Die Licht-Gegensprüche 5 E und 31 e
5 E
Im Lichte, das aus Geistestiefen Im Raume fruchtbar webend Der Götter Schaffen offenbart: In ihm erscheint der Seele Wesen Geweitet zu dem Weltensein Und auferstanden Aus enger Selbstheit Innenmacht. |
31 e
Das Licht aus Geistestiefen, Nach außen strebt es sonnenhaft: Es wird zur Lebenswillenskraft Und leuchtet in der Sinne Dumpfheit, Um Kräfte zu entbinden, Die Schaffensmächte aus Seelentrieben Im Menschenwerke reifen lassen. |
Die Eurythmieformen zu den Lichtspruch-Mantren 5 E und 31 e
Über den Buchstaben “E”
Das E ist im Alphabet der zweite Vokal und der fünfte Buchstabe. Da die Fünfzahl im Besonderen mit dem Menschen zu tun hat, könnte man sagen, dass mit dem E das Menschenwesen in einer ersten Vollendung erscheint.
Wie die Graphik zeigt, lassen sich diese ersten fünf Buchstaben (im Uhrzeigersinn) so um den Fünfstern anordnen, dass eine bemerkenswerte Symmetrie entsteht. Die Vokale A und E stehen an den “Füßen”, die beiden weichen Stoßlaute B und D an den “Händen” und das C, das sowohl Stoßlaut (CK) als auch Blaselaut (CH und S‑ähnlich) sein kann, steht am “Kopf”. Das C, so sagt Rudolf Steiner, ist die Aufrichtekraft des kleinen Kindes, die Leichte-Kraft aus der Überwindung der Materie. Es ist die Kraft, die den “Kopf” hebt.
Der keltische Name des E ist ‘eadh’, die Espe, auch bekannt als Zitterpappel. Ihre Blätter bewegen sich schon beim kleinsten Windzug intensiv. Die rundlichen Blätter drehen sich dabei an ihren relativ langen Stielen hin und her, sodass der hohe, schlanke Baum nervös zu vibrieren scheint.
Obwohl bei tieferer Nachforschung einige Verwirrung zum Vorschein kommt, möchte ich einen Gedanken an den Aspekt anschließen, den Ernst Moll (Die Sprache der Laute, S. 121) vermittelt. In keltischen Ogham Alphabet bedeutet die Ulme, ‘Ailm’ das A. Dieser Baum ist den alten Kelten der Repräsentant des Pflanzenreiches als Ganzes, der Ätherkraft (Ernst Moll, die Sprache der Laute, S. 64 — im Internet findet sich für Ailm allerdings die Kiefer, deren Nadeln den für das A typischen Winkel bilden). Das E wird dagegen irisch als ‘Eadh’, als Espe (Zitterpappel) erlebt. Mit ihren nervös im Wind flatternden Blättern verbildlicht sie den Astralleib. Rudolf Steiner sagt: “Wenn Sie die ganze Pflanzenwelt studieren, wie sich Form neben Form stellt, so haben Sie ein äußeres Bild, ein auseinander gefächertes Bild desjenigen, was zusammengezogen ist im menschlichen astralischen Leibe. Lesen Sie die deutsche Mythologie, und Sie sehen, wie das erste Menschengeschlecht gewonnen wird aus Espe und Ulme.” (GA 167, zitiert aus Ernst Moll, die Sprache der Laute, S. 121) (Anmerkung: in der gegenwärtigen Ausgabe von GA 167 steht Esche und Ulme. Doch im Zyklendruck von 1920 und auch im Stenogramm von Helene Finckh ist Espe und Ulme zu lesen. Ob Rudolf Steiner dies im Vortrag so gesagt hat, willentlich oder versehentlich, oder ob es sich um einen Hör- oder Transkriptionsfehler seitens der Stenografin handelt, ist retrospektiv nicht mehr zu klären.)
In der Wöluspa (Lied in der Edda, der nordisch-germanischen Mythologie) wird geschildert, wie drei Götter zwei Bäume am Ufer finden, Ask und Embla. Die beiden Bäume, werden von den Göttern mit Seele, Sinn und Blut begabt und dadurch zu Menschen. Embla wird als Ulme verstanden, auch wenn die Wortherleitung nicht sicher ist. Ask bedeutet Esche, doch Rudolf Steiner spricht in der obigen Wiedergabe von der Espe. Im Folgenden gehe ich davon aus, dass Rudolf Steiner tatsächlich die Espe, die Zitterpappel, meinte, denn dieser Baum zeigt die Erregbarkeit des Astralleibs. Außerdem bilden Espe und Ulme einen sprechenden Kontrast. Die Ulme wächst breit ausladend, rundlich, die Espe schlank und hoch. Da auch Esche mit E beginnt, sind die hier an den Laut anschließenden Überlegungen in jedem Fall zutreffend.
Ask (Espe — E) ist also der nordische Adam, der Astralmensch, der Nerven-Sinnesmensch, der erzittert wie Espenlaub im Erleben der Gewalt göttlicher Kräfte. Rudolf Steiner sagt über den Astralleib: “Es bildet sich ab dasjenige, was der astralische Leib ist, im Nervensystem.” (GA 121 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 121) Und über die Laute E und I sagt er: “Die I und E kommen den Nervenmenschen ganz von selbst auf die Zunge. … Man kann studieren, wie bei ruhigen und in sich gefestigten Menschenvölkern das A und O, bei nervösen das E und I überwiegen.” (GA 169 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 122)
Embla (Ulme — A, Ailm bei den Irokelten) ist die nordische Eva, der Äthermensch. Die Äthercharakteristik zeigt sich an der Ulme wie folgt. Sie wächst gerne in Wassernähe an sonnigen Standorten. In Griechenland war sie Hermes geweiht, dem Gott der Händler, Kaufleute, Ärzte und Diebe. In England und Frankreich war die Ulme im Mittelalter gesuchter Schutzbaum für politische Unterredungen. Auch ihre Blätter zeigen die besondere Wirksamkeit der Ätherkräfte. Kein Baum weist eine so große Form- und Größenvarianz der Blätter auf, wie die Ulme. (Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 65)
Es gibt von Rudolf Steiner auch eine Zuordnung der Vokale zu den Planeten. Hier stehen A und E ebenso für das Weibliche-Männliche: A ist der Venus-Vokal, also weiblich und E ist der Mars-Vokal, also männlich. Die Konsonanten B und D können wie eine Bekräftigung dieser Geschlechtszuordnung angesehen werden. Das B ist hüllebildend, sein Baum ist im irischen Alphabet die Birke. Das B hat weiblichen Charakter. Das D deutet und richtet die Aufmerksamkeit, es strahlt zu einem Ziel. Sein Baum ist die Eiche, sein Charakter ist männlich. Das C ist Coll, die Haselnuss, die Herz-Nuss und deutet auf das echte Begreifen mit dem Herzen, das Erheben der intellektuellen Begriffe.
Die “weibliche” und “männliche” Seite des Alphabets und die beiden Menschen-Bäume der Edda vor dem Hintergrund des Seelenkalenders
Drückt sich im A die staunende Hingabe, das Eins-sein mit allem aus, so im E das sich Abgrenzen und ehrfürchtige Gegenübertreten. Rudolf Steiner sagt: “Das E ist ein Laut, der immer eigentlich die Menschen außerordentlich interessiert hat. Bei dem A eröffnen wir uns bewundernd der Welt. Wir lassen die Welt an uns herankommen. Wenn wir E empfinden, lassen wir die Welt nicht einfach an uns herankommen, sondern wir setzen uns schon etwas zur Wehr, wir stellen uns der Welt gegenüber. Die Welt ist da, und wir stellen uns der Welt gegenüber hin. Daher ist das E darinnen bestehend, dass wir uns selber berühren [durch eine Kreuzung der Gliedmaßen in der Eurythmie, A.F.].” (GA 279 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 108) Das E ist das Erleben des ‘Selbst’.
Im alten slawischen Alphabet wurde das E als ‘estj’ (sprich jéstj), genannt, was bedeutet ‘es ist, es existiert’. Hier wird das E erlebt als das Gewordene, das ‘F‑este’, dem der Mensch gegenübersteht, das sich von ihm unterscheidet. Im Deutschen zeigt sich dieser Aspekt in der Vorsilbe ‘ge-’ der Perfektbildung. Der Mensch schaut zurück auf das Vergangene. Aus ’sehen’ wird ‘gesehen’ und aus ‘bauen’ wird ‘gebaut’.
Im E kommt zum Ausdruck, dass das nach Außen tönende Innere sich unterscheidet von der Umwelt. Diese Umwelt hat auf das Innere eingewirkt, es ist etwas geschehen, das auch schmerzhaft gewesen sein kann, das weh getan hat. “Das E ist ein ‘Ende’ … Man kann das E nur erleben, wenn etwas geschehen ist.” (Rudolf Steiner, GA 279). Es ist das Echo der Seele. Das E beinhaltet deshalb zum einen das Erlebnis des Seienden, der Erde, des Festen, zum anderen das sich Behaupten, das sich Starkmachen gegen dieses, was nicht Ich ist. Hier liegt der Ursprung der kämpferischen Marskraft im E. “Überall, wo ein E auftritt, hat man dasjenige, was ich etwa bezeichnen möchte: das hat mir etwas getan, das ich spüre. … Im E wird man von etwas berührt, und man behauptet sich dagegen.” (Rudolf Steiner, GA 279 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, 108) Das Schwert, der Degen, der Speer, das Messer sind Worte, in denen der E‑Aspekt des sich Wehrens und Versehrens hervortritt. Das E sagt “nee”, es ist der Vokal des ‘gegen’ und des ‘Begegnens’, der ‘Fehde’ und ‘Feme’. (Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 119)
Selbstbehauptung führt zur Erstarkung des ‘Wesens’, auf Latein ‘ens’ und ‘essentia’. Und auch der Schutz dieses eigenen Wesens gehört deshalb zum E Erlebnis. Rudolf Steiner beschreibt es so: “Sie wollen sich aufrecht erhalten gegenüber der Umgebung. … sich gegen Kälte schützen durch ein schützendes Kleid. Da erhöhen Sie die Intensität Ihres Daseins. Und dieses: ein Anderes empfinden und sich dagegen wehren, das Auf-sich-selbst-Stellen gegen ein Anderes, das ist im E.” (GA 278 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 112)
Indem man sich im E behauptet und schützt, ist das E dem A Erlebnis entgegengesetzt. Rudolf Steiner sagt: “Was liegt in diesem Erlebnis? In diesem Erlebnis liegt eigentlich das Entgegengesetzte des A‑Erlebnisses. Das A‑Erlebnis erlebt den Menschen aus dem Kosmos heraus. Das A ist der ‘Anfang’ … Das E‑Erlebnis hat schon etwas hinter sich. Es ist etwas geschehen, und das Nachstadium des Geschehens erlebt man in der Gebärde. Das E ist ein ‘Ende’ … Man kann das E nur erleben, wenn etwas geschehen ist.” (GA 279 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 108)
Die Urmutter der Menschheit, die belebte ‘Erde’ wird in der jüdisch-christlichen Überlieferung ‘Eva’, das ‘Leben’ genannt. Im Magnifikat (Luk 1,46–55) wird Maria mit der entgegengesetzten Lautfolge gegrüßt. Rudolf Steiner sagt: “Wenn jemand irgend ein Wesen bezeichnet mit dem Worte Eva, und er will nun etwas anderes ausdrücken, etwas, das sich zu diesem Worte verhält wie das Geistige zum Sinnlichen — dann könnte er dazu das Spiegelbild von Eva anwenden: Ave. Diese Silben für den Gruß der Maria sind in der Tat in ihrer Lautfolge dasjenige, was im menschlichen Organismus das Gegenteil bewirkt, wie das Wort Eva. Hier finden Sie auch die Gründe für eine andere Umkehrung von E‑v-a. Setzt man vor Ave ein J, dann hat man Jave. Alle Beziehungen zwischen Jahve und Eva kann der, welcher in den Laut eindringt, hier erkennen, wenn er zu höheren Erkenntnissen fortschreitet.” (GA 115 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 111) Verstehe ich Eva als das Belebende, so könnte Ave das Vergeistigende bedeuten. Im Wort E‑v-a wird der Prozess vom E‑Ende über den Blaselaut zum A‑Anfang geführt, zum Ursprung zurück. Der Gruß des Engels führt den A‑Anfang dagegen über den Blaselaut zum E‑Ende, zum Ziel. Das J ist ein konsonantisches I, also ein von außen, ein objektiv erlebtes Ich. Jahve zeigt sich dadurch als die Kraft, die ichbewusst die Entwicklung vom Anfang an bis zu ihrem Ziel führt.
Wird mehr auf das Innere geschaut, so sagt Rudolf Steiner, ist es das Erleben: “Geistiges geschieht in ihm.” (GA 279) Hier ist es der Vokal des Zarten und Feinen, der ‘Feder’, der ‘Feen’ und der ‘Seele’, der ‘Engel’ und des reinen ‘Schnees’. Im Inneren ist das eigene ‘Leben’, das dem ruhigen ‘See’ oder dem bewegten ‘Meer’ gleicht. “Beim E, da ist eigentlich das vorhanden, dass der Mensch sich innerlich fassen will, sich innerlich zusammenziehen will. Daher ja auch in der Eurythmie das Berühren seiner selbst, dieses Gewahrwerden seiner selbst.” (Rudolf Steiner, GA 315)
Die Berührung seiner selbst ist gleichzeitig eine Überkreuzung. Zwei gekreuzte und mit rotem Band verbundene Stäbe symbolisieren im Ehesakrament der Christengemeinschaft die Verbindung der Gegensätze — die ‘Ehe’. Im Seelenkalender findet sich diese Überkreuzung in den beiden Lichtstrahlen wieder, im Licht aus Geistestiefen, das in den Mantren 31 e und 5 E strahlt und damit eine Lichtachse bildet. Die andere Lichtachse wird durch die Mantren 22 V und 48 w gebildet. Diese nenne ich die gebrochene Lichtachse, da diese beiden Lichtsprüche nicht den gleichen Buchstaben tragen und ihr Licht auch nicht aus der gleichen Quelle kommt.
Die Lichtsprüche 31 e — 5 E und 22 V — 48 w bilden ein X‑förmiges Kreuz
In der katholisch-christlichen Tradition findet sich dieses Kreuz in den beiden brennenden, gekreuzten Kerzen des Blasiussegens kurz nach Lichtmess (2. Februar) wieder. Der Blasiussegen soll Schutz vor Halskrankheiten spenden. Lichtmess entspricht der Woche 44 s, wenn nach Weihnachten die Wochen weitergezählt werden. Gleichzeitig gehört das Mantra 44 s zur datumsunabhängigen vorösterlichen Zeit, zum Mond im Jahr, und wird durch den Abstand zum Osterfest bestimmt. Damit weist der Blasiussegen auf die “Ehe” von österlicher “Mond-Zeit” und datumsabhängiger “Sonnen-Zeit”.
Der heilige Blasius erteilt den Blasiussegens, Altarbild von 1740
Auch die Stola der Priester wird häufig gekreuzt getragen. Sie stammt von der römischen Beamtenkleidung, doch verdeutlicht sie gleichzeitig das leichte “Joch” von Jesus-Christus. Wer sie trägt, hat Christi Joch auf sich genommen und zieht seinen Wagen.
Im gotischen Alphabet wurde das E ‘Eyz’, das ‘Pferd’ genannt, eigentlich ‘aihvus’ (ai ist e). Der angelsächsische und heute gebräuchliche Name der Rune mit gleicher Bedeutung ist ‘ehu’. Den Germanen war das E das Pferd, Bild der instinktiven Verstandeskräfte. Das Pferd war ein heiliges Tier und Genosse von Göttern und Helden. Im Pferd, speziell im Zentaur, der halb Pferd halb Mensch war, wurde die unbewusste Kraft des sich gegenüberstellenden Verstandes gesehen. Rudolf Steiner erklärt, wie etwas vor dem Menschen stehen muss, damit es im Bewusstsein widergespiegelt erscheint: “Bewussthaftes entwickeln für Wesen des Erdenhaften heißt: widerspiegeln in innerem Erleben, was um sie herum vorging.” (GA 122 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 114) Der oben erwähnte Aspekt des sich Wehrens, der zum E gehört und das Gegenüberstehende des Verstandes macht das Pferd zum Kriegsross. Die Archäologin Marija Gimbutas stellt dar, dass der Kampf zusammen mit dem Pferd durch die berittenen Kurganvölker aus Südrussland nach Europa kam. Ab 4300 v. Chr. drangen diese Hirtenvölker in das von Ackerbau geprägte Europa ein und veränderten die Kultur nachhaltig. Wurde vorher eine aus sich selbst sich erneuernde große Mutter verehrt, so schenkte danach das Berühren der Beilklinge des männlichen Donnergottes Fruchtbarkeit (Marija Gimbutas, Die Zivilisation der Göttin, S. 400f)
Rudolf Steiner beschreibt aus der babylonischen Mythologie einen Götterkampf, als das Bewusstsein der Menschen sich aus der Allverbundenheit löste: “Da aber trat in die Welt ein ein mächtiges Wesen: Ea. Wer heute noch Laute fühlt, der fühlt in dem Zusammenklang von E und A den Hinweis auf jenes mächtige Wesen, das dem Menschen hilfreich im Sinne dieser alten Mysterienlehre zur Seite war, als die Dämonen aus Tiamat mächtig waren: Ea, Ia, was dann später, indem man die Seinspartikel ’soph’ voraus setzte = Soph Ea, Sophia wurde. Ea, ungefähr dasjenige, was wir mit dem abstrakten Worte: Weisheit, die in allen Dingen waltet, bezeichnen: Ia = die in allem waltende Weisheit, Sophia. Soph = eine Partikel, die ungefähr ’seiend’ bedeutet. Sophia, Sophea. Sopheia = die waltende Weisheit, die überall waltende Weisheit.” (GA 243 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 124) Marduk-Michael war der Sohn der Ea und Sieger über die große Schlange Tiamat. Er spaltete sie und erschuf daraus das Obere und das Untere.
Genauer erklärt es Rudolf Steiner hier: „Wir suchen sie in der babylonischen Zeit. Da werden wir hingewiesen auf den Gott Marduk, der dem bösen Prinzip, dem Materialistischen, der alttestamentlichen Schlange, entgegentritt und ihr den Kopf spaltet, so daß in einer gewissen Weise das, was früher Widersacher war, in zwei Teile geteilt wird. Wir sehen in der Tat, was damals geschehen ist, die Trennung dessen, was vorlag in den alten Urgewässern, symbolisiert durch die Schlange; wir sehen das Obere in den Glaubenswahrheiten, das Untere in der rein materiellen Weltauffassung. Vereinigt müssen beide werden, die Wissenschaft und das Spirituelle, und sie werden wieder vereinigt werden in der Zukunft. Und gerade dann wird es sein, wenn durch die rosenkreuzerische Weisheit der Spiritualismus vertieft, zur Wissenschaft geworden ist, wenn er selbst sich wiederum treffen wird mit dem, was auf wissenschaftlichem Boden erforscht ist. Und dann wird eine große harmonische Einheit wieder erstehen, die verschiedenen Kulturströmungen werden zusammenfließen durch die Kanäle der Menschheit.“ (Lit.: GA 105, S. 195f)
Aus dem letzten Zitat geht recht deutlich hervor, dass mit der großen Schlange, auch Ouroboros genannt, der Jahreskreis als Einheit gemeint ist, der durch Marduk in die beiden Hälften, die äußere Sinneswelt und die innere Gedanken-Weisheitswelt geteilt wurde. Da der Seelenkalender als Rudolf Steiners rosenkreuzerisches Meisterwerk angesehen werden kann (Virginia Seas), wird durch den Seelenkalender auch die vorausgesagte neue Einheit gefunden werden können.
Die Vermittlung der äußeren Wahrnehmung geschieht durch die Sinne und Nerven. So wie das E durch die Kreuzung und damit Selbstberührung das Innen abschließt und gleichzeitig wahrnehmend nach Außen durchdringt, so kreuzen sich auch die Nervenbahnen im Organismus beim Eintritt vom Rückenmark in den Schädel. Rudolf Steiner bestätigt: “Es ist so, dass tatsächlich die Nervenstränge am menschlichen Rücken fortwährend ein E bilden, und dass in diesem E‑Bilden wirklich auch das Zustandekommen des Sich-innerlich-Fühlens des Menschen liegt, was dann nur im Gehirn differenziert zur Tatsache wird.” (GA 315 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 116) Das Wort ‘Nerv’ ist vom E geprägt. Auch beim Sehvorgang kreuzt sich der Sehstrahl und vollzieht die E‑Gebärde. Das E ist der Vokal des Bewusstwerdens und ‘Denkens’. Rudolf Steiner sagt: “Alles Seelische drückt sich aus … im Leiblichen, sodass sich auf der einen Seite alles das im Leiblichen offenbart, was sich ausdrückt in Antipathie, Gedächtnis und Begriff. Das ist gebunden an die Leibesorganisation der Nerven; indem die Nervenorganisation im Leibe gebildet werden, wirkt darin für den menschlichen Leib alles Vorgeburtliche. Das seelisch Vorgeburtliche wirkt durch Antipathie, Gedächtnis und Begriff herein in den menschlichen Leib und schafft sich die Nerven. Das ist der richtige Begriff der Nerven.” (GA 293 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 116) Das Nachtodliche bereitet sich dagegen laut Rudolf Steiner durch den im Blut wirkenden Willen und die Sympathie vor. Auch die Vokale gehören zu der einen oder anderen Richtung, wie Rudolf Steiner ausführt: “Nehmen Sie an, die eine Persönlichkeit ist mehr ein Blutmensch, er kommt nicht leicht aus dem Häuschen, ist innerlich gefestigt, ruhig. Die andere ist ein Nervenmensch, kommt leicht aus dem Häuschen, ist aufgeregt, zappelt. Diejenigen Vokale, die das wiedergeben, was im Blutmenschen lebt, sind A, U, O, Au. Die Vokale des Nervenmenschen sind I, E. Die I und E kommen den Nervenmenschen ganz von selbst auf die Zunge.” (GA 280 in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 117)
Ein weiterer Aspekt des E ist die Verehrung des Höheren, Göttlichen, dem das Erleben der Trennung, der Zerfall der ursprünglichen Einheit, vorausgegangen sein muss. Der Mensch kann sich einem Höheren, Größeren erst verehrend zuwenden, wenn er sich davon unterschieden als das Untere, Kleine erlebt. Im Hebräischen bedeutet ‘el’ der ‘Starke’, der ‘Mächtige’ und ist die Bezeichnung für die Götter im Allgemeinen, der Plural lautet ‘elim’. In den Engelnahmen Micha-el, Rapha-el, Gabri-el, Uri-el ist diese Götterbezeichnung erhalten. ‘Eloah’ wird der höchste Gott dort genannt, die Mehrzahl lautet ‘Elohim’. Rudolf Steiner formuliert es so: “Das hebräische Wort ‘Elohim’ weckte in den althebräischen Weisen die Vorstellung von einer Gruppe geistiger Wesenheiten, die ihre Tätigkeiten zu einem gemeinsamen Ziel gruppieren: und dieses Ziel ist der Erdenmensch. … Und so können wir in scheuer Ehrfurcht hinblicken zu den alten Sehern und zu der scheuen Ehrfurcht, mit der wiederum diese alten Seher hinauf blickten in die Regionen, aus denen ihre Offenbarung kam, in die Regionen der Elohim und des Jahve-Elohim. Wie hätten sie benennen können die Wesenheiten, die der Schöpfung und ihrem eigenen Erkennen zugrunde lag? Was hätte es für ein Wort geben sollen für sie, wenn nicht das, von dem ihr ganzes Herz voll sein musste, wenn sie aufnahmen die Offenbarungen der weltschöpferischen Mächte. Sahen sie auf zu ihnen, so sagten sie: uns fließt unsere Offenbarung von göttliche-geistigen Wesenheiten herunter. Wir können kein anderes Wort für sie finden als das, was unser Gefühl scheuer Ehrfurcht ausdrückt: ‘diejenigen, vor denen wir scheue Ehrfurcht empfinden’ Übersetzen wir das ins alte Hebräische, wie lautet das: ‘diejenigen, vor denen wir scheue Ehrfurcht empfinden?’ Es lautet: ‘Elohim’. Das ist das Wort für diejenigen, vor denen man scheue Ehrfurcht empfindet. So haben Sie den Zusammenschluss der Empfindungen der alten Seher mit dem Namen der Weltwesen, denen sie die Schöpfung, denen sie ihre Offenbarung zuschrieben.” (Rudolf Steiner, GA 122, in: Die Sprache der Laute, S. 125f)
Der griechische Name des E lautet ‘e‑psilon’, das ‘einfache E’, so wie ‘y‑psilon’ das ‘einfache Y’ ist. Das E der Griechen stammt vom phönizischen Buchstaben ‘He’ und wurde nur sehr schwach behaucht gesprochen. Seine Bedeutung war ‘Luftloch’ oder ‘Fenster’, doch eigentlich meinte es wohl den Ausruf ‘wehe!’. Im Griechischen ist die Interjektion ‘E’ vorhanden, die ‘wehe’ bedeutet. Im Deutschen leicht aggressiven Ausruf “He!” liegt eine aufmerksam machende, aufweckende Ermahnung.
Das E drückt das Leben des Menschen auf der Erde aus mit allen Widersprüchlichkeiten des Innen und Außen, aller Enge und Angst und allem Sehnen nach dem Garten Eden, dem eingehegten himmlischen Paradies, dem der Mensch entstammt. Das E ist Ausdruck des Schmerzes über diesen Verlust, die Abtrennung. Es ist der Laut der ‘Seele’, die eingespannt ist zwischen Licht und Finsternis, zwischen Himmel und Erde. Die Vokalstimmung der schmerzensreichen Gottesmutter, durch deren Herzen sieben Schwerter gehen, ist somit ebenfalls das E.
Ernst Moll beschreibt die Vokale als Ausdruck der Lebensstufen: “Das Kind ist A, die Jugend ist E. In der Wehrhaftigkeit des Jünglings, (selbst in der Furchtsamkeit des Mädchens), meldet sich die Ära des Mars. Mit der Ausgestaltung des Nervensystems zieht sich der Mensch nach innen hin zusammen, um sich wahrzunehmen und in seinem Instrument sich zu spiegeln. Eigentlich handelt es sich bei diesem Zusammenziehen um eine Schwächung des Körpers. … Was unter anderen Bedingungen als krankhaft zu betrachten ist, das ist normal für die Jugend: das Schlanksein als Körperbild des inneren sich Zusammenziehens. Das Lautbild dafür ist das E. Der E‑Vokal ist … Vorstufe zum I. Das nahende Ich, wo die Leiblichkeit in der dünnen Linie des I und schließlich im I‑Punkt gleichsam verschwindet und sich vergeistigt, macht sich räumlich-leiblich geltend im E. Das Vergeistigte des I oder Ich, noch an den Leib gebunden im vorangehenden E, prägt sich als Schlankheit, Dünnsein aus. … Vor der Krise des I aber erscheint als objektive Furcht das E.” (Die Sprache der Laute, S. 122) Und Rudolf Steiner sagt: “… eine Sprache, die besonders ‘E’-reich ist, wird eben Dünnlinge erzeugen, schwächliche Menschen erzeugen.” Das E ist die Krise vor dem Wendepunkt, dem I. Danach folgt das O, die Korpulenz des Erwachsenenalters. Im U schließlich ist die Seelenstimmung des Ursprungs enthalten, zu dem das Alter wieder hinführt.
Über die Gegensprüche 5 E und 31 e
Die Gegensprüche 5 E und 31 e sind Lichtsprüche, denn sie handeln vom Licht. Sie sprechen sogar von der gleichen Lichtquelle, vom Licht aus Geistestiefen. Das ist bei den anderen beiden Lichtsprüchen des Seelenkalenders (22 V und 48 w) anders. Letztere handeln von unterschiedlichen Lichtquellen und sie sind wegen der verschiedenen Buchstaben in der Überschrift auch keine Gegensprüche. Die Licht- und Gegensprüche 5 E und 31 e sind im Seelenkalender also einzigartig und können wie durch einen einzigen Lichtstrahl gebildet betrachtet werden. Das Mantra 31 e handelt (wie auch das Mantra 22 V) von der Lichtquelle, das Mantra 5 E (wie auch das Mantra 48 w) vom Beleuchteten. Mit allen Lichtsprüchen teilen 5 E und 31 e jedoch, dass sie in der beschreibenden dritten Person geschrieben sind. Das bedeutet, dass der in ihnen dargestellte Prozess dem Bewusstsein nicht direkt zugänglich ist.
Das Licht, um das es in den beiden Gegensprüchen 5 E und 31 e geht, stammt aus Geistestiefen. Ich verstehe dieses Licht als das aus der Tiefe der Leiblichkeit aufsteigende Bewusstseinslicht. Rudolf Steiner beschreibt, wie sich das Leben, dessen Organ insbesondere das Blut ist, im Herzen vergeistigt. Er nennt diesen Vorgang die Ätherisation des Blutes. Nur durch diesen latenten Absterbeprozess ist der Mensch in der Lage, ein Bewusstsein zu entwickeln, dass über die direkten lebenserhaltenden und fortpflanzenden Ziele des Tieres hinausgehen kann.
Da das Mantra 31 e die Lichtquelle beschreibt und das Mantra 5 E das in diesem Licht Erscheinende, werde ich entgegen meiner Gewohnheit mit dem Gegenspruch des Winter-Halbjahres, mit 31 e beginnen. Das Licht aus der Tiefe impliziert, dass es ein aufsteigendes Licht ist. Außerdem strebt es nach außen, wie es auch das Sonnenlicht tut. Es strahlt ringsum aus und breitet sich im Raum aus. Vom Mantra 5 E ist zusätzlich zu erfahren, dass dieses sich im Raum ausbreitende Licht webt. Es webt sogar fruchtbar und offenbart das Schaffen der Götter. Dieses Bewusstseinslicht erleuchtet also nicht nur passiv den Wahrnehmungshorizont des Menschen, es ist selber aktiv. Es webt und offenbart das Götterschaffen.
Welche Götter könnte dieses Bewusstseinslicht offenbaren? Ich erkenne das Urbild dieses menschlichen Bewusstseinslichtes im Jahreskreis. Das beim wachen Menschen ausstrahlende Licht des fühlenden Gewahrseins, das nach außen in der Wahrnehmung und nach innen im Denken leuchtet entspricht dem Jahreskreis mit dem Sommer-Halbjahr oben und dem Winter-Halbjahr unten. In diesem Jahreskreis wirken laut Rudolf Steiner vier mächtige Urkräfte, die Erzengel Uriel, Raphael, Gabriel und Michael. Ihre Endsilbe ‘el’ weist sie als Götter aus. Diese Erzengel weben im Jahreslauf und gleichzeitig wirken sie in der menschlichen Seele. Rudolf Steiner sagt über sie: „Vier gewaltige, erhabene Gestalten stehen im Weltenraume, ein jeder nach einer der vier Richtungen. So formen sie das kosmische Kreuz. Sie lenken und leiten die Weltenvorgänge und sind die Diener des Einen, der das Leben der Sonne ist. Während eines jeden kosmischen Tages werden sie abwechselnd von dem Sonnengeist inspiriert. Sie sind die Urkräfte, welche sich spiegeln in den drei Kräften des Denkens, Fühlens und Wollens im Kosmos und in der menschlichen Seele. Der eine, der am mächtigsten ist [Michael], enthält in sich die Kräfte der drei anderen, er ist der vollkommenste, durch ihn können die andern erst geschaut und verstanden werden. Er ist der direkte Diener des großen Sonnengeistes und leitet die Zukunft, auf daß sie zur Gegenwart wird. Die Strahlen seines Lichtes bringen den menschlichen Seelen Erkenntnis. Wie einen neuen Tag ankündigend, leuchtet sein Licht aus dem Osten.” (Lit.: GA 265, S. 336f)
Im Licht aus Geistestiefen, das sonnenhaft nach außen strebt, wirkt der Sonnengeist fruchtbar — Frucht schaffend — im Menschen. Die Erzengel-Götter sind seine Diener, deren Schaffen in diesem Licht offenbar wird. Nun steht in beiden Mantren ein Doppelpunkt. Das Folgende wird dadurch als Konsequenz des bisher gesagten gekennzeichnet. Im Mantra 31 e wird das Licht aus Geistestiefen, das Bewusstseinslicht, zur Lebenswillenskraft. Warum? Das Bewusstseinslicht wird zum persönlichen Besitz. Das eigene Bewusstsein, auch wenn es noch kein Selbstbewusstsein ist, will erhalten werden. Lebenswille entsteht, denn das Leben ist die Grundlage des Bewusstseinslichtes. In jedem höheren Lebewesen wirkt eine Kraft, die dieses Leben verteidigt, die das Leben will — die Lebenswillenskraft. Im Mantra 5 E wird gesagt, was in dem bis dahin beschriebenen webenden Licht aus Geistestiefen, in dem die Götter offenbar werden, erscheint — und das ist das Wesen der Seele. Ein Unsichtbares, Inneres erscheint hier. Ganz anders im Mantra 31 e. Nachdem das Licht aus Geistestiefen Lebenswillenskraft geworden ist, leuchtet es in die Dumpfheit der Sinne. Es leuchtet also nach außen und ermöglicht die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen. Mit geweckten Sinnen erlebt sich der Mensch als ein Eigenwesen, dessen Leben von der Umwelt bedroht werden kann. Die Lebenswillenskraft führt zur Wachsamkeit der Sinne, um das eigene Leben zu schützen. Die Lebenswillenskraft, die durch die Sinne in die Umwelt leuchtet, entbindet Kräfte. Sinnesreize führen zu sympathischen oder antipathischen Reaktionen. Angenehme Reize wecken das Verlangen nach Wiederholung und Steigerung, unangenehme Reize bewirken Abscheu und sollen vermieden werden. Diese unbewussten Reaktionen des Ätherleibes verstehe ich als die Seelentriebe. Es treibt die Seele zu dem Reiz hin oder von ihm weg. Ein Trieb ist die ätherische Reaktion auf den physischen Sinnesreiz, sagt Rudolf Steiner, und erst im Astralleib wird der Trieb Begierde. Schaffensmächte, Gestaltungskompetenzen reifen dadurch, dass der Mensch auf der Grundlage der seelischen Reaktion auf die Sinneswahrnehmung zu handeln beginnt und Werke erschafft. Die Schöpferkraft des Menschen benötigt das Bewusstsein, der Welt gegenüberzustehen, auf sie wirken zu können.
Im Mantra 5 E erscheint das Wesen der Seele. Doch diese Seele erscheint nicht getrieben, an die Sinne gebunden wie im Mantra 31 e durch die Seelentriebe. Das Wesen der Seele im Mantra 5 E ist geweitet zum Weltensein. Die Seele ist auferstanden aus der engen Innenmacht der Selbstheit. Die Seele erscheint befreit von der Dualität, von dem Abgegrenztsein und dem Gegenüberstehen der Welt. Die Trennung von seelischer Innenwelt und sinnlich wahrnehmbarer Außenwelt ist aufgehoben. Im Russischen bedeutet der Ausruf ‘Christus ist auferstanden!’ (‘Christós voskréss!’) wörtlich: Christus ist entkreuzt. (Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 113) Und mit der Entkreuzung ist nicht die Kreuzabnahme des Leibes gemeint. Es ist gemeint, dass der Auferstandene nicht mehr an das Kreuz des Weltenleibes gebunden ist, so wie alle im Körper lebenden Menschen. Das Bild der Kreuzigung der Weltseele — und damit aller menschlichen Seelen — am Weltenleib geht auf Plato zurück. Wilhelm Kelber schreibt: „Platon … hatte das Bild geprägt von der Weltseele, die in der Form des griechischen Buchstaben Chi (X), also etwa in einer Figur, wie sie das sogenannte Andreaskreuz darstellt, auf dem erschaffenen Kosmos ausgespannt ist.” (Die Logoslehre, S. 103) Der griechische Buchstabe Chi (X) entspricht in seiner Form der von Rudolf Steiner angegebenen Gebärde für das E; den gekreuzten Gliedmaßen, klassischer Weise der Unterarme. Im Mantra 5 E erscheint das Wesen der Seele geweitet zum Weltensein. In meiner Vorstellung ist das Wesen der Seele nun nicht mehr kreuzförmig, d.h. ans Kreuz gebunden, sondern kreisförmig bzw. sphärisch. Die Seele ist wieder sonnenhaft. In der Eurythmie gibt es für das E eine zweite, ganz andere Ausdrucksmöglichkeit. Es ist das sogenannte Horizont‑E, das durch waagerecht seitlich ausgebreitete Arme dargestellt wird. Leicht lässt sich dieses E als die Teilung der Halbjahre in eine obere Sommer-Jahreshälfte und eine untere Winter-Jahreshälfte vorstellen. Das Wesen der Seele gleicht nun dem Jahreskreis. Das Wesen der Seele erscheint im Licht aus Geistestiefen und dadurch ist auch die Seele eins mit dem Licht aus Geistestiefen. Die Seele ist dieses Licht, in dem das Schaffen der Götter, der vier Jahreskreis-Erzengel, offenbar wird.
Das Mantra 31 e schildert, wie das Licht aus Geistestiefen zum irdisch-dualen Bewusstsein des Menschen führt — zu seiner Bindung an das Kreuz — zur Abtrennung der seelischen Innenwelt von der Außenwelt. Dieser Aspekt drückt sich im eurythmisch gekreuzten E aus. Das Mantra 5 E schildert, das auch die Überwindung der Dualität, die Auferstehung der Seele, schon in diesem Licht aus Geistestiefen enthalten ist, dass die Auferstehung in diesem Licht erscheint und dadurch sich verwirklicht. Dieser konträren Seelensituation entspricht das E der waagerecht seitlich ausgebreiteten Arme.