45 t

Es fes­tigt sich Gedankenmacht

Im Bunde mit der Geistgeburt,

Sie hellt der Sinne dumpfe Reize

Zur vollen Klarheit auf.

Wenn See­len­fülle

Sich mit dem Wel­tenwer­den einen will,

Muss Sin­nesof­fen­barung

Des Denkens Licht empfangen.

Valentinstag — Tag der Liebenden

Der Valentin­stag am 14. Feb­ru­ar wurde als Gedenk­tag des hl. Valenti­nus von Papst Gela­sius schon im Jahre 496 für die ganze Kirche einge­führt. Zwar wurde er 1969 aus dem römis­chen Gen­er­al­ka­len­der gestrichen, doch seine Beliebtheit (und gewaltige Kom­merzial­isierung) wuchs unge­bremst bis heute — und das fast weltweit. Angesichts eines geschichtlichen und chris­tol­o­gis­chen Rück­blicks habe ich ver­stärkt den Ein­druck, dass sich hier ein Geheim­nis ver­birgt. Möglich­er Weise ste­ht hin­ter diesem Fest eine geheime Wahrheit, die sich immer stärk­er Bahn bricht. Durch das Mantra 45 t wird dieses Phänomen ver­ständlich — und auch das Mantra wird durch diesen Tag erhellt.

Der Valentin­stag ste­ht mit dem kom­plet­ten Jahres­lauf in ein­er beson­deren Beziehung. Es sind 40 Tage von Wei­h­nacht­en (38 m) bis Lichtmess am 2. Feb­ru­ar (meist 44 s) und eben­so 40 Tage vom 6. Jan­u­ar, dem Dreikönigs- und Tauf-Tag (meist 40 o) bis zum Valentin­stag am 14. Feb­ru­ar. Bei­de Zeitspan­nen über­lap­pen sich zum Teil. Gemein­sam umfassen sie genau 52 Tage (vom 25.12. bis zum 14.2. ein­schließlich). Das sind eben­so viele Tage, wie das Jahr Wochen hat. Ist das Zufall? Oder ver­birgt sich dahin­ter ein in Tagen aus­ge­drück­ter Jahreskreis? Kön­nte diese Zeitspanne bildlich gesprochen nicht als der kleine Samen der großen Jahre­spflanze betra­chtet wer­den, als der Samen, aus dem das Jahr her­vor­wächst? Dann entspräche jedem einzel­nen der 52 Tage eine Woche im Jahr. Dieser 52 “Tage-wie-Wochen-Kreis” mutet wie ein Auge an, das als Vor­blick in Tagen sicht­bar macht, was in den Wochen des Jahres zu erwarten sein könnte.

Am Valentin­stag run­det sich also diese Zeitspanne des Vor­blicks. Sie ist deshalb bildlich ver­gle­ich­bar der Iris des Auges. Jed­er Tag erscheint im über­tra­ge­nen Sinne als Pupille, als Linse. Der Tag reflek­tiert, was als viel größere Real­ität außen sicht­bar ist — der Durch­gang durch den neu begonnenen Jahreskreis.

Der Valentin­stag ist stets am 14. Feb­ru­ar. Er liegt ohne Anpas­sung der Mantren an das kom­mende Oster­fest meist in der Woche 45 t, etwas sel­tener in der Woche 46 u. Im Jahr 2023 lag er ohne Anpas­sung in der Woche 46 u, mit Anpas­sung aber wieder in der Woche 45 t. Im Jahr 2024 ist es anders herum. Ohne Anpas­sung wäre der Valentin­stag in der Woche 45 t, mit Anpas­sung aber in der Woche 46 u. Da er in diesem Jahr auf einen Mittwoch fällt, ist es gle­ichzeit­ig der Aschermittwoch.

So wie Lichtmess 40 Tage nach Wei­h­nacht­en (gezählt ab dem 25.12., dem ersten heili­gen Tag) gefeiert wird und vom Wesen her zur Woche 44 s gehört (siehe dort), liegt der Valentin­stag 40 Tage nach dem 6. Jan­u­ar (der 6. 1. wird mit­gezählt). Was die Anpas­sung bet­rifft, stelle ich es mir so vor, dass die Mond-Energie der Oster­scholle zunächst schwach ist und noch von der Son­nen-Energie über­lagert wird. Dadurch sind für die Wochen 44 s und 45 t bei­de Per­spek­tiv­en richtig. Das ändert sich erst mit Ascher­mittwoch, dessen vari­ables Datum durch den Abstand zum Oster­fest bes­timmt wird und dadurch immer in der Krisen­woche 46 u liegt.

Am 6. Jan­u­ar wird die Taufe Jesu im Jor­dan­fluss gefeiert (siehe 40 o). Danach bericht­en die Evan­gelien (Matthäus 4, 1–11, Markus 1, 12–13 und Lukas 4,1–13), dass sich Chris­tus 40 Tage in die Wüste zurück­zog, betete und fastete. Als Abschluss dieser Zeit wird berichtet, dass er vom Teufel ver­sucht wurde. Diese vierzig Tage der umfassenden Wesen­strans­for­ma­tion enden also am 14. Feb­ru­ar. Die Phase von 40 Tagen hat stets diese trans­formierende Bedeu­tung — entsprechend der 40 Wochen, die der Men­sch im Mut­ter­leib reift. Von da an beg­ibt sich Chris­tus unter die Men­schen, sam­melt seine Jünger um sich und begin­nt sie zu lehren. Der im Men­schen inkarnierte Gott begin­nt sich mit der Men­schheit zu vere­ini­gen, sich ihr hinzugeben.

Vierzig Tage sind fünf Wochen und fünf Tage (35+5 Tage). Mir scheint diese Dop­pelung der Fünf enthält eine weit­ere wesentliche Aus­sage darüber, was mit den 40 Tagen zusam­men­hängt. Die Zahl 40 kommt im Alten Tes­ta­ment und in den Evan­gelien immer wieder an Stellen großer Verän­derung vor. Rudolf Stein­er nen­nt das Geist­selb­st das fün­fte Prinzip, das fün­fte Wesens­glied, das für uns noch ein zukün­ftiges ist. Es wird Man­as genan­nt und ist das eigentliche Man­na, das während der Wüsten­wan­derung, die 40 Jahre dauerte, auf das jüdis­che Volk herabreg­nete. Seit­dem begin­nt sich dieses Prinzip in der Men­schheit immer mehr zu ver­wirk­lichen. Die 40 spricht also im Grunde davon, das Geist­selb­st zu emp­fan­gen und zur Erschei­n­ung zu bringen.

Zur all­ge­mein bekan­nten Sym­bo­l­ik des Valentin­stages gehört die Vere­ini­gung der Lieben­den, aus­ge­drückt durch die in der Natur begin­nende Paarungszeit der Vögel, die Vogel­hochzeit­en. Die Leg­ende zum heili­gen Valentin berichtet außer­dem von ein­er Blind­en­heilung.  Valentin heilte vor seinem Mär­tyr­ertod Julia (die Fröh­liche, Göt­tliche), die Tochter seines Auf­se­hers Aster­ius (Stern) von ihrer Blind­heit. Daraufhin wur­den alle Fam­i­lien­ange­höri­gen und Diener Chris­ten, ins­ge­samt 47 an der Zahl. Damit bildet die Sym­bo­l­ik des Valentin-Tages ein exak­tes Pen­dant zum Lichtmess-Tag. Ging es beim Lichtmess­fest um die Reini­gung (von Maria), also um die Tren­nung von allem was nicht zum ure­igen­sten Wesen der Seele gehört sowie um das Licht (Kerzen­wei­he), um das innere See­len­licht, — so geht es beim Valentin­stag um das Gegen­teil, um Vere­ini­gung, und um das durch das Licht ermöglichte Sehen. Es geht um die Vere­ini­gung von ent­ge­genge­set­zten Kräften, um Befruch­tung, Zeu­gung und Empfäng­nis — und um das Sehen dessen, was daraus erwächst. Lichtmess ist ein deut­lich weib­lich kon­notiertes Fest, ein Marien­fest. Der Valentin­stag ist dementsprechend ein männlich­es Fest, ins­beson­dere wenn der oben erwäh­nte Bezug zum Leben Christi mitgedacht wird.

Die Lupercalien

Oft wird ver­mutet, dass der Valentin­stag auf das römis­che Fest der Luper­calien zurück­ge­ht. Dies ist aber wohl nicht der Fall. Der beschriebene Fes­tri­tus sagt aber etwas über die Oster­scholle. Es han­delt sich um einen alten Frucht­barkeit­sri­tus, der um den 13. bis 15. Feb­ru­ar gefeiert wurde. Das Fest stand in Zusam­men­hang mit der Juno Feb­ru­a­ta, der Reinigerin. Papst Gela­sius, der auch den Valentin­stag ein­führte, schaffte die Luper­calien am Ende des 5. Jahrhun­derts nach Chris­tus ab. Es liegt also die Ver­mu­tung nahe, dass Gela­sius die Luper­calien durch das Fest der Purifi­ca­tio Mari­ae erset­zt habe. Dies fiel damals auf den 14. Feb­ru­ar, da die Erschei­n­ung des Her­rn (die Geburt) am 6. Jan­u­ar gefeiert wurde. Erst im 6. Jahrhun­dert wurde das Fest Mar­iä Reini­gung auf den 2. Feb­ru­ar gelegt, weil das Geburts­feste auf die Nacht des 24. Dezem­ber fest­gelegt wurde.

Das Fest der Luper­calien galt dem Her­den­gottes Faunus, der den Beina­men Luper­cus („Wolf­s­ab­wehrer“) führte. Ihm war eine heilige Grotte (Luper­cal) gewei­ht, in der sein mit einem Ziegen­fell umhängtes Bild aufgestellt war. Zu Beginn der Feier wurde ein Bock im Luper­cal geopfert. Darauf fol­gte ein Opfer­mahl. Während der Opferz­er­e­monie wur­den zwei vornehme junge Män­ner von den Priestern mit dem bluti­gen Mess­er an der Stirn berührt, andere wis­cht­en das Blut mit in Milch getränk­ter Wolle wieder ab. Die jun­gen Män­ner mussten lachen. Nach dem Mahl ban­den sich die anson­sten nack­ten Priester, die Luper­ci, die Felle der geopfer­ten Böcke um die Hüften, zer­schnit­ten andere Felle in Riemen und gin­gen so durch die Stadt. Ver­heiratete Frauen stell­ten sich ihnen in den Weg, um sich von ihnen mit den Riemen in die Hand schla­gen zu lassen. Sie erhofften sich dadurch Kindersegen.

Der Schlag mit den Riemen lässt mich an den Ein­schlag des Oster-Impuls­es denken, der das Jahr befruchtet und indi­vid­u­al­isiert. Die bei­den Jünglinge, deren Opfer­ung (Blut) und Wieder­bele­bung (Milch) sym­bol­isch angedeutet wird, scheinen mir auf Tod und Aufer­ste­hung des Chris­tus zu deuten.

Der Beiname “Wolf­s­ab­wehrer” kön­nte auch Odhin beigelegt wer­den, ist er es doch, der im Kampf der Göt­ter­däm­merung gegen den Wolf anzutreten hat — und unter­liegt. Der Fen­ris­wolf, Odhins Geg­n­er, per­son­ifiziert die ver­här­tenden Kräfte im Äther­leib, die das alte Hellse­hen durch den aufk­om­menden Intellekt aus­löschen. In den Luper­calien um den 14. Feb­ru­ar find­et sich also auch ein Hin­weis auf die Hell­sicht, die die 52 Tage-für Wochen-Zeitspanne ermöglicht. Doch ist die Über­tra­gung ein­er Mytholo­gie (Odhin und der Fen­ris­wolf) aus dem einen Kul­turzusam­men­hang auf die Tra­di­tion (Luper­calien) aus einem anderen Kul­turzusam­men­hang nur unter einem Gesicht­spunkt erlaubt: bei­de müssen Überbleib­sel ein­er noch älteren, gemein­samen Weisheit­stra­di­tion sein. Wie die Venus­fig­uri­nen aus der mit­tleren Steinzeit bezeu­gen, gab es diesen ein­heitlichen Kul­turzusam­men­hang über sehr viele tausend Jahre von Sibirien bis Spanien. Mit dem Fest der Luper­calien und dem mod­er­nen Valentin­stag begeg­nen wir möglicher­weise einem Rest dieser ural­ten Weisheit­stra­di­tion, bzw. Urre­li­gion, deren Grund­lage nach mein­er Ansicht die Jahres­lauf-Weisheit war, die uns der See­lenkalen­der aufs Neue schenken kann.

Weltenwerden

Im Mantra find­et sich das Wort “Wel­tenwer­den” Sicher­lich ist es richtig, Wel­tenwer­den als Entwick­lung der Welt zu ver­ste­hen. Doch Entwick­lung, sofern sie eine Höher­en­twick­lung meint, set­zt ein Wesen voraus, das sich entwick­elt, das einem Ziel zus­trebt. Wer ist also das Wel­tenwe­sen und hat dieses Wesen wie der Men­sch die Fähigkeit zu denken, zu fühlen und zu wollen? Rudolf Stein­er spricht tat­säch­lich davon, dass es ein Wel­tendenken, ein Wel­tenfühlen und einen Wel­tenwillen gibt und somit ein Wel­tenwe­sen hin­ter dem Prozess des Wel­tenwer­dens. Der Men­sch hat an diesem Wesen Anteil. Rudolf Stein­er sagt, dass des Nachts die kos­mis­chen See­len­fähigkeit­en des Wel­tendenkens, Wel­tenfüh­lens und Wel­tenwol­lens in den Men­schen ein­strö­men, nur bemerken er dies meist nicht: “Wenn wir nun aber des Mor­gens … aufwachen, … dann merken wir, daß alles das­jenige, was wir in unserem Leben an Willen, an Gefühl, an Denken in uns entwick­eln kön­nen, eine Kleinigkeit ist gegenüber der Kraft der Gedanken, der Kraft des Füh­lens und der Kraft des Wol­lens, die in der geisti­gen Welt aus­ge­bre­it­et sind, aus der wir am Mor­gen her­auskom­men im Moment des Aufwachens; und wir merken, daß wir das brauchen, was wir in der Nacht einge­so­gen haben, denn wir wür­den nicht weit kom­men, wenn wir nur das­jenige an Gedanken und Gefühlen und an Wollen entwick­el­ten, was wir durch das Tagesleben entwick­eln kön­nen. Da muß uns wie eine Gabe aus geisti­gen Wel­ten, aus den höheren Kräften des Wel­tendenkens, des Wel­tenfüh­lens, des Wel­tenwol­lens die ganze Nacht über zus­trö­men das­jenige, was nun mit uns in unser eigenes Innere hin­un­ter­steigt. Wenn wir uns zuerst bewußt gewor­den sind, daß wir einge­so­gen haben in unsere Seele Wel­tenwollen, Wel­tenfühlen, Wel­tendenken, dann merken wir, daß diese drei Grund­kräfte nicht das­jenige sind, was wir uns sel­ber aus dem Leben angeeignet haben an Denken, Fühlen und Wollen, son­dern etwas, was ohne unser Zutun uns zus­trömt vom Ein­schlafen bis zum Aufwachen. .…

So sehen wir diese drei Kräfte am Men­schen im Schlafzu­s­tande arbeit­en, und sie wirken so in uns fort, daß sie unseren äußeren Men­schen vom Mor­gen bis zum Abend so anfeuern, daß er voll­brin­gen kann, was er voll­brin­gen soll. Wenn wir dies ins Auge fassen, dann kön­nen wir uns sagen, es ist in der Tat unsere Seele recht klein gegenüber dem, was da in der großen Welt ist, in die wir aus­gegossen waren während des Schlafzu­s­tandes; aber es ist unsere Seele dem doch ähn­lich. So wie in unser­er Seele sich nach und nach zu immer höher­er und höher­er Stufe entwick­eln Denken, Fühlen und Wollen, so ist draußen in der unsicht­baren, übersinnlichen Welt das aus­gegossen, was Wel­tenfühlen, Wel­tendenken, Wel­tenwollen ist.” (GA 119, 4. Vor­trag Wien, 24. März 1910, S. 113ff.)

Indem das Wel­tendenken, Wel­tenfühlen und das Wel­tenwollen des nachts in den Men­schen ein­strömt, ste­ht jed­er Men­sch in Verbindung mit dem Wel­tenwe­sen und dessen Entwick­lung. Der Men­sch empfängt dadurch vom Wel­tenwe­sen seine Entwick­lungsange­bote. Doch wie sieht es mit der anderen Seite des Aus­tauschs aus? Geben auch die Men­schen dem Wel­tenwe­sen etwas für seine Entwick­lung? Darauf scheint mir das Mantra 45 t eine Antwort zu geben.

Die Verteilung der Mantren im Jahreslauf, die in der neutralen, dritten Person geschrieben sind

Im See­lenkalen­der gibt es zwei ver­schiedene Per­spek­tiv­en, die in den Mantren ein­genom­men wer­den: Die einen sind aus der Per­spek­tive eines bewussten Ich-Sprech­ers geschrieben, die anderen in der neu­tralen gram­matikalisch drit­ten Per­son. Let­ztere beschreiben dadurch Vorgänge, die Natur­vorgän­gen entsprechen und tief im Unter­be­wusst­sein ablaufen. Anders als die Prozesse der Mantren mit einem bewussten Ich-Sprech­er sind sie nicht auf die freie und bewusste Mitwirkung des Men­schen angewiesen. Bis auf wenige Aus­nah­men liegen diese “unbe­wussten” Mantren im Win­ter-Viertel­jahr bzw. in der Osterscholle

Auch das Mantra 45 t ist in der drit­ten Per­son geschrieben. Im ganzen Win­ter-Viertel­jahr sind nur die Sprüche 40 o, 44 s, 46 u, 47 v aus der Ich-Per­spek­tive gestal­tet, alle anderen ste­hen in der drit­ten Per­son. Bei genauer­er Betra­ch­tung zeigt sich, dass im Jahr alle vier Licht­sprüche in der drit­ten Per­son ste­hen, alle Krisen- und Zwis­chen­sprüche in der ersten. Deshalb sind kon­se­quenter­weise auch 46 u und 47 v als Krisen- und Zwis­chen­spruch in der Ich-Per­spek­tive geschrieben. Darüber hin­aus sind es im Win­ter-Viertel­jahr nur die Mantren 40 o und 44 s — bei­de am Beginn ein­er neuen Phase: 40 o ist das erste Mantra im Win­ter-Viertel­jahr, 44 s das erste der Oster­scholle. Damit ste­hen sie an ein­er Gren­ze, an ein­er Schwelle und ähneln deshalb den Krisensprüchen.

Diese Charak­ter­is­tik des Win­ter-Viertel­jahres, — die Per­spek­tive der unbe­wussten drit­ten Per­son, — set­zt sich in der Oster­scholle zunächst auch im Früh­lings-Viertel­jahr fort. Vom Licht­spruch 48 w bis zum Licht­spruch 5 E sind es zehn Mantren, die das Osterge­heim­nis und die Schwelle vom Win­ter- zum Som­mer-Hal­b­jahr sym­metrisch mit tiefer Unbe­wuss­theit umgeben. Im ganzen weit­eren Jahres­lauf außer­halb des Win­ter-Viertel­jahres ste­ht außer den Licht­sprüchen nur noch das Mantra 24 X in der drit­ten Per­son. Alle anderen sind in diesem Sinne “bewusste” Mantren. Diese Verteilung macht deut­lich, dass es im Win­ter-Viertel­jahr um Leib­bil­dung geht, die laut Rudolf Stein­er ger­ade auf den Schlafzu­s­tand des Bewusst­seins angewiesen ist. Es geht hier um die Zeit der Schwanger­schaft und dann weit­erge­hend nach der Hal­b­jahres-Schwelle um das Leben im physis­chen Leib, dass sich in der nachöster­lichen Zeit, in den Wochen 1 A bis 9 I (großes i) abbildet. Nur die let­zten vier Stufen, die Mantren 6 F bis 9 I zeigen mit dem bewussten Ich-Sprech­er Möglichkeit­en bewusster Ein­flussnahme. Alle anderen Stufen ver­laufen naturgesetzlich.

Warum set­zt das Bewusst­sein ger­ade mit dem Mantra 6 F ein — oder anders gefragt, wofür kön­nten die neun Stufen der Oster­scholle ste­hen? Betra­chte ich sie vor dem Hin­ter­grund des neungliedri­gen Men­schen­bildes, so sagt das Mantra 1 A etwas über den physis­chen Leib, das Mantra 2 B etwas über den Äther­leib, 3 C etwas über den Astralleib, 4 D etwas über die Empfind­ungsseele, 5 E etwas über die Ver­standes- oder Gemütsseele, 6 F etwas über die Bewusst­seinsseele, 7 G etwas über das Geist­selb­st, 8 H etwas über den Lebens­geist und 9 I etwas über den Geist­men­schen. Mit der Bewusst­seinsseele (6 F) tritt also erst­mals der bewusste Ich-Sprech­er auf. Die Ich-Per­spek­tive offen­bart, dass der Men­sch nun Denken, Fühlen und Wollen sel­ber verantwortet.

Was geschieht im Mantra 45 t?

Das Mantra 45 t ist ein ganz beson­deres! Es gliedert sich in zwei Satz-Aus­sagen. Zwis­chen diese bei­den Sätze hat Rudolf Stein­er für die eury­th­mis­che Dar­bi­etung eine stumme Form einge­fügt. Das gibt es son­st nir­gends. Dadurch gibt es in der Mitte dieses Mantras eine (lange!) bewegte Pause. Nicht ein­mal Laut­ge­bär­den sind angegeben! Was ist es, das sich in diesem bewegten Raum des Schweigens vol­lzieht? Was ist so unaussprech­lich, so heilig, dass eine stumme Eury­th­mie-Form der angemessene Aus­druck — und im gedruck­ten Text kein­er­lei Hin­weis darauf zu find­en ist?

Doch zunächst zum ersten Satz des Mantras:

Die Gedanken­macht fes­tigt sich. Nicht ich bin es, — einen bewussten Ich-Sprech­er gibt es nicht — der sich konzen­tri­ert und dadurch das Denken fes­tigt, nein die Gedanken­macht wird sel­ber dichter, irdis­ch­er kön­nte man vielle­icht sagen. Dies geschieht im Bund mit der Geist­ge­burt. Die Geist­ge­burt hat einen Bund geschlossen mit der Gedanken­macht. Es klingt der Bund Gottes an, den Jahve ein­st­mals mit dem jüdis­chen Volk geschlossen hat­te. Deshalb war ihr Heilig­stes die Bun­deslade. Es war Moses, der im bren­nen­den Dorn­busch Jeho­va erlebte, der sich ihm kund­tat als der „Ich-bin-der-ich–bin“. Damit stand Mose auch die Göt­tlichkeit des eige­nen Ichs vor Augen. Mit diesem im eige­nen Inneren ins­ge­heim wohnen­den Gott schloss Mose einen Bund, um diesem Ich zur Ver­wirk­lichung im Men­schen­leben zu ver­helfen. Im Denken wird dieses Ich erkan­nt. Gedanken­macht und das geist-geborene Ich sind aufeinan­der angewiesen, sind ver­bun­den. Sie haben einen Bund geschlossen. Dieser Bund ist dem Zugriff des Egos ent­zo­gen und deshalb auch nicht lös­bar. Er wird als Tat­sache im Mantra vor uns hingestellt.

Und noch ein weit­er­er Gedanke schließt sich an den Bund der Gedanken­macht mit der Geist­ge­burt an. Auch im Mantra 44 s spielte die Geist­ge­burt eine Rolle. Es hieß dort: „Einge­denk vol­l­zo­gen­er Geist­ge­burt“. Im gegen­wär­ti­gen Mantra 45 t heißt es: „Im Bunde mit der Geist­ge­burt“. Im erst­ge­nan­nten Mantra ver­half die Geist­ge­burt zu See­len­klarheit. Dort habe ich die Geist­ge­burt als mein vom Kör­p­er unab­hängiges Sein, mein Geist-Sein beschrieben. Auch im Mantra 45 t wirkt sie und ver­hil­ft der Gedanken­macht zu Fes­tigkeit. Das Denken wird urteilssich­er. Die Geist­ge­burt, der Geist in mir wirkt als Logik, als Logoskraft im Denken. Es ist die Logik, die der Gedanken­macht Fes­tigkeit ver­lei­ht. Den “alten Griechen” war es ein selb­stver­ständlich­es Erleben, dass die im Denken wirk­enden logis­chen Geset­ze mit dem Logos, dem alles weisheitsvoll erschaf­fend­en Wel­tenwort im Zusam­men­hang ste­hen. Logik im Denken wal­ten zu lassen bedeutete, mit dem Geist ver­bun­den, mit dem Geist im Bunde zu sein. Auch heute wird logis­ches Denken als machtvoll, überzeu­gend erlebt. Durch logis­ches Denken wer­den Zusam­men­hänge hergestellt, die die einzel­nen Sinneswahrnehmungen ord­nen, zur Klarheit brin­gen und Wahrheit auf­scheinen lassen.

Der zweite Teil des ersten Satzes ist auf zweifache Art les­bar: “Sie”, die Gedanken­macht oder “Sie”, die Geist­ge­burt hellt die dumpfen Reize der Sinne auf zu voller Klarheit. Da Gedanken­macht und Geist­ge­burt ver­bun­den wirken, sind bei­de Lesarten möglicher­weise gewollt, zeigen sie doch die unter­schiedlichen Per­spek­tiv­en auf. Ich tendiere dazu, die Geist­ge­burt zu ver­ste­hen (siehe oben), ist sie doch das zulet­zt genan­nte Sub­jekt und deshalb das vom Satzbau naheliegende.

Der Zus­tand der Erleuch­tung wird hier beschrieben. Der Men­sch erhält volle Klarheit, Klarheit über alles außer ihm Befind­liche, über alles, was die Sinne erschließen. Er erken­nt wie er mit der Welt in Zusam­men­hang ste­ht, wie Makrokos­mos und Mikrokos­mos eine Ein­heit bilden.

An dieser Stelle ste­ht die stumme Form.

Wenn die Wahrnehmung und das Denken sich in unserem Bewusst­sein verbinden, gehen sie eine Hochzeit, eine Vere­ini­gung ein. Es kommt zu ein­er Befruch­tung, zu ein­er Zeu­gung. Aus der die Seele befruch­t­en­den Wahrnehmung erschafft das Denken den Begriff. Entsprechend der For­mulierung des Mantras in der unbe­wussten drit­ten Per­son, beschreibt Rudolf Stein­er den Prozess der Begriffs­bil­dung als dem Wach­heits­grad des Schlafes entsprechend. Er sagt, wir schließen durch Logik im wachen Tages­be­wusst­sein, bilden die Urteile im Traum­be­wusst­sein und den Begriff im Schlaf­be­wusst­sein. Der Begriff ist das vom Men­schen erschaf­fene Kind. Die Zeu­gung eines neuen Wesens, der heilige Moment der Erschaf­fung eines lebendi­gen neuen Form-Leibes wird mit der stum­men Eury­th­mieform dokumentiert.

Nun fol­gt der zweite Satz:

Dieser Satz liefert die Begrün­dung für die Notwendigkeit der Zeu­gung: Eine “Wenn – will — muss”- Ver­ket­tung ist das Grund­schema des Satzes. Dies ist fast eine “Wenn – dann” For­mulierung, die Ursache-Wirkungszusam­men­hänge verdeut­licht. Doch zunächst muss die Seele ein­ver­standen sein. Ihre Zus­tim­mung ist Bedin­gung. Wenn die Seele mit der ganzen Fülle ihres reichen Innen­lebens Anteil an der Entwick­lung der Welt, am Wel­tenwer­den haben will, wenn sie sel­ber wieder in den Fluss der Zeit und Entwick­lung ein­treten und die Zukun­ft mit­gestal­ten will, — wenn sie sich also vere­inen will mit dem Wer­den der Welt, dann muss diese Empfäng­nis stat­tfind­en. Wenn die Seele also mit dem “Wenn” ein­ver­standen ist, dann allerd­ings gibt es nur einen Weg. Dann muss sie. Sie muss die Wahrnehmungs­seite ihres Wesens in Kon­takt brin­gen mit der Denk­seite. Die Sin­nesof­fen­barung der Wahrnehmungs­seite muss das Licht des Denkens empfangen.

Die Seele erscheint hier mit ein­er weib­lich-emp­fan­gen­den und ein­er männlich-befruch­t­en­den Seite. Das Pen­deln zwis­chen Wahrnehmung und Denken um die Zeile der Geist­ge­burt im Mantra 44 s find­et nun zu seinem Ziel, der Vere­ini­gung dieser Gegen­sätze. Diese Vere­ini­gung von Wahrnehmung und Denken geschieht im Men­schen in solch­er Stetigkeit und Geschwindigkeit, dass Rudolf Stein­er im Vor­wort zum See­lenkalen­der vom “zeit­losen Wahrnehmungs- und Gedanken­rhyth­mus” spricht. Dieser Prozess ist uns so alltäglich, kaum dass wir vom Schlaf erwacht sind, dass wir das Gewaltige, was hier geschieht, übersehen.

Sin­nesof­fen­barung muss das Licht des Denkens emp­fan­gen. Eine Empfäng­nis muss stat­tfind­en! Das, was die Sinne offen­baren, muss durch das Licht des Denkens befruchtet wer­den. Inter­es­san­ter­weise ist das Denken hier eine männlich-zeu­gende Kraft, die Wahrnehmung dage­gen die emp­fan­gend-weib­liche. Wie ist das zu ver­ste­hen? Die Sinne offen­baren uns die Natur, die materielle Welt. Materie kommt von Mater, Mut­ter. Mut­ter Erde schenkt uns die Wahrnehmungen und deshalb sind ihre Offen­barun­gen eben­so weib­lich­er Natur. Sie sind ihre Töchter. Mit der Sin­nesof­fen­barung ver­mählt sich das Denken. Es entstammt der Gedanken­macht, die im Bunde mit der Geist­ge­burt ist. Demgemäß ist das Denken die Real­isierung dieser Gedanken­macht, ihr Sohn. Sin­nesof­fen­barung und Denken zeu­gen nun gemein­sam den Begriff. Der Begriff ist ein geistiges Bild des ver­stande­nen Zusam­men­hanges, eine primär geistige Wahrnehmung, die durch Worte mit­teil­bar wird, die aber nicht der ver­bale Begriff ist.

Im Mantra 45 t tritt das Geheim­nis der Empfäng­nis und Zeu­gung vor den Leser. Dieses Geheim­nis wird im zweit­en Satz aus der weib­lichen Per­spek­tive geschildert als eine Empfäng­nis. Es ist die weib­liche Kraft, die das Licht des Denkens auf die Erde trägt und als Begriff gebiert. Eine ein­mal gemachte Wahrnehmung sitzt in der Seele, auch wenn sie vergessen wird. Jede Wahrnehmung wartet sozusagen darauf, vom Licht des Denkens durch­drun­gen, „geliebt“ und ver­ar­beit­et zu werden.

Um das Mantra zu ver­ste­hen, habe ich auf den in der Seele stat­tfind­en­den Prozess von Wahrnehmung und Denken geschaut. Dies ist der kleine, mikrokos­mis­che Prozess. Das Mantra sagt jedoch deut­lich, dass auch der makrokos­mis­che gemeint ist. Das Wel­tenwer­den geht defin­i­tiv über den indi­vidu­ellen, kleinen See­len­prozess hin­aus. Mit diesem Mantra ist auch der zur Zeu­gung, zur Inkar­na­tion führende Entschluss der noch nicht verkör­perten Seele beschrieben. Sowohl die eigene Zeu­gung als auch die eigene Empfäng­nis kön­nen in diesem Mantra miter­lebt werden.

Der erste Satz des Mantras zeigt den eher männlichen Geist-Aspekt des Men­schen der zweite den eher weib­lichen See­len-Aspekt. Zwis­chen bei­den vol­lzieht sich in absolutem Schweigen die Vere­ini­gung, die als Empfäng­nis im weib­lichen See­len-Satz zur Erschei­n­ung kommt. Im männlichen Geist-Satz offen­bart sich die männliche Qual­ität als Geist­ge­burt — als Sohn und damit als Vor­weg­nahme bzw. Ergeb­nis der Empfängnis.

In den kom­menden Mantren führt der See­lenkalen­der durch die Stufen der Schwanger­schaft bis zur Geburt in der Karwoche.