderen gilt die Liebe nur der eige­nen Vorstel­lung bzw. grün­det auf dem eige­nen Nutzen.

Das Licht aus Wel­tenhöhen strömt von oben herab, lässt das Wel­tendenken erscheinen und strömt weit­er ins Herz. Es ver­sam­melt die ganze Macht sein­er Strahlen dort – vielle­icht so, wie das Wass­er der Flüsse sich im Meer sam­melt und dort zur Ruhe kommt. Aus dieser Ruhe erwacht etwas Neues. Es wird geweckt, ger­ade so wie wir sagen, dass die Erde von der Sonne im Früh­ling geweckt wird. Im Herzen wird vom Licht aus der Höhe die Liebe geweckt. Die Liebe ist eine warme Kraft. Sie strahlt vom Herzen als ihrem Mit­telpunkt aus. Sie kann bren­nen wie Feuer und leucht­en und wär­men wie die Sonne. Die Liebe erhebt, was als Strom der Weisheit auf die Erde geströmt ist, was sich inkarniert hat — und dadurch sterblich wurde. Die Liebe hebt es wieder hin­auf, so wie die Sonne das Wass­er ver­dun­sten und wieder auf­steigen lässt.

Ergänzung

Das Einziehen des Christus-Impulses in die Seele

Rudolf Stein­er beschreibt das Einziehen des Ichs, des Chris­tus-Impuls­es in die Seele ähn­lich dem im Mantra geschilderten Prozess. Das Licht kommt von außen, aus Wel­tenhöhen, dann sam­melt es sich im Herzen und wird zur Liebe. Diese strahlt von innen nach außen. Rudolf Stein­er sagt über das Ich: „Das, was nach dem Mys­teri­um von Gol­gatha der Men­sch in sich sel­ber als den Chris­tus-Impuls zu suchen hat­te, das er zu find­en hat­te im Sinne der Paulin­is­chen Form: «Nicht ich, son­dern der Chris­tus in mir», das mußte er vor dem Mys­teri­um von Gol­gatha nach außen suchen, das mußte er so suchen, als ob es ihm aus den Wel­tenweit­en wie eine Offen­barung hereinkäme. Und je weit­er wir im Zeit­en­lauf zurück­ge­hen, desto glanzvoller, desto impul­siv­er war die äußere Offen­barung. Man kann also sagen: In den Zeit­en vor dem Mys­teri­um von Gol­gatha ist eine gewisse Offen­barung an die Men­schheit vorhan­den, eine Offen­barung an die Men­schheit, die so geschieht, wie wenn der Son­nen­schein von außen einen Gegen­stand bestrahlt. Wie wenn das Licht von außen auf diesen Gegen­stand fällt, so fiel das Licht der geisti­gen Sonne von außen auf die Seele des Men­schen und über­leuchtete sie.

Nach dem Mys­teri­um von Gol­gatha kön­nen wir das, was in der Seele wirkt als Chris­tus-Impuls, also als das geistige Son­nen­licht, so ver­gle­ichen, daß wir sagen: Es ist, wie wenn wir einen selb­stleuch­t­en­den Kör­p­er vor uns hät­ten, der sein Licht von innen ausstrahlt. Dann wird uns, wenn wir die Sache so betra­cht­en, die Tat­sache des Mys­teri­ums von Gol­gatha zu ein­er bedeut­samen Gren­ze der Men­schheit­sen­twick­elung, dann wird uns dieses Mys­teri­um von Gol­gatha zu ein­er Gren­ze. Wir kön­nen das ganze Ver­hält­nis sym­bol­isch darstellen.

Wenn uns dieser Kreis (links) die men­schliche Seele bedeutet, so kön­nen wir sagen: Das Geis­tes­licht strahlt von allen Seit­en von außen an diese men­schliche Seele her­an. Dann kommt das Mys­teri­um von Gol­gatha, und nach ihm hat die Seele in sich sel­ber den Chris­tus-Impuls und strahlt aus sich her­aus das­jenige, was in dem Chris­tus-Impuls enthal­ten ist (rechts).

Wie ein Tropfen, der von allen Seit­en bestrahlt wird und in dieser Bestrahlung erglänzt, so erscheint uns die Seele vor dem Chris­tus-Impuls. Wie eine Flamme, die inner­lich leuchtet und ihr Licht ausstrahlt, so erscheint uns die Seele nach dem Mys­teri­um von Gol­gatha, wenn sie in die Lage gekom­men ist, den Chris­tus-Impuls aufzunehmen.“ (Stein­er, GA 142, Die Bha­gavad Gita und die Paulus­briefe, 4. Vor­trag 31.12.1912, S. 81ff).