24 X

Sich selb­st erschaf­fend stets,

Wird See­len­sein sich selb­st gewahr;

Der Wel­tengeist, er stre­bet fort

In Selb­sterken­nt­nis neu belebt

Und schafft aus Seelenfinsternis

Des Selb­stsinns Willensfrucht.

Was ist Seelensein und wer oder was ist der Weltengeist?

Ich habe bei Rudolf Stein­er bish­er nir­gends eine Erk­lärung gefun­den, was oder wer der Wel­tengeist wirk­lich ist, obschon es einen ganzen Band in der Gesam­taus­gabe gibt mit dem Titel: “Men­schen­wer­den, Wel­tenseele und Wel­tengeist”. Das liegt daran, dass Rudolf Stein­er in the­ma­tisch recht unter­schiedlichen Zusam­men­hän­gen vom Wel­tengeist spricht. Manch­mal nen­nt er ihn in einem Atemzug mit der Wel­tenseele. Einige Beispiele mögen die mit dem Wel­tengeist ver­bun­de­nen Aspek­te verdeut­lichen. Die Her­vorhe­bun­gen stam­men von mir:

“Was die in diesem Sinne alte «Sprachken­ner» zu Nen­nen­den [die Weisen vor dem alten griechis­chen Philosophen Anaxago­ras] als die Wel­tenseele auf­faßten, wurde vorzüglich raumer­fül­lend gedacht, und der Men­sch fühlte sich aus diesem raumer­fül­len­den Geistig-Seel­is­chen her­aus­gestal­tet. Aber das war etwas anderes als das­jenige, worauf man kommt, wenn man weit­er rück­wärts geht von dem Nus des Anaxago­ras. Da kommt man zu etwas, was in die Präex­is­tenz der Men­schenseele hine­in­führt, was nicht bloß damit zu tun hat, daß die Men­schenseele in der Gegen­wart drin­nen mit dem Wel­tengeist und der Wel­tenseele webt und west, son­dern wir find­en hier, daß diese Men­schenseele mit dem Wel­tengeist und der Wel­tenseele in der Zeit lebt.“ (Lit.: GA 204, S. 51f)

Das 7. Apoka­lyp­tis­che Siegel zeigt die Taube des Heili­gen Geistes, die Rudolf Stein­er als die Essenz des Wel­tengeistes beze­ich­net. “Der umge­wan­delte Kehlkopf in uns wird zu dem Kelche wer­den, den man den Heili­gen Gral nen­nt. Und eben­so wie das eine wird auch das andere geläutert sein, das sich mit diesem her­vor­brin­gen­den Organ verbindet: es wird eine Essenz der Wel­tenkraft, der großen Welte­nessenz sein. Und diesen Wel­tengeist in sein­er Essenz stellt man dar mit dem Bilde der Taube, die dem Heili­gen Gral gegenüber­ste­ht. Hier ist sie das Sym­bol­um der vergeistigten Befruch­tung, die aus dem Kos­mos her­aus wirken wird, wenn der Men­sch sich mit dem Kos­mos dere­inst iden­ti­fiziert hat. Das ganze Schöpferische dieses Vor­ganges wird dargestellt durch den Regen­bo­gen: das ist das allum­fassende Siegel vom Heili­gen Gral.” (Lit.: GA 284, S. 77f)

“Ich denke. — Sie verbinden Sub­jekt und Prädikat miteinan­der, wenn Sie einen Satz bilden. Solange Sie selb­st die einzel­nen Begriffe miteinan­der verbinden, sind Sie nicht imstande, in der Akasha-Chronik zu lesen, weil Sie Ihre Gedanken mit dem eige­nen Ich verbinden. Sie müssen aber Ihr Ich auss­chal­ten; Sie müssen verzicht­en auf jeden Eigen-Sinn. Sie müssen lediglich die Vorstel­lun­gen hin­stellen und die Verbindung der einzel­nen Vorstel­lun­gen durch Kräfte außer­halb Ihrer selb­st durch den Geist her­stellen lassen. Es ist also der Verzicht notwendig — nicht auf das Denken —, wohl aber darauf, von sich aus die einzel­nen Gedanken zu verbinden. Dann kann der Meis­ter kom­men und Sie lehren, durch den Geist von außen Ihre Gedanken zusam­men­fü­gen zu lassen zu dem, was der uni­verselle Wel­tengeist über Ereignisse und Tat­sachen, die in der Geschichte sich vol­l­zo­gen haben, zu zeigen ver­mag. Wenn Sie nicht mehr urteilen über die Tat­sachen, dann spricht zu Ihnen der uni­verselle Wel­tengeist selb­st, und Sie stellen ihm Ihr Gedanken­ma­te­r­i­al zur Ver­fü­gung.” (Lit.: GA 92, S. 22f)

“Der Men­sch hätte sein schwach­es Ich gehabt; er wäre aber hin und her geris­sen wor­den in der Empfind­ungsseele durch seine eige­nen Lei­den­schaften wie in einem ufer­losen, aufgepeitscht­en Meere. Was trat beim Men­schen in diesem großen welt­geschichtlichen Augen­blick aus dem Äußeren in das Innere? Wenn es der große Wel­tengeist war, der als heil­same Gegen­wirkung die schädliche Wirkung ein­er Tat vor das hellse­herische Bewußt­sein stellte, der dem Men­schen zeigte, was er auszubessern hat­te, dann war es nach­her auch dieser Wel­tengeist, der sich als ein Mächtiges im Innern des Men­schen kundgab, als das Ich sel­ber noch schwach war. So zog sich der früher in dem hellse­herischen Anschauen sprechende Wel­tengeist in das men­schliche Innere in bezug auf das­jenige zurück, was er zur Kor­rek­tur der gestörten Wel­tord­nung zu sagen hat­te. Das Ich ist noch schwach. Über diesem Ich wacht aber der Wel­tengeist; und er läßt sich vernehmen als etwas, was jed­erzeit wachend über dem Ich ste­ht und über das urteilt, worüber das Ich noch nicht urteilen kön­nte. Hin­ter diesem schwachen Ich ste­ht etwas wie ein Abglanz des mächti­gen Wel­tengeistes, der früher im hell­sichti­gen Bewußt­sein dem Men­schen die Wirkung sein­er Tat­en gezeigt hatte.

So nahm der Men­sch, als dann das alte Hellse­hen hin­schwand, von dem, was der Wel­tengeist sel­ber wirk­te, nur noch einen Abglanz in seinem Innern wahr. Dieser Abglanz des kor­rigieren­den Wel­tengeistes, der neben dem Ich wachend ste­ht, erschien dem Men­schen als das ihn überwachende Gewis­sen!“ (Lit.: GA 59, S. 255ff)

In der Zusam­men­schau zeigt sich, dass der Wel­tengeist sowohl im Men­schen als auch außer­halb von ihm wirkt. Im Men­schen verknüpft er die Vorstel­lun­gen zu Gedanken, sofern es dem Men­schen gelingt, Verzicht zu leis­ten. Außer­halb von ihm wirkt der Wel­tengeist durch moralis­che Beurteilung Gewis­sen bildend. Die Taube weist den Wel­tengeist als “Heili­gen Geist” aus.

Eine Abbil­dung auf ein­er bronzezeitlichen Stele aus Spanien kommt ein­er möglichen Vorstel­lung des Wel­tengeistes als machtvolles, voge­lar­tiges Wesen beson­ders nahe. Vögel wur­den stets als Gäste auf der Erde betra­chtet. Sie schienen aus ein­er anderen Welt, der Welt des Geistes zu kom­men und Botschaften zu brin­gen. Dieses mah­nend, fast trau­rig blick­ende Wesen scheint aus dem Jahreskreis gebildet zu sein. Ein dreistu­figes Dia­dem umrahmt den Kopf und den Kör­p­er lassen vier Bögen bzw. Hals­ket­ten erah­nen. Ich inter­pretiere das mit Strahlen und Punk­ten verse­hene Dia­dem als das Som­mer-Hal­b­jahr, die Bögen als das Win­ter-Hal­b­jahr. Die vier den Kör­p­er andeu­ten­den Bögen kön­nten den vier Wesens­gliedern, den vier Kör­pern entsprechen. Das prächtige, dreistu­fige Dia­dem kön­nte auf die dreigegliederte Seele hin­weisen oder auf die drei Bewusst­sein­szustände schlafen, träu­men und wachen. Damals unter­schieden sich Träu­men und Wachen noch nicht so wie heute, weshalb die äußeren bei­den Abschnitte des Diadems gle­ich ausse­hen. Auf mich wirkt die Abbil­dung wie ein großer Mut­ter­vo­gel, der das Wel­tenei aus­brütet. Aus diesem Grund habe ich die Kreisori­en­tierung für die Abbil­dung gewählt, auch wenn das Gesicht tat­säch­lich eine Ei-Form hat.

Stele von Gran­ja del Toniñue­lo, Spanien, Bronzezeit, im Seelenkalender-Jahreskreis

Wie kann ich das Mantra 24 X verstehen?

Das Mantra 24 X han­delt vom See­len­sein und vom Wel­tengeist. Das See­len­sein begreife ich als mein men­schlich­es, seel­is­ches Sein. Ich kann es ver­ste­hen, indem ich auf mich schaue. Der Wel­tengeist ist etwas von mir zu Unter­schei­den­des. Das Mantra ist durchgängig in der neu­tralen drit­ten Per­son ver­fasst. Es beschreibt Vorgänge, die unab­hängig sind von meinem wachen Ich-Bewusst­sein. Es gibt keinen bewussten Ich-Sprech­er. Um zu ver­ste­hen, was hier beschreiben wird, muss ich meinen Blick auf die unbe­wussten Prozesse, auf die grundle­gen­den Struk­turen richten.

Das See­len­sein erschafft sich stets, also fortwährend, immerzu: es ist Prozess. Und indem es sich erschafft, wird es sich selb­st gewahr. Das See­len­sein ist dadurch nichts Kör­per­lich­es, Gefügtes, son­dern der Strudel im Wass­er, der Regen­bo­gen am Him­mel, die auflodernde Flamme — das nur im Prozess Entste­hende: es ist Struk­tur. Reißt dieser Prozess ab, ist auch das See­len­sein vor­bei. Seele ist das, was zwis­chen Kör­p­er und Geist liegt. Es ist der Bere­ich des Prozess­es, in dem sich Geist in Materie und Materie in Geist verwandelt.

Rudolf Stein­er gibt fol­gende Beschrei­bung: “Die Welt des Seel­is­chen, die Welt des Begehrens und Wün­schens, der Lei­den­schaften und Begier­den, … Diese Welt, die sich zwis­chen das Geistige und das Sinnliche hinein­schiebt, das ist der Fluss [in Goethes „Märchen“], über den der Geist [der „Riese“] aus den unbekan­nten Sphären herüberkommt… ” (Vor­trag 4.4.1904, Das Märchen von der grü­nen Schlange und der schö­nen Lilie [von J.W. v. Goethe], auf Grund­lage ein­er Teil­nehmer-Nach­schrift, Steinerquellen.de, 19.11.2008, Hrsg.: E. u. G. Hüt­tig, E. Koglin, M. Schmid, Anmerkun­gen A.F.)

Das See­len­sein ist der Durch­gangs­bere­ich der bei­den Gegen­sätze. Geist wird Materie indem er sich inkarniert. Materie wird Geist, indem sie zer­fällt und das Leben daraus entwe­icht. Fortwährend find­en bei­de Vorgänge im Men­schen statt. Nachts herrscht Regen­er­a­tion vor, tags über­wiegt Vergeis­ti­gung. Let­zteren Prozess beschreibt Rudolf Stein­er als die Ätheri­sa­tion des Blutes. Dieser Prozess ist die Grund­lage dafür, dass wir Gedanken denken kön­nen, die nicht selb­st­be­zo­gen ego­is­tisch oder auf den kör­per­lichen Bedarf aus­gerichtet sind. Ein wech­sel­seit­iges Wer­den und Verge­hen, Regen­er­a­tion und Vergeis­ti­gung strömt unabläs­sig. Durch den Strom der Vergeis­ti­gung erlangt der Men­sch Bewusst­sein von sich selb­st. Das See­len­sein wird sich sel­ber gewahr, es sieht sich sel­ber. Durch den Strom der Regen­er­a­tion ziehen mit der Leben­skraft moralis­che Kräfte ein (siehe 22 V).

See­len­sein erschafft sich selb­st. Es ist nicht nur der Strudel oder der Regen­bo­gen, son­dern es bringt auch die Voraus­set­zun­gen her­vor, damit das Wass­er begin­nt zu kreisen oder der Rege­gen­bo­gen erscheint. See­len­sein ist nicht nur der Prozess, die kreisende Bewe­gung, son­dern auch die Achse, die das Rad in Bewe­gung set­zt. Es ist die Mitte zwis­chen Oben und Unten, das Ver­mit­tel­nde zwis­chen Geist und Materie, zwis­chen uni­versell und individuell.

Nach­dem im Mantra das See­len­sein, der mit­tlere Trans­for­ma­tions­bere­ich umris­sen ist, wen­det sich der Blick auf das Darüber und das Darunter.

Nun spricht das Mantra vom Wel­tengeist, von dem, was über dem See­len­sein ist. Der Wel­tengeist wirkt in mir, wenn ich Gedanken denke, die über mich hin­aus­ge­hen, die all­ge­me­ingültiger Natur sind. So wie das Mantra 1 A davon spricht, dass die Gedanken in die Raumes­fer­nen ziehen, so strebt der Wel­tengeist fort. Er ist “in Selb­sterken­nt­nis neu belebt”. Der Wel­tengeist nimmt etwas mit, indem er fort­strebt. Der auf­steigende, vergeisti­gende Strom trägt in sich die Erken­nt­nis des Men­schen mit sich fort. Es ist ein tiefes men­schlich­es Bedürf­nis all­ge­me­ingültige Wahrheit­en zu erken­nen. Solche Wahrheit­en sind z.B. geometrische oder alge­brais­che Geset­ze. Genau diese ursprünglich per­sön­lichen Erken­nt­nisse erlan­gen dadurch über­per­sön­lichen, “über-men­schlichen” Charak­ter. Der Gedanke erhält All­ge­me­ingültigkeit und gehört zum Wel­tengeist, zum Geisti­gen in der Welt.

Das “Fort­streben” des Wel­tengeistes kann ich sowohl räum­lich im Sinne wach­sender Ent­fer­nung ver­ste­hen, als auch seel­isch als nicht endende Bemühung. Dann erlebe ich den Wel­tengeist als eben­so in Entwick­lung begrif­f­en, wie ich auch als Men­sch in Entwick­lung begrif­f­en bin. Selb­sterken­nt­nis belebt den Wel­tengeist neu, schenkt ihm neues Leben, indem sie Anstoß gibt für einen Neube­ginn, einen näch­sten Ver­such der Ver­wirk­lichung. J.W. v. Goethe hat dies im Faust in die Worte geprägt: „Wer immer strebend sich bemüht, den kön­nen wir erlösen“. Auch hier tritt das Wort “streben” auf.

Auf den Jahres­lauf bezo­gen kann das Fort­streben des Wel­tengeistes zu Beginn des Herb­stes nochmals anders ver­standen wer­den. Im Som­mer erre­icht die Schöp­fung ihre Vol­lkom­men­heit. In eine weit­ere Entwick­lung kann sie nur geführt wer­den, wenn das, was ist, der Zer­störung anheimgegeben wird. Dafür muss der Geist das Geschaf­fene ver­lassen, wodurch die Vitalkräfte schwinden. Das ist in diesen Wochen deut­lich wahrnehm­bar. Zeitlich ver­standen bedeutet: “Der Wel­tengeist, er stre­bet fort …”, dass der Wel­tengeist das Rad der Zeit unaufhör­lich, ohne Pause wei­t­er­dreht. “In” Selb­sterken­nt­nis neu belebt ist der Wel­tengeist sowohl durch sein Leben in den einzel­nen nun abster­ben­den Organ­is­men, als auch durch den Weg, den das drehende Jahres-Rad zurücklegt.

Nun schildert das Mantra ein Zweites, das der Wel­tengeist tut. Den Anschluss bildet “Und”, was verdeut­licht, dass ein Zusam­men­hang beste­ht zwis­chen dem Fort­streben des Wel­tengeistes und dem, was nun fol­gt. Indem der Wel­tengeist fort­strebt, für mich eine Aufwärts­be­we­gung, wirkt er gle­ichzeit­ig abwärts. Er schafft aus See­len­fin­ster­n­is die Wil­lens­frucht des Selb­stsinns. Der Wel­tengeist erschafft den Sinn, ein Selb­st sein zu wollen. Er erschafft den Grund dafür, indi­vidu­ell und inkarniert zu sein, dies zu wollen. Sicher­lich ist mit der Wil­lens­frucht des Selb­stsinns die moralis­che Wirk­samkeit des Wel­tengeistes ver­bun­den, auf die Rudolf Stein­er hin­weist (siehe oben). Es ist das Streben, die eige­nen Unzulänglichkeit­en auszu­gle­ichen. Dieser Aus­gle­ich ist nur auf der Erde möglich, als inkarniert­er Men­sch, als ein Selbst.

In See­len­fin­ster­n­is, im Dunkeln, dort, wo das Licht des Bewusst­seins nicht hin­re­icht, ganz unten am Grund der Seele sozusagen — dort wirkt der Wel­tengeist schaf­fend, während er auf der anderen Seite “in Selb­sterken­nt­nis neu belebt” fort­strebt. Da die Wirk­samkeit unter der Bewusst­seinss­chwelle geschieht, kann für die Seele das Gefühl entste­hen, allein gelassen zu wer­den, denn für ihr Bewusst­sein strebt der Wel­tengeist fort und ver­lässt sie, bzw. gibt den jet­zi­gen Zus­tand auf für eine ungewisse Zukun­ft. In Wahrheit ver­legt er seine Präsenz vom Bewusst­sein ins Unter­be­wusst­sein und wirkt auf diesem Umweg im Ver­bor­ge­nen Frucht bildend, dem men­schlichen Sein Dauer ver­lei­hend. Denn Verbleib durch Vererbung charak­ter­isiert die Frucht. Frucht wird prozes­suales Bild, Zeichen eines Har­rens und Wal­tens des Zeitlichen. Ger­ade diese gegen­läu­fige Wirk­samkeit macht das See­len­sein aus.

Die siebte Stufe im Sternbereich — die Stufe der Throne

„Die dritte Ord­nung wird Throne genan­nt. Sie lehren uns, ein vernün­ftiges Urteil über die Dinge zu haben. Daher wer­den sie als Throne beze­ich­net; ein Thron ist näm­lich [der Ort des] Urteils. Zu dieser Ord­nung wer­den diejeni­gen gehören, die nicht durch ein unbesonnenes Urteil irren. …

Arbeite also, o Men­sch, damit du … durch das vernün­ftige Urteil dich würdig machst, zur Ord­nung der Throne zu gehören; …“ (Alanus ab Insulis, Über­set­zt und veröf­fentlicht von Wolf-Ulrich Klünker unter dem Titel, „Alanus ab Insulis“, 1993, S. 53f, Anmerkung W.-U. Klünker).

Ein vernün­ftiges Urteil streben wir alle an. Was hat ein vernün­ftiges Urteil mit der Hier­ar­chie der Throne zu tun? Von den Thro­nen las ich im Inter­net (ohne Quel­lenangabe), dass die Men­schen von ihnen das Wis­sen über sich selb­st erhal­ten, damit sie ihre Gedanken dem Ewigen zuwen­den kön­nen. Sicher­lich bringt es uns den Thro­nen näher, wie Alber­tus ab Insulis sagt, wenn wir über uns selb­st und über die Dinge im Angesicht der Ewigkeit ver­suchen zu urteilen.

Die Throne wer­den meist als feurige, sich drehende Räder dargestellt. Sie rollen immer­fort, immer weit­er — wie die Zeit im Bild des Jahreskreis­es auch niemals ste­hen bleibt. Das ist ein ewiges Fort­streben, wie es vom Wel­tengeistes im Mantra 24 X heißt.

Über die Throne sagt Rudolf Stein­er: „Wir nehmen dann Wesen­heit­en wahr, die wir nicht anders charak­ter­isieren kön­nen, als indem wir sagen: Sie beste­hen nicht aus Fleisch und Blut, auch nicht aus Licht oder Luft, son­dern sie beste­hen aus dem, was wir nur in uns sel­ber wahrnehmen kön­nen, wenn wir uns bewußt wer­den, daß wir einen Willen haben. Sie beste­hen in bezug auf ihre niedrig­ste Sub­stanz nur aus Wille.“ (Lit.: GA 136, S. 79)

Die Throne aus der Thron­wa­gen-Vision des Ezechiel, St. Johannes der Täufer Kirche in Kra­to­vo, Macedonien

Ich erlebe das Mantra 24 X als beson­ders rät­sel­haft. Erst sein Bezug zu den Thro­nen lässt ahnen, warum der Wel­tengeist fort­strebt und wie dies mit dem Schaf­fen der Wil­lens­frucht zusammenhängt.

Ist das Fort­streben eine periph­ere Aktiv­ität, so gibt es zu diesem Umkreis auch den Mit­telpunkt. Was Wesen­haft auf der Kreis­bahn unun­ter­broch­ene Bewe­gung ist, find­et gepaart im Zen­trum zur konzen­tri­erten Ruhe: zu einem Wesen sowohl stetiger Bewe­gung als auch stetiger Ruhe.

Der Mit­telpunkt ste­ht dem Umkreis gegenüber wie das Selb­st dem Zeit­en­lauf. Des Selb­stsinns Wil­lens­frucht wird ger­ade dadurch geschaf­fen, dass der Wel­tengeist fort­strebt, das Rad der Zeit dreht. Wie ein Extrakt dieses Prozess­es konzen­tri­ert sich im Zen­trum der Selb­stsinn als Frucht des ewig bewe­gen­den Strebens der Throne. Selb­stsinn, der Sinn, ein indi­vidu­elles Selb­st zu sein, ergibt sich dadurch aus dem Zeit­en­lauf. Und für die Throne ergibt sich aus dem Zeit­en­lauf eine Erweiterung ihres Bewusst­seins, die sie bewegt. Es ist die Erken­nt­nis, eines “Selb­stes” teil­haftig zu sein.

Auch im per­sön­lichen Erleben ist das so. Erlebe ich mich in meinem Leben im Zen­trum ste­hend, füh­le ich Selb­stsinn, indem ich gle­ichzeit­ig mein Voran­schre­it­en erlebe.