43 r

In win­ter­lichen Tiefen

Erwarmt des Geistes wahres Sein;

Es gibt dem Weltenscheine

Durch Herzen­skräfte Daseinsmächte;

Der Wel­tenkälte trotzt erstarkend

Das See­len­feuer im Menscheninnern.

 

Das wahre Sein des Geistes

und

der Wel­tenschein mit Daseinsmacht

Zur Vor­bere­itung des Mantras 43 r, um einen tiefen Zugang zu ermöglichen, möchte ich unter­schiedliche Aspek­te von Geist und Materie voranstellen. Die Vielzahl ergibt sich durch die sehr umfassenden und unter­schiedlichen Darstel­lun­gen Rudolf Stein­ers zur wahren Natur der Materie, ihrer Entste­hung und dem Ver­hält­nis von Geist und Materie. Mir liegt daran, wenig­stens ver­such­sweise den weit­en geisti­gen Hor­i­zont deut­lich zu machen, aus dem her­aus Rudolf Stein­er dieses Mantra geschrieben hat. Da sich die mod­erne Quan­ten­physik Rudolf Stein­ers Aus­sagen inzwis­chen annähert, soll auch ein Vertreter dieser Natur­wis­senschaft zu Wort kommen.

Geist und Materie ste­hen nicht fremd und auch nicht unvere­in­bar nebeneinan­der, sagt Rudolf Stein­er. Der Geist durch­dringt die Materie, er ist über­all. Materie ist ohne den Geist nicht zu denken: “Wir müssen zum Beispiel dadurch, daß wir jet­zt auf dem physis­chen Plan mit der äußeren Materie leben, in gewis­sen Fällen die Fähigkeit haben, auch in der äußeren Materie um uns herum über­all den Geist wahrzunehmen. Denn Materie ist ja nur ein Trug­bild, Maja, alles ist verdichteter Geist. So daß wir für das gewöhn­liche Leben unter den Gegen­stän­den der Materie den Geist zu spüren haben.” (Lit.: GA 127, S. 109, Her­vorhe­bung A.F.)

„Der Geis­tes­forsch­er sucht den Geist nicht nur im Men­schen, son­dern über­all um uns herum. In allem erscheint er wie eine innere Phys­iog­nomie. Er ist über­all im Wel­te­nall aus­ge­bre­it­et. Kein Men­sch, kein Tier, keine Pflanze, kein Stein kann sein, ohne daß der Geist die Grund­lage dieses Wesens ist. Hier­für gebrauche ich gerne ein Bild. Wir denken uns einen Wasser­be­häl­ter, in dem das Wass­er allmäh­lich abgekühlt wird. Dadurch möge etwas entste­hen wie ein teil­weis­er Ein­schlag von Eis­brock­en, so daß wir schwim­mend darin haben einige Eis­brock­en. Nehmen wir nun an, irgen­dein Wesen habe nicht die Fähigkeit, Wass­er wahrzunehmen, son­dern nur Eis. Da würde eben nur aus dem Wass­er her­aus das Eis auf­tauchen, das Wass­er selb­st aber würde dieses Wesen leug­nen. «Über­all ist nur Eis vorhan­den, Wass­er aber nicht», würde dieses Wesen sagen.

Ähn­lich ver­hal­ten sich nun die Men­schen zu Geist und Stoff. So wie in unserem Bilde das Eis aus dem Wass­er sich ver­härtet, so entste­ht die Materie aus dem Ursprünglichen, aus dem Geist. Materie ist nichts anderes als verdichteter Geist. Sie taucht für den Sehen­den auf aus dem Geist, dage­gen für den, der nicht sehen kann, aus dem Nichts. Alles im Wel­tenraum ist verdichteter Geist. Wenn nun der Mate­ri­al­ist kommt und sagt: «Das, was du Geist nennst, ist nicht vorhan­den», so ste­ht es mit sein­er Logik schlecht, denn er dürfte eigentlich nur zugeben, daß er den Geist nicht wahrnehmen könne.“ (Lit.: GA 57, S. 11f, Her­vorhe­bung A.F.)

Rudolf Stein­er sieht im Men­schen die Ursache für das Verge­hen des Stoffes und auch für dessen Bil­dung: „Indem der Men­sch ein Han­del­nder ist, so, daß eigentlich der Stoff fortwährend über­wun­den wird. Und was ent­fal­tet sich im Men­schen, indem er sich als freies Wesen in das reine Denken, das aber eigentlich wil­lens­mäßiger Natur ist, hineinen­twick­elt? Es entste­ht der Stoff. Wir sehen hinein in Stof­fentste­hung. Wir tra­gen selb­st in uns das­jenige, was den Stoff entste­hen macht: unseren Kopf; und wir tra­gen in uns das, was den Stoff ver­nichtet, wo wir es sehen kön­nen, wie der Stoff ver­nichtet wird: unseren Gliedmaßen‑, unseren Stof­fwech­selor­gan­is­mus.“ (Lit.: GA 202, S. 211, Her­vorhe­bung A.F.)

Da heute auch Physik­er der Quan­ten­physik zu ganz ähn­lichen Anschau­un­gen wie Rudolf Stein­er kom­men, soll hier auch der Physik­er Hans-Peter Dürr (1929–2014), zitiert wer­den: “Es gibt keine Dinge, es gibt nur Form und Gestaltverän­derung: Die Materie ist nicht aus Materie zusam­menge­set­zt, son­dern aus reinen Gestaltwe­sen und Poten­tial­itäten. Das ist wie beim Geist.” (Lit.: Dürr 1998)

An ander­er Stelle sagt Hans-Peter Dürr: „Im Grunde gibt es Materie gar nicht. Jeden­falls nicht im geläu­fi­gen Sinne. Es gibt nur ein Beziehungs­ge­füge, ständi­gen Wan­del, Lebendigkeit. Wir tun uns schw­er, uns dies vorzustellen. Primär existiert nur Zusam­men­hang, das Verbindende ohne materielle Grund­lage. Wir kön­nten es auch Geist nen­nen. Etwas, was wir nur spon­tan erleben und nicht greifen kön­nen. Materie und Energie treten erst sekundär in Erschei­n­ung – gewis­ser­maßen als geronnen­er, erstar­rter Geist. Nach Albert Ein­stein ist Materie nur eine verdün­nte Form der Energie. Ihr Unter­grund jedoch ist nicht eine noch ver­fein­erte Energie, son­dern etwas ganz Ander­sar­tiges, eben Lebendigkeit. Wir kön­nen sie etwa mit der Soft­ware in einem Com­put­er ver­gle­ichen.“ (Hans-Peter Dürr: Inter­view im P.M. Mag­a­zin (Mai 2007) Am Anfang war der Quan­tengeist, Her­vorhe­bung A.F.)

Aus der Per­spek­tive des Geistes betra­chtet beschreibt Rudolf Stein­er die Ursache für die Entste­hung von Materie fol­gen­der­maßen: “Sehen Sie, wenn näm­lich ein Prozeß im Wel­te­nall fort­geschrit­ten ist bis zur Form, die noch ganz im Geistig-Seel­is­chen ist, die noch keine Raumes­form ist, wenn der Prozeß fort­geschrit­ten ist bis zu dieser übersinnlichen Form, dann ist der näch­ste Schritt nur noch möglich dadurch, daß die Form als solche zer­bricht. Und das ist näm­lich das, was sich dem okkul­ten Anblick dar­bi­etet: Wenn gewisse For­men, die unter dem Ein­fluß der Geis­ter der Form geschaf­fen sind, sich bis zu einem gewis­sen Zus­tand entwick­elt haben, dann zer­brechen die For­men. Und wenn Sie nun ins Auge fassen zer­broch­ene For­men, etwas, was also dadurch entste­ht, daß For­men, die noch übersinnlich sind, zer­brechen, dann haben Sie den Über­gang von dem Übersinnlichen in das Sinnliche des Raumes. Und das, was zer­broch­ene Form ist, das ist Materie. … Materie ist ein Trüm­mer­haufen des Geistes. Es ist außeror­dentlich wichtig, daß man ger­ade diese Def­i­n­i­tion ins Auge faßt, daß Materie ein Trüm­mer­haufen des Geistes ist. Materie ist also in Wirk­lichkeit Geist, aber zer­broch­en­er Geist.” (Lit.: GA 134, S. 72ff, Her­vorhe­bung A.F.)

Wenn Materie eigentlich Maya, Schein ist, was ist sie dann wirk­lich? Dazu sagt Rudolf Stein­er: “In dem Satze: Materie ist gewobenes Licht, Seel­is­ches ist in irgen­dein­er Weise verdün­nte Liebe -, liegen die Schlüs­sel für unzäh­lige Geheimnisse des Erden­da­seins. Die gel­ten aber nur für das Erden­da­sein und für kein anderes Gebi­et des Wel­tenda­seins.” (Lit.: GA 120, S. 202, Her­vorhe­bung A.F.)

“Es gibt wirk­lich einen für hellse­herische Forschung erre­ich­baren Auflö­sungszu­s­tand aller Materie, wo sich alle Materie in einem dabei Gle­ichen zeigt; nur ist das, was da auftritt, nicht mehr Materie, son­dern etwas, was jen­seits aller spezial­isierten Mate­rien liegt, die uns umgeben. Und jede einzelne Materie stellt sich dann dar als ein aus dieser Grund­ma­terie — es ist ja keine Materie mehr — Kon­den­siertes, Verdichtetes, ob Sie Gold, Sil­ber oder was immer für eine Materie haben. Es gibt ein Grundwe­sen unseres materiellen Erden­seins, von dem alles Materielle nur durch Verdich­tung zus­tande gekom­men ist. Und auf die Frage: Was ist das für eine Grund­ma­terie unseres Erden­da­seins?- antwortet die Geis­teswis­senschaft: Jede Materie auf der Erde ist kon­den­siertes Licht! Es gibt nichts im materiellen Dasein, was etwas anderes wäre als in irgen­dein­er Form verdichtetes Licht. … Wo Sie hin­greifen und eine Materie anfühlen, da haben Sie über­all kon­den­siertes, zusam­mengepreßtes Licht. Materie ist ihrem Wesen nach Licht.” (Lit.: GA 120, S. 192, Her­vorhe­bung A.F.)

Wer den Geist hin­ter der Materie schauen will, muss einen Ein­wei­hungsweg gehen, denn die Materie ist nicht nur Licht, son­dern auch die Welt der Asur­as, der Dämo­nen und der Fin­ster­n­is, Ahri­mans Reich, wie Rudolf Stein­er sagt: “Der­jenige aber, der in die Ein­wei­hung hineinkommt und hell­sichtig wird, bei dem bleibt das nicht so, dem ste­ht nicht die äußere Materie gegenüber. Die ist als solche Maya. Eine Real­ität ist sie nur für den, der eben sein­er eige­nen inneren Werkzeuge sich bedi­ent. Was tritt an die Stelle der Materie? Das tritt uns ja ent­ge­gen, wenn wir uns die alte Ein­wei­hung vor Augen führen. Während dem Men­schen im All­t­ag die Materie, … gegenüber­ste­ht, ste­ht der Seele, die sich durch … die Ein­wei­hung hineinen­twick­elt, die Welt der Asur­as, die Welt des Dämonis­chen gegenüber, gegen die er zu kämpfen hat. Die Materie ist das, was Wider­stand leis­tet; die Asur­as, die Mächte der Fin­ster­n­is, die wer­den Feinde. Aber das alles ist eigentlich nur im Anklang, da blickt sozusagen etwas aus dem Seel­is­chen here­in, wir begin­nen das Seel­is­che zu fühlen. Dann erst wird dieses Seel­is­che spir­ituell sein­er selb­st gewahr, wo es in Kampf tritt gegen die Dämo­nen, gegen die Asuras.

In unser­er Sprache wür­den wir diesen Kampf, der aber nur wie im kleinen uns ent­ge­gen­tritt, als etwas beze­ich­nen, was als Geis­ter sicht­bar wird, wenn die Materie in ihrer Geistigkeit erscheint. Es tritt uns da eben im kleinen das ent­ge­gen, was wir als den Kampf der Seele mit dem Ahri­man ken­nen, wenn sie zur Ein­wei­hung kommt. Aber indem wir das auf­fassen als solch einen Kampf, ste­hen wir ganz im Seel­is­chen drin­nen. Dann wächst das, was früher nur die materiellen Geis­ter waren, ins Riesen­große her­an, der mächtige Feind ste­ht der Seele gegenüber. Da ste­ht Seel­is­ches gegenüber Seel­is­chem, da ste­ht der indi­vidu­ellen Seele im weit­en Weltall Ahri­mans Reich gegenüber.” (Lit.: GA 142, S. 97, Her­vorhe­bung A.F.)

Seelenfeuer

Was es mit dem See­len­feuer auf sich hat, wird uns in der Geschichte des bren­nen­den Dorn­busches (Alten Tes­ta­ments (2. Mose 3,2 ELB) ein­drucksvoll geschildert. Rudolf Stein­er sagt über diese Begeg­nung des Mose mit Jahve fol­gen­des: „So schauen wir zurück auf das Alte Tes­ta­ment und fra­gen uns : Wen verehrt das althe­bräis­che Volk in Wirk­lichkeit? Wer ist der Gott des alten hebräis­chen Volkes? — Die Ange­höri­gen der hebräis­chen Mys­te­rien haben es gewußt: den Chris­tus haben sie verehrt; den Chris­tus haben sie gese­hen in dem, der sprach das Wort: «Sage meinem Volke: Ich bin der Ich-bin.» — Aber wenn auch alles das nicht bekan­nt wäre, die Tat­sache, daß sich inner­halb unseres Men­schheit­szyk­lus der Gott im Feuer ankündigt, wäre für den, der hinein­schaut in die tiefen Geheimnisse der Natur, maßgebend genug, um das zu erken­nen, daß die Got­theit des bren­nen­den Dorn­busches und die Got­theit, die auf dem Sinai sich ankündigte, dieselbe ist, die aus geisti­gen Höhen her­abkommt, um das Mys­teri­um von Gol­gatha zu vol­lziehen durch den Her­ab­stieg in den men­schlichen Leib. Denn es beste­ht ein geheimnisvoller Zusam­men­hang zwis­chen dem Feuer, das draußen durch die Ele­mente der Natur entzün­det wird und dem, was als Wärme durch unser Blut pulsiert. Oft wurde schon betont in unser­er Geis­teswis­senschaft, der Men­sch sei ein Mikrokos­mos, der sich gegenüber­stellt der großen Welt, dem Makrokos­mos. Es muß daher, wenn wir in richtiger Weise zuse­hen, das, was im Men­schen an inneren Vorgän­gen ist, entsprechen äußeren Vorgän­gen im Uni­ver­sum. Zu jedem inneren Vor­gang müssen wir den entsprechen­den äußeren Vor­gang find­en kön­nen.“ (Lit.: GA 109, S. 96ff, Her­vorhe­bung A.F.)

Wenn der Men­sch fähig wird, mehr zu sehen als nur die materielle Welt, dann tritt er in die Ele­men­tarische Welt ein. Hier spricht Rudolf Stein­er auch direkt vom See­len­feuer: “Das Feuer des ele­men­tarischen Lebens läßt sich schon leichter beschreiben, denn es ist ver­wandt mit dem, was der Men­sch als innere See­len­wärme ken­nt, jenes eigen­tüm­liche Gefühl von Wärme, welche man zum Beispiel wahrn­immt, wenn man mit einem geliebten Men­schen zusam­men ist. Was sich da in die Seele ergießt an Wärme, das Erglühen in Begeis­terung oder Freude, das muß man natür­lich unter­schei­den von dem gewöhn­lichen Feuer, das die Fin­ger ver­bren­nt, wenn man hin­langt. Auch im gewöhn­lichen Leben fühlt der Men­sch, daß das physis­che Feuer eine Art Gle­ich­nis dieses See­len­feuers ist.“ (Lit.: GA 119, S. 156ff, Her­vorhe­bung A.F.)

Das Mantra 43 r ist der Abschluss eines vierstufigen Feuer-Prozesses

Die Mantren 40 o, 41 p, 42 q und 43 r verbindet ein Feuer­prozess. Im Mantra 40 o kommt des Wel­tenwortes Feuerkraft aus Herzens Liebe­wel­ten. Die Liebe­wel­ten sind keine irdis­chen Wel­ten, son­dern himm­lis­che. Die Feuerkraft des Wel­tenwortes entstammt dem Him­mel. Sie kommt auf die Erde, um den leeren Wahn der Eigen­heit­en zu erfüllen. Sie zeigt sich hier als wäss­rig. Sie erfüllt, sie fließt eher hinein als dass sie dort bren­nt. Im Mantra 41 p ent­flammt die Schaf­fens­macht der Seele die Göt­terkräfte zu rechtem Wirken. Hier begin­nt eine Inter­ak­tion ver­schieden­er Kräfte, die etwas Neues erschafft. Dieses Neue ist das Ent­flam­men, das Feuer auf seel­is­ch­er Ebene, das erschafft und nicht ver­nichtet. Es wird durch die Seele entzün­det. Doch zunächst tritt das Feuer nur als Herzenswärme, als Glut im Mantra 42 q, in Erschei­n­ung — als Offen­barung der eige­nen Kraft. Erst im Mantra 43 r bren­nt das Feuer tat­säch­lich. Das See­len­feuer im Men­schenin­nern trotzt der Wel­tenkälte, nach­dem des Geistes wahres Sein erwarmt ist.

In einem vier­stu­fi­gen Prozess kommt das Feuer vom Him­mel im Men­schenin­nern auf der Erde an. Es trans­formiert sich dabei absteigend durch die vier Wesens­glieder: Die Feuerkraft des Wel­tenwortes zeigt Ich-Qual­ität. Das Ent­flam­men der Göt­terkräfte durch die Schaf­fens­macht der Seele beschreibt die astrale Ebene. Herzenswärme ist ausstrahlende ätherische Wärme. Das See­len­feuer im Men­schenin­nern wird durch das Stof­fwech­selfeuer, dem Ver­bren­nen irdis­ch­er Stoffe, möglich gemacht — die physis­che Ebene.

Was beschreibt das Mantra 43 r?

Das Mantra 43 r ist das dritte Mantra in Folge, das in der neu­tralen drit­ten Per­son geschrieben ist. Wieder han­delt es sich um einen Prozess, der unab­hängig von der bewussten Mitwirkung des Men­schen ver­läuft, auf dessen Ergeb­nisse wir für unser Leben angewiesen sind.

Das Mantra hat einen drei­gliedri­gen Auf­bau. Jew­eils nach zwei Zeilen ste­ht ein Semi­kolon, sodass das sech­szeilige Mantra in drei Abschnitte unterteilt wird, die nebeneinan­der­ste­hen. Die ersten bei­den Zeilen benen­nen einen Sachver­halt, die zwei näch­sten beschreiben den dadurch zus­tande kom­menden Prozess und die let­zten zwei einen weit­eren Prozess, der die Reak­tion auf den ersten sein könnte.

Die ersten zwei Zeilen:

Das wahre Sein des Geistes erwarmt. Es wird nicht von außen erwärmt, es gewin­nt die Wärme aus sich selb­st. Das Erwär­men scheint mit dem Ort zusam­men­zuhän­gen, an dem sich der Geist befind­et. Es heißt: “In win­ter­lichen Tiefen erwarmt …” — somit find­et diese Erwär­mung “in win­ter­lichen Tiefen” statt. Was ist mit den “win­ter­lichen Tiefen” gemeint?

Sehe ich den Jahreskreis als Bild vor mir, mit den Jahreszeit­en als vier mit dem Kreis-Ort ver­bun­de­nen Qual­itäten, so ist der Win­ter das Unten, der Som­mer das Oben, während Früh­ling den Auf­stieg und Herb­st den Abstieg darstellen. Der Jahreskreis als dieses Rad zeigt den Win­ter also als Punkt des Still­standes, des zur Ruhe-kom­mens. Ein Tech­niker beschreibt das Zus­tandekom­men dieses Still­stands-Punk­tes so: Dem schwin­gen­den Pen­del wider­fährt real Still­stand in jedem der bei­den Umkehrpunk­te des Hin und des Her in der Schwingungsebene. Dem wogenge­tra­ge­nen Wassertropfen wider­fährt real Still­stand in jedem der bei­den Umkehrpunk­te des Auf und des Ab in der Ebene der Fortschre­itung der Welle. So auch den math­e­ma­tis­chen Punk­ten des Max­i­mums und des Min­i­mums ein­er lin­earen Sinuskurve. Insofern, als ein fes­ter Punkt auf einem vor­wärt­srol­len­den Rad — etwa der Nip­pel des Ven­tils am Reifen eines Fahrrads — beobachtet wird, also die Fort-Bewe­gung beobachtet wird, die resul­tiert aus Drehung und Eilen — gewahrt die Aufmerk­samkeit eine Zyk­loide, wie die Zeich­nung zeigt. Wenn die schwarze Punk­te-Lin­ie, die das Ven­til beschreibt, für einen Moment auf der grü­nen Boden-Lin­ie liegt, erscheint der Punkt des Stillstandes.

In der Tat wird in Skan­di­navien und vorchristlich auch im ger­man­is­chen Sprachraum der Jahres­lauf im Bild des Jul­rades dargestellt. In den Tiefwin­terta­gen durfte kein Rad gedreht, kein Spin­nrad und keine Spin­del benutzt wer­den, denn das würde Unglück brin­gen. Vielle­icht beruht diese Tra­di­tion auf dem Erleben der Wellen bei ein­er Boots­fahrt, denn der Ruhe-Umkehrpunkt des Hoch-Tief im ständi­gen Wech­sel­rhyth­mus macht seekrankt.

Auch der Begriff “Win­ter” sug­geriert den Still­stand, denn in Frost und Eis erstar­rt das Leben. Rudolf Stein­er sagt, dass an der Jahreszeit des Win­ters das Ich studiert wer­den kon­nte. (Sie Blog 42 q:

Win­ter­dunkel — die Jahreszeit­en-Worte im See­lenkalen­der) Dieser Moment des Still­standes und der Umkehr scheint mir das Beson­dere des Ichs tre­f­fend zu verdeut­lichen — ist es doch die Auf­gabe des Ichs, die unteren, vergänglichen Wesens­glieder (Astralleib, Äther­leib und physis­ch­er Leib) in die oberen, geisti­gen Wesens­glieder (Geist­selb­st, Lebens­geist, Geist­men­sch) umzuarbeiten.

Der Still­stand im Tiefwin­ter ist nur ein schein­bar­er. Das Jahres­rad bleibt nie wirk­lich ste­hen. In der Woche 43 r sind die Tage schon merk­lich länger. Das Leben bere­it­et sich ganz langsam vor, zurück zu kom­men. Der Geist erwarmt, weil für ihn eine neue Phase der Aktiv­ität beginnt.

Und was ist das wahre Sein des Geistes? Warum wird nicht ein­fach nur vom Geist gesprochen, der sich erwarmt? Der Geist als rein­er, kör­per­los­er Geist ist ger­ade nicht physisch. Doch das Sein des Geistes umgreift den kör­per­losen Zus­tand sowie auch den materiege­wor­de­nen. Erwarmt sich das wahre Sein, kommt Bewe­gung in den gegen­wär­ti­gen Zus­tand und die Trans­for­ma­tion von dem einen Zus­tand in den anderen beginnt.

Das zweite Zeilenpaar:

Es, das erwarmte, wahre Sein des Geistes, gibt dem Wel­tenschein Daseins­macht. Das bedeutet, dass das, was wir als Real­ität wahrnehmen, entste­ht — Materie wird gebildet. Den Wel­tenschein ver­ste­he ich als eine Umschrei­bung der Maya, der großen Täuschung, die die physis­che Real­ität als die einzig wahre hin­stellt und den Geist als dahin­ter­ste­hende Ursache ignori­ert. Die physis­che Real­ität ist unter diesem Gesicht­spunkt Schein, eine Schein­re­al­ität, denn der Geist ist die wahre Real­ität. Doch der Wel­tenschein erhält Daseins­macht — er wird Wirk­lichkeit als Physis. Vorher, ohne die Daseins­macht war der Wel­tenschein nur in der ätherischen Welt exis­tent — noch nicht physisch.

Noch genauer betra­chtet spricht das Mantra nicht nur von ein­er Daseins­macht, son­dern von mehreren — von Daseins­mächt­en. Das erwarmte, wahre Sein des Geistes gibt dem Wel­tenschein Daseins­mächte. Der Wel­tenschein wird zum einen eine vielschichtige Real­ität, wie wir sie physikalisch, chemisch und so weit­er nach Maß, Zahl und Gewicht ken­nen. Zum anderen erhält der Wel­tenschein eine (nach mein­er Ansicht) zweifache Macht des Daseins. Der Geist gibt dem Wel­tenschein nicht nur durch Verdich­tung Dasein, son­dern bere­it­et gle­ichzeit­ig den Prozess der Wieder-Vergeis­ti­gung vor, indem der Geist sel­ber hin­ter bzw. in aller Materie zu find­en ist.

Das wahre Sein des Geistes gibt durch Herzen­skräfte dem Wel­tenschein diese vield­imen­sion­alen Daseins­mächte. Ja, wessen Herz ist denn beteiligt — und welche Kräfte des Herzens kön­nen so Gewaltiges bewirken? Nicht nur die Daseins­mächte sind mehrere, auch die Herzen­skräfte sind min­destens zwei. Im See­lenkalen­der gibt es sieben Herz-Worte (Sie Blog 41 p: Sieben Herz-Worte im See­lenkalen­der). Erst das siebte Herz-Wort ist das Men­schen­herz (48 w) — die vorheri­gen wer­den nicht näher benan­nt. In diesen sechs Herz-Worten kann ein großes, göt­tlich­es Herz erah­nt wer­den mit je einem Herz-Wort für die vier “Herzkam­mern”, eines für die “Ein­bet­tung” und eines für das “Innen­leben” des Herzens. Die Herzen­skräfte sind das sech­ste Herz-Wort. Sie sind dieses “Innen­leben”, die durch das Herz strö­menden zwei Butkreis­läufe. Der Kör­p­er-Kreis­lauf trans­portiert das Leben spendende sauer­stof­fre­iche Blut in die Periph­erie des Kör­pers, der Lun­gen-Kreis­lauf das mit Kohlen­diox­id angere­icherte Blut zur Lunge. Let­zteres ist Grund­lage unseres Bewusst­seins durch latente Abster­bevorgänge. Die im Herzen sich begeg­nen­den Kräfte, — die Herzen­skräfte — sind es, die Leben erschaf­fen und Geist durch Bewusst­sein her­vor­brin­gen­den. Sie geben dem Wel­tenschein die Macht, eben­so auf zweifache Weise da zu sein — als Daseinsmächte.

Diese Zeilen kön­nen nicht nur makrokos­misch, son­dern auch mikrokos­misch gele­sen wer­den. Auch der Men­sch besitzt die Macht zu erschaf­fen. Zwar wird im Mantra kein bewusster Ich-Sprech­er genan­nt, doch deuten die Herzen­skräfte darauf hin, dass der Men­sch sehr wohl beteiligt ist an diesem Prozess sein­er Real­ität­ser­schaf­fung. Ein mod­ern­er Aus­druck für dieses Erschaf­fen lautet Man­i­festieren”, das sowohl als bewusster Prozess gedacht wer­den kann, als auch als unbe­wusster. Wird der Prozess bewusst vol­l­zo­gen, kommt es zum einen auf eine präzise gedankliche Vorstel­lung der zu erschaf­fend­en Real­ität an, zum anderen auf das Gewär­ti­gen der dazuge­höri­gen Gefüh­le. Um das zu Gewär­ti­gende auch zu erleben wird emp­fohlen, einen solchen Gefühlszu­s­tand herzustellen, der das Ersehnte als ein bere­its im Vor­griff Wahrge­wor­denes erleben lässt. Dabei wird der Wel­tenschein zunächst im Denken aus dem Geist erschaf­fen und im zweit­en Schritt durch das herzwarme Fühlen mit Daseins­macht aus­ges­tat­tet. Was ich füh­le ist im gegen­wär­ti­gen Moment eine Realität.

Das dritte Zeilenpaar:

Zu dem oben im mit­tleren Zeilen­paar beschriebe­nen Prozess der Real­ität­ser­schaf­fung, gesellt sich ein zweit­er Prozess. Das Verb des ersten Prozess­es ist “geben”, das Verb des zweit­en “trotzen”. Der zweite Prozess ist deshalb ein sich ent­ge­gen­stel­len­der, Wider­stand bietender, eben trotzen­der Prozess. Obwohl es nicht direkt aus­ge­sprochen wird, scheint mir dieser Prozess eine Gegen­reak­tion auf den ersten Prozess — der Daseins-Entste­hung — zu sein. Im zweit­en Prozess trotzt das See­len­feuer im Men­schenin­nern der Wel­tenkälte. Die Herzen­skräfte des ersten Prozess­es implizieren die Entste­hung von Wärme. Nun im zweit­en Prozess ste­ht das See­len­feuer im Zen­trum. Es trotzt und wird dadurch stärk­er. Auch äußeres Feuer bren­nt umso mächtiger, je mehr es ver­bren­nt. Das äußere Feuer ver­bren­nt Materie, ver­wan­delt sie in Licht und Wärme, vergeistigt sie. Feuer vol­lzieht als Naturkraft eine Gegen­be­we­gung zur Materie-Bil­dung. So auch das See­len­feuer — es trotzt der Wel­tenkälte. Diese Gegen­be­we­gung find­et im Men­schenin­nern statt.

Im Innern, aber dur­chaus physisch, “bren­nt” das Feuer des Stof­fwech­sels. Dieser Prozess gehört zur Grund­lage der See­len­fähigkeit des Wil­lens. Nur der Wille kann sich ent­ge­gen­stellen, trotzen, das Gegen­teilige wollen von dem, was ger­ade ist. Zwar erwarmte des Geistes wahres Sein in win­ter­lichen Tiefen und set­zt den Welt-Werde-Prozess in Gang durch die Herzen­skräfte, doch die entste­hende Welt ist eine kalte, win­ter­liche. Hier herrscht Wel­tenkälte — und so erleben wir die Außen­welt auch: als kalt, uner­bit­tlich und dunkel. Dem set­zt der Men­sch sein See­len­feuer entgegen.

Ein feiner­er Prozess als die Stof­fver­bren­nung im Stof­fwech­sel ist die Ätheri­sa­tion des Blutes, die Rudolf Stein­er beschreibt. Im Herzen, so sagt er, wird ein Teil des irdis­chen Blutes wieder zu Äther, zu Geist und ermöglicht uns ein Bewusst­sein, das nicht auss­chließlich auf die Befriedi­gung kör­per­lich­er Bedürfnisse aus­gerichtet ist. Indem wir Bewusst­sein von uns sel­ber entwick­eln, stellen wir uns der Welt gegenüber. Wir “trotzen” der Welt dadurch und behaupten uns als Eigen­we­sen. Indem das See­len­feuer der Wel­tenkälte trotzt, erstarkt es. Je stärk­er wir uns der Welt gegenüber­stellen, ihr trotzen, desto mehr Erken­nt­nis gewin­nen wir, desto stärk­er bren­nt das See­len­feuer und erhellt die Welt. Heute ist “Trotz” neg­a­tiv kon­notiert. In dich­ter­isch­er Sprache ist seine pos­i­tive Seite erhal­ten geblieben: Trutz bieten, ein Schutz- und Trutzbünd­nis oder ein trutziger (ein stolz­er, wider­stands­bere­it­er) Held. So bewahrt auch das Trotzen des See­len­feuers vor der Wel­tenkälte, die ohne das­selbe alles Leben ein­frieren würde.

Die drei Zeilen­paare als Aus­druck der drei Seelenfähigkeiten:

In den ersten bei­den Zeilen lebt die besonnene, Tat­sachen fest­stel­lende Hal­tung des Denkens. In den mit­tleren bei­den Zeilen ist die erschaf­fende, aus dem Herzen stam­mende Kraft des Füh­lens anwe­send. Die let­zten bei­den Zeilen lassen die feurige Kraft des Wil­lens erleben. Dadurch wird im Mantra 43 r ein Men­sch geschildert, der noch nicht zum Selb­st­be­wusst­sein erwacht ist. Die Prozesse laufen ab, ohne dass dieser Men­sch sie zu seinen Gun­sten bee­in­flussen kann. Es gibt keinen bewussten Ich-Sprech­er im Mantra. Der paradiesisch-schuld­lose Men­sch ste­ht hier vor uns.