8 H

Es wächst der Sinne Macht

Im Bunde mit der Göt­ter Schaffen,

Sie drückt des Denkens Kraft

Zur Traumes Dumpfheit mir herab.

Wenn göt­tlich Wesen

Sich mein­er Seele einen will,

Muss men­schlich Denken

Im Traumes­sein sich still bescheiden.

Pfingsten, das jüdische Fest Schawout — und die Zahl 50

Das Spruch-Mantra 8 H gehört zum Pfin­gst­fest, denn dieses Fest wird 50 Tage nach Ostern gefeiert. Diese Anzahl von Tagen wird bere­its in der Apos­telgeschichte angegeben: “Und als dann das Fest des fün­fzig­sten Tages, das Pfin­gst­fest, gekom­men war, waren sie alle in Ein­tra­cht ver­sam­melt. Und plöt­zlich ertönte vom Him­mel her ein Schall wie das Brausen eines Sturmwindes und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Feuerzun­gen, die sich verteil­ten und sich auf jeden einzel­nen von ihnen nieder­ließen. Und alle wur­den vom heili­gen Geist erfüllt und began­nen, in frem­den Zun­gen zu reden, wie ihnen der Geist die Worte eingab” (Apos­telgeschichte 2, 3–4).

Dieses Ereig­nis fand zum jüdis­chen Wochen­fest Scha­wout statt, das “zum 50. Tag” bedeutet. Das Fest der ungesäuerten Brote, Pes­sach, liegt 50 Tage zurück. Scha­wout ist ein Erntedank­fest, an dem des Mose gedacht wurde, der auf dem Sinai die Geset­zestafeln mit den Zehn Geboten zum zweit­en Mal von Jahve emp­fan­gen hat­te. Jahve hat­te — durch Mose ver­mit­telt — mit seinem Volk einen Bund geschlossen.

Bei­den Fes­ten, Scha­wout und Pfin­g­sten, ist gemein­sam, dass sie einen von oben emp­fan­genen, einen­den Geist feiern. Moses gab dem Volk durch die Zehn Gebote einen gemein­samen Sozial-Leib. Er machte sie zu einem Volk, zu Seinem, zu Jahves Volk. Wie Mose von Jahve, so erhiel­ten die Jünger durch den Heili­gen Geist den Auf­trag, aus­ge­hend von ihrer Urge­mein­schaft Gemein­den, Gemein­schaften zu grün­den. Mit Pfin­g­sten wird die Begrün­dung der christlichen Gemein­schaft, der Gemeinde und der Kirche gefeiert. Auch wenn der Begriff “Kirche” für uns belastet sein mag, so gilt den­noch: wer von sich sagt, dass er Christ ist, kann sich zuge­hörig fühlen zum “Gottesvolk” — unab­hängig jeglich­er Konfession.

Was sagt die Zahl 50 über dieses Fest? Der fün­fzig­ste Tag ist der erste Tag der acht­en Woche. Sieben Wochen sind seit dem Oster­fest ver­gan­gen. Sieben ist in sehr vie­len Reli­gio­nen eine beson­dere oder sog­ar heilige Zahl. Beruhend auf der jüdis­chen Reli­gion wurde die Welt in sieben Tagen erschaf­fen. Die sieben Wochen­t­age und die sieben klas­sis­chen Plan­eten sind uns aus der Ster­nen­weisheit der alten Baby­lonier über­liefert. Aus Indi­en stammt die Lehre der sieben Haupt-Chakren. Hier unter­schied man im Mit­te­lal­ter sieben innere Organe des Men­schen, sieben Met­alle, sieben Töne in der Ton­leit­er, sieben Far­ben des Regen­bo­gens. Die sieben Ple­jaden wer­den in vie­len Kul­turen als sieben Tauben oder Jungfrauen ange­se­hen. Sieben zeigt sich dadurch als die Zahl der Zeit, die eine Entwick­lung in sieben Stufen gliedert. 49 ist die Quadratzahl (7 x 7) von sieben und kann als ihre Über­höhung und als vol­lkommen­er Abschluss eines großen Entwick­lungszyk­lus ver­standen wer­den. Am fün­fzig­sten Tag begin­nt dadurch etwas ganz Neues. Der fün­fzig­ste Tag ist ein neuer erster Tag, der Beginn ein­er “großen Woche”, eines wiederum sieben Mal sieben­fälti­gen neuen Zyklus.

Aber auch anders herum gedacht liegt in der Pfin­gst­woche ein beson­der­er Moment. Wenn jed­er Tag seit Ostern ein­er Woche im See­lenkalen­der-Jahr entspricht, so run­det sich dieses gedachte „kleine Jahr“ am 52ten Tag. Es vol­len­det sich am Dien­stag der Pfin­gst­woche. Die „große Woche“ und das „kleine Jahr“ begeg­nen sich, — sie treten in dieser Woche ver­bun­den auf.

Die nor­male, sieben­tägige Woche ist die men­schliche Woche. Sie ste­ht für den sieben­stu­fi­gen Entwick­lung­sprozess des Men­schen, für seine Seele. Ger­ade die Sieben ist durch die sieben Ple­jaden-Sterne, die sieben Jungfrauen oder Tauben eng mit dem Weib­lichen ver­bun­den. Deshalb kann ich in der „großen Woche“ die große Seele der Men­schheit erblick­en. Sie ist dargestellt in Maria. Das „kleine Jahr“ wird dadurch zum kleinen Kind auf ihrem Arm.

In diesem „Zeit-Code“ erkenne ich wieder, was über Pfin­g­sten tradiert wird: Maria als zen­trale Fig­ur des Pfin­g­stereigniss­es und als Per­son­ifika­tion der Kirche, der Gemein­schaft. Auf allen Pfin­gst­bildern nimmt Maria eine zen­trale Stel­lung ein.

Lebten die Jünger 40 Tage bis Him­melfahrt im direkt erlebten Kon­takt zu dem Aufer­stande­nen, so empfin­gen sie zu Pfin­g­sten am 50. Tag den Heili­gen Geist, um von da an selb­ständig den neuen Glauben in die Welt zu tra­gen. Durch diesen “Neuen Bund” steigerte sich ihr Bewusst­sein, und sie wur­den befähigt, von emp­fan­gen­den Men­schen zu verkün­den­den und geben­den zu wer­den. Sie wur­den durch ihren inneren Ver­wand­lung­sprozess, durch die Vol­len­dung der sieben mal sieben Stufen — von der Aufer­ste­hung Christi bis Pfin­g­sten — sel­ber zu ein­er ausstrahlen­den Sonne.

Was sagt das Mantra 8 H zu diesem Geschehen?

Das Mantra zeigt deut­lich zwei Teile. Im ersten Teil wird die Wirkung der Sinneswahrnehmung auf das Denken beschrieben. Im zweit­en Teil erfahren wir, welche Gnade dem Men­schen dadurch geschehen kann.

Das Mantra begin­nt mit ein­er Fest­stel­lung. Die Macht der Sinne wächst und dieses Wach­s­tum ist ver­bun­den mit dem Schaf­fen der Göt­ter. Es gibt einen Zusam­men­hang der Sin­neska­paz­ität mit dem, was sich den Sin­nen dar­bi­etet, dem Schöp­fungswerk der Göt­ter, der immer prachtvolleren Ent­fal­tung der Natur. Johann Wolf­gang von Goethe drückt diesen Zusam­men­hang so aus:

“Wär nicht das Auge sonnenhaft,

Die Sonne kön­nt es nie erblicken.

Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,

Wie kön­nt uns Göt­tlich­es entzücken.”

Die Macht der Sinne ist im Bunde, hat einen Bund geschlossen mit dem Schaf­fen der Göt­ter. Die For­mulierung lässt an den Bund denken, den Jahve mit seinem Volk schloss. Sinne und Göt­ter sind miteinan­der ver­bun­den, ziehen sozusagen an einem Strang, wirken in dieselbe Richtung.

Was ist das Ziel dieses gemein­samen Wirkens? Sie, die Macht der Sinne, dämpft die Kraft meines Denkens. Durch die zunehmende Macht mein­er Sinne, ver­bun­den mit dem immer gewaltiger in Erschei­n­ung tre­ten­dem Schaf­fen der Göt­ter, wird meine Denkkraft, der Wach­heits­grad meines Denkens auf die Stufe des Träu­mens reduziert. Wach­es, bewusstes Denken erfordert viel Bewusst­sein­skraft, traumhaftes, unbe­wussteres Denken weniger. Kann ich diese Wirkung der Sinneswahrnehmung auf mein Denken beobacht­en? Ja, denn ich denke ganz automa­tisch das, was ich sehe oder was ich durch andere Sin­neskanäle wahrnehme. Begeg­net mir ein Vogel, erscheint das Wort Vogel in meinem Denken, spüre ich Wind, so denkt es Wind in mir. Dieses traumhafte, unbe­wusst ablaufende Denken wird mir erst dann bewusst, wenn ich z.B. etwas sehe, zu dem ich keinen Begriff hinzufü­gen kann. Ein wach­machen­der Schreck durch­fährt mich in dieser sel­ten vork­om­menden Sit­u­a­tion. An diesen Beobach­tun­gen wird deut­lich: die Sinne haben die Macht, das Denken zu führen.

Die Macht der Sinne meint aber auch die Überzeu­gungskraft, die die Sinne auf das wache Denken des Men­schen ausüben. Erleb­nis­sen in der äußeren Welt wird eine weit größere Real­ität zuge­sprochen als solchen der Innen­welt. Der Zugang zu den unsicht­baren Erleb­nis­sen, den Erfahrun­gen geistiger Art wird dadurch immer schw­er­er, die Weltan­schau­ung immer mate­ri­al­is­tis­ch­er. Ein wach­er Ver­stand ist dadurch der emp­fan­gen­den Auf­nahme hin­der­lich, wenn die geistige Welt sich dem Men­schen mit­teilen will. Die Her­ab­dämp­fung mein­er Wach­heit im Denken fol­gt deshalb ein­er höheren Bes­tim­mung. Auch in mir wirken die Göt­ter, indem sie mich leise “ein­schlafen” lassen, wenn ich wahrnehme.

In diesem Mantra wird den Sin­nen Macht, meinem Denken dage­gen Kraft zuge­sprochen. Die Sinneswahrnehmung gle­icht hier einem König. Auch dieser hat Macht, selb­st wenn er diese ger­ade nicht ausübt. Für das Denken wird dage­gen von Kraft gesprochen. Damit ist die Energie der Tätigkeit gemeint, nicht das grund­sät­zliche Ver­mö­gen, die Macht. Die Sinne regieren sozusagen über die für das Denken zur Ver­fü­gung ste­hende Energie. Auch dies ist beobacht­bar. Denke ich konzen­tri­ert nach und möchte dafür max­i­mal viel Energie zur Ver­fü­gung haben, so wende ich meine Aufmerk­samkeit von der Sinneswahrnehmung ab, schalte sie sozusagen aus, und wende mich nur meinem Gedanken­gang zu.

Die wach­sende Macht der Wahrnehmung ste­ht im Zusam­men­hang mit dem Schaf­fen der Göt­ter. So wie der Men­sch im Schlaf regener­iert wird, so ist auch das Wahrnehmungsleben ein Beschenkt-Wer­den durch die Göt­ter. Durch die Wahrnehmungs­fähigkeit des Men­schen kann er das Schaf­fen der Göt­ter, ihre Macht erleben. Der Men­sch sieht die durch die Zeit bewirk­ten Verän­derun­gen im Raum und erlebt Entwick­lung. Die Wahrnehmung nährt und beschenkt uns geistig, während wir im träu­menden Bilder­be­wusst­sein leben. Erwacht der irdisch-wache Ver­stand, so stellt er sich der Wahrnehmung gegenüber, und er begin­nt zu urteilen, zu bew­erten. Dadurch entste­ht eine Dis­tanz, eine Tren­nung zwis­chen mir und der Wahrnehmung. Diese Tren­nung ver­hin­dert die unmit­tel­bare Berührung, die durch reine Wahrnehmung möglich ist.

Fol­gerichtig muss die Denk-Kraft, die den Geset­zen der Logik und damit einem lin­earen Geschehen fol­gt, her­abge­drückt, im Wach­heits­grad her­abgedämpft wer­den. Traum­be­wusst­sein ist ein Bewusst­sein, das in Bildern lebt. Rudolf Stein­er beschreibt das Aufwachen für die unsicht­bare Welt als ein Aufwachen in ein imag­i­na­tives Bild­be­wusst­sein, das dem Traumer­leben ähnelt. Dieses Bewusst­sein ist ein nicht-dis­tanziertes, nicht fra­gend-zweifel­ndes, son­dern ein Geschehen-zulassendes, sich hingeben­des, beja­hen­des Bewusst­sein. Durch die Hingabe an die äußere Wahrnehmung erüben wir uns diese Haltung.

Im zweit­en Teil des Mantras erfahren wir, was möglich ist, wenn mein men­schlich­es Denken nur träu­mend wach ist. Wohlge­merkt, nicht schlafend, vol­lkom­men unbe­wusst, son­dern traumwach.

Im zweit­en Teil wird ein “Wenn .… muss.…” Zusam­men­hang beschrieben, eine Bedin­gung, die zwin­gend zu erfüllen ist, soll ein Ereig­nis ein­treten. Auch im ersten Mantra des See­lenkalen­ders (1 A) begeg­neten wir diesem uner­bit­tlichen “Wenn…”. Hier drück­te es als Wenn-Dann Beziehung einen naturhaft geset­zmäßi­gen Zusam­men­hang aus, dem der Men­sch unter­wor­fen ist. Das erste Mantra (1 A) legte die Grund­lage für den abgeschlosse­nen Zyk­lus (und darüber hin­aus für das ganze Jahr). Das achte Mantra (8 H) erneuert die Grund­lage, auf der der kom­mende Entwick­lungszyk­lus auf­bauen wird. Diese Grund­lage rech­net mit der Mitwirkung des Men­schen, es heißt nicht mehr “wenn-dann”, son­dern “wenn-muss”.

Welche Bedin­gung muss ich nun erfüllen, damit sich das göt­tliche Wesen mit mein­er Seele vere­inen kann? Mein men­schlich­es Denken muss sich im Traumes­sein still beschei­den. Damit sind bei genauerem Hin­se­hen drei Bedin­gun­gen angegeben: Das Denken muss vom taghellen, meist nach außen gerichteten Wach­be­wusst­sein in das traumhafte Bilder­be­wusst­sein wech­seln, sich der eige­nen Seele zuwen­den. Außer­dem muss es still wer­den. Der ständi­ge Gedanken­fluss, das automa­tisch ablaufende unun­ter­broch­ene Selb­st­ge­spräch muss aufhören. Weit­er­hin muss sich das men­schliche Denken beschei­den. Es muss einem Größeren Raum geben. Das bedeutet auch, die Deu­tung­shoheit über das Geschehen abzugeben, sich kein Urteil anzu­maßen über etwas, dass für den irdis­chen Ver­stand unvorstell­bar ist.

Es ist das göt­tliche Wesen, das sich mit mein­er Seele einen, vere­ini­gen will. Bish­er, im ersten Teil des Mantras, ging es um das Schaf­fen der Göt­ter, ihr Wirken im Umkreis, in allem Wahrzunehmenden und gle­ichzeit­ig auch in meinen Sin­nen. Hier im zweit­en Teil will das göt­tliche Wesen, oder göt­tlich Wesen­haftes, oder das Wesen Gottes eins wer­den mit mein­er Seele. Im Ver­gle­ich zu den (vie­len) Göt­tern des ersten Teils erscheint mir das göt­tliche Wesen als eine Ein­heit und damit als noch machtvoller als diese. (Ich ver­ste­he dieses göt­tliche Wesen in Anbe­tra­cht der Tat­sache, dass es sich um das Pfin­gst-Mantra han­delt, als den Heili­gen Geist.) Die Aktiv­ität geht von diesem göt­tlichen Wesen aus, der Men­sch kann lediglich Gefäß sein, indem er die nöti­gen Bedin­gun­gen her­stellt. Es ist Gnade, wenn das göt­tlich Wesen­hafte bere­it ist, sich mit mir zu vere­inen. In gewis­sem Sinne ist es eine Befruch­tung von oben, die mir geschehen kann.

Das Pfin­gst­geschehen, die Beg­nadung mit dem Heili­gen Geist, ist in diesem Mantra ganz intim und schlicht geschildert. Deut­lich wird, dass es sich für mich als gegen­wär­tiges Erleb­nis nur vol­lziehen kann, wenn ich die Bedin­gun­gen dafür schaffe. Da das Mantra durchgängig aus der Per­spek­tive des Ich-Sprech­ers geschrieben ist, weist es darauf hin, dass es dem Men­schen möglich ist, dieses heilige Geschehen mit Bewusst­sein zu ver­fol­gen. Die “Göt­ter” haben die Vor­bere­itun­gen dafür getrof­fen, indem sie den Men­schen zu einem Wahrnehmungswe­sen gemacht haben. Auch jet­zt sind sie nicht nur in der Außen­welt, son­dern auch in uns schöpferisch tätig, um die Vere­ini­gung mit dem “göt­tlichen Wesen” vorzu­bere­it­en. Sie führen den Traumzu­s­tand her­bei, den der Men­sch bewahren kann, wenn sich sein Denken still beschei­det. Ob die Vere­ini­gung mit dem “göt­tlichen Wesen”, dem Heili­gen Geist, dann geschieht, hängt von dem­sel­ben ab und ist immer Gnade.

Ein Versuch

Hier will ich ver­suchen, dem Pfin­g­stereig­nis im eige­nen Denken nachzus­püren: Wenn ich zum Beispiel aus meinem wachen, kri­tisch und logisch schließen­den Ver­stand her­aus definiere, dass die Zeit der Heilige Geist ist, so ist sofort spür­bar, dass dem nicht so ist. Die so gewonnene Vorstel­lung der Zeit ist leer und tot. Die dem Ver­stand fass­bare Zeit ist geistleer. Wenn ich aber ins Bilder­be­wusst­sein wech­se­le und im Zen­trum des Jahreskreis­es eine Sonne erblicke, die durch die eingeze­ich­neten Wochen-Seg­mente graphisch entste­ht, dann kann ich dieses Bild weit­er beleben. Ich kann die Wochen durch­pulst erleben von ein­er im Zen­trum des Jahreskreis­es ste­hen­den, Leben schenk­enden geisti­gen Sonne. So kann sich dieses Bild als Gefäß erweisen. Mit diesem Bild kann sich das göt­tliche Wesen vereinen.

In vie­len Kirchen find­en sich Darstel­lun­gen der Pfin­gst-Taube als Bild des Heili­gen Geistes, die direkt aus dem Zen­trum ein­er leuch­t­en­den, gold­e­nen Sonne zu kom­men scheinen. Dieses Bild entspricht für mich der geisti­gen Sonne im Jahreskreis. In jede Woche geht ein Strahl der geisti­gen Sonne und durch­pulst sie, in jede Woche fliegt eine göt­tliche Taube und bringt die Botschaft der Quelle in die Welt.

Das göt­tliche Wesen muss wollen, heißt es im Mantra. Es ist Gnade, wenn sich das innere Bild erfüllt mit Geist — wenn es mehr wird als ein Bild. Diese Vere­ini­gung des Men­schlichen mit dem Göt­tlichen – oder des Göt­tlichen mit dem Men­schlichen wird Kom­mu­nion genan­nt. Bei­de Seit­en müssen sich aufeinan­der zubewegen.

Das Fest der Kom­mu­nion ist Fron­le­ich­nam, Leib des Her­rn über­set­zt, das am Don­ner­stag der auf Pfin­g­sten fol­gen­den Woche 9 I (großes i) gefeiert wird. Von Pfin­gst­son­ntag bis Fron­le­ich­nam sind es genau zwölf Tage – ein klein­er Jahreskreis, indem ein Tag für einen Monat ste­ht. Pfin­g­sten und Fron­le­ich­nam zeigen sich dadurch als zusam­menge­hörende Feste. Mit Fron­le­ich­nam ist, wie der Fest-Name sagt, der Leib und dadurch auch das Brot der Kom­mu­nion ver­bun­den. Zu Pfin­g­sten gehört mehr das Blut, der Wein und das Bild des Kelch­es. Blut und Wein sind Bilder der Zeit und des Lebens, das von Gen­er­a­tion zu Gen­er­a­tion weit­ergegeben wird. Isis, die vorchristliche Maria, von der es heißt, dass sie die Ver­gan­gen­heit, die Gegen­wart und die Zukun­ft – also die Zeit ist, rief man früher mit dem Ausspruch an: „O Blut der Isis!“ und meinte damit den Strom des Lebens.

Die Aus­gießung des Heili­gen Geistes, oft dargestellt als Feuer­flam­men auf den Köpfen der Jünger und auf Marias Kopf, ist selb­stre­dend eine feurige Energie. Es ist die Taufe mit Feuer, die den Jüngern von Chris­tus voraus­ge­sagt wird. Was ist dieses Feuer im Unter­schied zur Taufe mit Wass­er? Die alltägliche Wahrnehmung der Zeit zeigt sich im inneren Bild gerne als Fluss der Zeit, als Wass­er. Alles Leben ist in diesen Zeit-Strom einge­taucht, so auch wir Men­schen. Das men­schliche Bewusst­sein pen­delt meist zwis­chen Ver­gan­gen­heit und Zukun­ft und ver­passt die Gegen­wart, das Jet­zt. Doch Aufwachen und gegen­wär­tig wer­den ist möglich. Es ist wie ein Auf­tauchen aus dem Strom. Dann strahlt mein Bewusst­sein rings um mich aus wie eine Sonne. Auch der Jahres­lauf zeigt mir dieses andere Bild der Zeit. Ich kann mich ein­leben in das oben erwäh­nte Bild des Jahreskreis­es mit der geisti­gen Sonne im Zen­trum. Ich kann die Wochen des Jahres durch­strahlt erleben von ihrer Kraft, von ihrer Energie. Ihr feuriges, strahlen­des Licht tauft mit Feuer. Auch Gegen­wär­tigkeit, Geis­tes­ge­gen­wart ist eine feurige Kraft. Meine kleine Bewusst­seins-Sonne und die große geistige Sonne im Zen­trum des Jahreskreis­es sind verwandt.

Dieses zweifache innere Bild der Sonne ist wie ein Samen, ein Ver­sprechen unmit­tel­bar­er Geist­begeg­nung — wenn die Zeit dafür reif ist, wenn das göt­tliche Wesen sich hinein­senken will.