34 h

Geheimnisvoll das Alt-Bewahrte

Mit neuer­stand­nem Eigensein

Im Innern sich belebend fühlen:

Es soll erweck­end Weltenkräfte

In meines Lebens Außen­werk ergießen

Und wer­dend mich ins Dasein prägen.

Der Sonntag des Mantras 34 h ist der Totensonntag, Ewigkeitssonntag oder Christkönigtag

Der Son­ntag vor dem ersten Advent wird seit dem Mit­te­lal­ter als der let­zte im Kirchen­jahr betra­chtet. In der evan­ge­lis­chen Kirche wird er Toten­son­ntag oder Ewigkeitsson­ntag genan­nt, in der katholis­chen Kirche heißt er Christkönigsson­ntag. Im altkatholis­chen Kalen­der wird er als “Son­ntag vom wiederk­om­menden Her­rn” ver­merkt. In bei­den Kirchen ist dieser Son­ntag dem Überzeitlichen, Ewigen gewid­met und wird mit der Wiederkun­ft Christi verbunden.

Lässt sich ein Ver­ständ­nis entwick­eln, für diese ewige Chris­tuskraft, die da kom­men will? Und wie zeigt sie sich im Mantra 34 h?

Was im Neuen Testament über die Wiederkunft Christi steht

„Dann wird der Men­schen­sohn den schauen­den See­len erscheinen in den Wolken des Äther­re­ich­es, umkraftet von den bewe­gen­den Wel­ten­mächt­en, umleuchtet von den Geis­tern der Offen­barung.“ Lukas 21,27 EU

„Dann wird geschaut wer­den das Kom­men des Men­schen­sohnes im Wolken­we­sen, umkraftet von der Macht, umleuchtet vom Licht der sich offen­baren­den Geis­teswelt.“ Markus 13,26 EU

„Siehe, er kommt im Wolken­sein. Alle Augen sollen ihn schauen, auch die Augen der­er, die ihn durch­stochen haben. Alle Geschlechter­fol­gen auf der Erde sollen erfahren, was es heißt, ihm zu begeg­nen.“ Offen­barung 1,7 EU

Über die Wiederkunft Christi im Ätherischen

Rudolf Stein­er hat oft und aus­führlich über die Wiederkun­ft Christi gesprochen: „Durch das Ereig­nis bei der Taufe im Jor­dan, als der Chris­tus in den Leib des Jesus von Nazareth her­ab­stieg, und durch das Mys­teri­um von Gol­gatha ist die Men­schheit fähig gewor­den, den Chris­tus später — in diesem Jahrtausend noch, von etwa 1930 an — im Äther­leib zu schauen und zu erleben. Chris­tus ist nur ein­mal auf Erden in einem physis­chen Leibe gewan­delt, und das muß man ver­ste­hen kön­nen. Die Wiederkun­ft des Chris­tus bedeutet: den Chris­tus übersinnlich im Äther­leibe zu schauen. Daher muß jed­er, der den richti­gen Gang der Entwick­elung gehen will, sich die Fähigkeit errin­gen, mit dem geisti­gen Auge schauen zu kön­nen. Es wäre kein Fortschritt der Men­schheit, wenn Chris­tus noch ein­mal im physis­chen Leibe erscheinen müßte. Das näch­ste Mal wird er sich im Äther­leibe offen­baren.“ (Lit.: GA 130, S. 77)

„Denn an jen­em Zeit­punkt sind wir ange­langt, wo der ätherische Chris­tus in das Erden­leben ein­greift und zunächst ein­er kleinen Anzahl von Men­schen sicht­bar wird wie in einem natür­lichen Hellse­hen. Dann in den näch­sten dre­itausend Jahren wird er immer mehr Men­schen sicht­bar wer­den. Das muß kom­men, das ist ein Natur­ereig­nis. Daß es kommt, ist eben­so wahr als im neun­zehn­ten Jahrhun­dert die Errun­gen­schaften der Elek­triz­ität gekom­men sind. Daß eine gewisse Anzahl von Men­schen den Äther-Chris­tus sehen wird, das Ereig­nis von Damaskus haben wird, ist wahr. Aber es wird sich darum han­deln, daß die Men­schen ler­nen, den Moment zu beacht­en, wo der Chris­tus an sie her­antritt. … Das ist das Pos­i­tive, das­jenige, was als pos­i­tives auf­bauen­des Ele­ment in die Men­schheit­sen­twick­elung ein­greifen wird.“ (Lit.: GA 130, S. 93f)

Die Wiederkun­ft des Chris­tus wird die Men­schen verän­dern, ins­beson­dere ihre Kraft sich zu erin­nern. “Wo hinein der Chris­tus- Impuls noch nicht geleit­et wer­den kann, wo hinein­geleit­et zu wer­den er sich aber vor­bere­it­et, das ist die men­schliche Erin­nerung, das Erin­nern des Men­schen. Denn außer dem Aufrecht­ge­hen und ‑ste­hen, dem Reden oder Sprechen, dem Denken, tritt jet­zt die Chris­tus-Kraft in das Erin­nern ein. Wir kön­nen ver­ste­hen den Chris­tus, wenn er durch die Evan­gelien zu uns spricht. Aber wir wer­den als Men­schen erst dazu vor­bere­it­et, daß der Chris­tus auch ein­tritt in die Gedanken, die dann als erin­nerte Gedanken und Vorstel­lun­gen in uns leben und sind und so weit­er in uns leben. Und eine Zeit wird her­ankom­men für die Men­schheit, die allerd­ings erst voll­ständig wer­den wird in der sech­sten größeren Peri­ode der Men­schheit­sen­twick­elung, aber jet­zt sich vor­bere­it­et, wo die Men­schen hin­se­hen wer­den auf das, was sie erlebt und erfahren haben und was als Erin­nerung in ihnen lebt, und wer­den sehen kön­nen, daß in der Kraft des Erin­nerns der Chris­tus mitlebt. Durch jede Vorstel­lung wird der Chris­tus sprechen kön­nen. Und auch wenn wir unsere Vorstel­lun­gen in der Erin­nerung wieder­beleben, so wird in der Erin­nerung, in dem, was so eng, so intim mit uns ver­bun­den ist wie unsere Erin­nerung, der Chris­tus mit ver­bun­den sein. Zurück­blick­en wird der Men­sch kön­nen auf sein Leben und sagen wird er sich: So wie ich mich erin­nere, so wie die Kraft des Gedächt­niss­es in mir lebt, so lebt in diesem Gedächt­nis der hineingegossene Chris­tus- Impuls. Der Weg, der den Men­schen geboten wird, immer mehr und mehr wahr zu machen die Worte: Nicht ich, der Chris­tus in mir, — der Weg wird dadurch geeb­net, daß in die Erin­nerungskraft allmäh­lich der Chris­tus-Impuls einziehen wird.” (Lit.: GA 152, S. 115f)

Welche Prozesse beschreibt das Mantra 34 h?

Das Mantra 34 h fol­gt auf das Mantra 33 g, in dem der dro­hende Tod der Welt beschrieben wird. Die Ret­tung für die Welt, so sagt das Mantra 33 g, ist das seel­is­che Miter­leben des Men­schen. Dadurch kann die Welt sich in der Seele neu erschaf­fen. Wir tra­gen Vorstel­lun­gen, innere Bilder der Welt in der Seele. Die Welt offen­bart sich dort, aber ohne Macht.

Hier schließt das Mantra 34 h an. Was nun fol­gt, ist geheimnisvoll. Ganz im Geheimen, im Außen vol­lkom­men unsicht­bar, kündigt sich ein Neu-wer­den, eine Bele­bung an. Ein neues Leben begin­nt! Und Wel­tenkräfte sollen sich mit dem Schritt von innen nach außen ergießen. Ich habe den Ein­druck, die im Mantras 33 g noch nicht vorhan­dene Macht kommt nun hinzu.

Doch jet­zt Schritt für Schritt zum Mantras 34 h: Ich füh­le das Alt-bewahrte sich im Innern beleben. Möglich wird dieser Prozess durch mein neuer­standenes Eigen­sein. Ein Zusam­men­wirken von Alt-Bewahrtem und neu erstand­nem Eigen­sein find­et hier statt, das ich wie eine Befruch­tung erleben kann. Mein Eigen­sein belebt das Alt-Bewahrte, bringt es in Entwick­lung — ganz so wie die männliche Samen­zelle die weib­liche Eizelle. Mein neu erstandenes Eigen­sein wirkt befruch­t­end auf das Alt-Bewahrte, woraufhin es zu leben beginnt.

Zum ersten: Was ist denn auf seel­is­ch­er Ebene das Alt-Bewahrte, das belebt wer­den kann? Und was ist entsprechend mein neuer­standenes Eigen­sein, das diese Bele­bung bewirken kann? Wer oder was ist “Mut­ter und Vater” dessen, worum es hier gehen wird? Hier hil­ft der Spiegel­spruch, das Mantra 19 S. In diesem Mantra geht es um den eben­so geheimnisvollen Prozess, das Neu-Emp­fan­gene, meine Wahrnehmungen mit der Erin­nerung zu umschließen. Es geht darum, die Erleb­nisse so zu ver­wan­deln, dass sie erin­ner­bar wer­den. Das The­ma des Mantras 34 h ist es nun, diese lange bewahrten Erin­nerun­gen auch tat­säch­lich zu erin­nern, sie ins gegen­wär­tige Bewusst­sein und damit in das Leben der Gegen­wart zu holen.

Diese Erin­nerun­gen wer­den nicht ein­fach aus dem Unter­be­wusst­sein her­aufge­holt, wie all­ge­mein angenom­men wird. Rudolf Stein­er sagt dazu: „Es ist eine kindliche Vorstel­lung, wenn etwa jemand glauben wollte, daß, wenn er jet­zt einen Ein­druck der Außen­weit hat und sich mor­gen daran erin­nert, dieser Ein­druck in irgen­dein­er Form in ihm gesessen habe. Er hat gar nicht gesessen, son­dern ein Bild, das men­schenähn­lich ist, ist in dem Men­schen geblieben. Wirk­lich, von jedem Ein­druck der Außen­welt bleibt ein Bild, das men­schenähn­lich ist. Und wenn Sie sich mor­gen wieder an den Ein­druck erin­nern, dann ver­set­zen Sie Ihre Seele in dieses Men­schen­bild, das in Ihnen ist. Und der Grund, warum Sie mor­gen nicht dieses Men­schen­bild sehen, son­dern sich an den Ein­druck erin­nern, ist der, daß Sie in Ihrem Astralleib lesen. Es ist eine richtige Lesetätigkeit, eine unter­be­wußte Lesetätigkeit; ger­adeso wie wenn Sie irgend etwas auf­schreiben und später lesen wollen, Sie nicht die Buch­staben beschreiben, son­dern das, was die Buch­staben bedeuten, so ist es mor­gen, wenn Sie sich an das heute Erlebte erin­nern. Sie schauen nicht das Bild an, das in Ihnen ent­standen ist, das Men­schen­phan­tom, das da in Ihnen lebt, son­dern Sie deuten es. Sie ver­set­zen sich in der Seele in dieses Men­schen­phan­tom, und Ihre Seele erlebt etwas ganz anderes als dieses Men­schen­phan­tom. Sie erlebt das­jenige, was sie gestern erlebt hat, noch ein­mal.“ (Lit.: GA 159, S. 351f, Her­vorhe­bun­gen A.F.) Rudolf Stein­er beschreibt hier, das unter den bewusst wer­den­den Erin­nerungs­bildern ein anderes Bild, das Men­schen­phan­tom liegt, das unter der Bewusst­seinss­chwelle bleibt. Dieses Men­schen­phan­tom ist das, was tat­säch­lich bewahrt wurde, es ist das Alt-Bewahrte, von dem das Mantra spricht. Um dieses Men­schen­phan­tom geht es, nicht um das, was daraus gele­sen wer­den kann als erin­nertes Erlebnis.

Zum zweit­en: Was ist mit meinem “neuer­stande­nen Eigen­sein” gemeint? Mein eigenes Bewusst­sein gibt mir das Erleb­nis, ein abge­gren­ztes, eigenes Sein zu haben. Das Bewusst­sein bildet sich durch die feinen Abster­bevorgänge meines Kör­pers, die das Leben immer­fort begleit­en. Rudolf Stein­er fasst diesen sich vergeisti­gen­den, auf­steigen­den Strom als Ätheri­sa­tion des Blutes zusam­men. Dieser Strom erschafft mein Bewusst­sein in jedem Moment neu. Deshalb ist mein Eigen­sein ein in jedem Augen­blick neu Erstandenes, weil mein Bewusst­sein sich kon­tinuier­lich neu bildet. Indem es im Mantra nicht neuentstanden heißt, son­dern neuerstanden klingt leise das: “Christ ist erstanden mit”.

Das in jedem Moment neu erste­hende, ewig junge und indi­vidu­elle Bewusst­sein belebt im Innern die alt bewahrten Men­schen­phan­tome, die Grund­la­gen des Erin­nerns — und dadurch auch die konkreten Erin­nerun­gen. Ein fort­laufend­er Prozess des Belebens find­et statt, während der Men­sch sich erin­nert. Das heißt, indem ich mich erin­nere, erwecke ich die Men­schen­phan­tome zum Leben. Deshalb lebt eine wachgerufene Erin­nerung im Men­schen wie ein unge­borenes Kind. Die geweck­ten Gefüh­le sind Aus­druck des Lebens, der Lebendigkeit dieser Erinnerungen.

Erin­nerun­gen in sich wachzu­rufen ist ein wahrlich geheimnisvoller Vor­gang! Jed­er einzel­nen Erin­nerung liegt ein Men­schen­phan­tom zugrunde, das ein “Kind” dieses Men­schen ist. Wie unglaublich viele sind es! Viele hun­dert oder tausend “Kinder” ruft jed­er von uns täglich ins Leben — und jedes ist ein wenig anders! Gle­icht nicht jed­er Men­sch damit der Mut­ter Erde, die im Jahres­lauf ihre uner­messlich vie­len Kinder her­vor­bringt? Die Erde ruft ihre Geschöpfe ins Leben, so wie der Men­sch seine Erin­nerun­gen. Die eigene Innen­welt ist bevölk­ert durch diese ins Leben gerufe­nen Erinnerungen.

Das Mantra fährt fort, indem es die Ziele dieses Vor­gangs verdeut­licht. Ein Dop­pelpunkt gren­zt den bis jet­zt beschriebe­nen Innen­prozess der Bele­bung des Alt-Bewahrten von sein­er angestrebten Wirkung im Außen ab. Hier sind es zwei durch ein Und ver­bun­dene Prozesse, die benan­nt wer­den. Der geschieht durch ergießen, der andere durch prägen.

Der erste Prozess ähnelt dem Wass­er, denn er soll sich ergießen. Verkürzt dargestellt soll der im Innern erweck­te Lebensstrom sich in das Werk ergießen, dass ich im Außen voll­bringe — in meines Lebens Außen­werk. Genauer spie­len dabei erweck­ende Wel­tenkräfte bzw. erweck­te Wel­tenkräfte eine Rolle.

Zwei Lesarten sind hier möglich: entwed­er wirken die Wel­tenkräfte erweck­end oder sie wer­den erweckt. Vielle­icht ist die dop­pelte Bedeu­tung beab­sichtigt, denn es sind min­destens zwei Wel­tenkräfte, die hier eine Rolle spie­len. Die eine davon kann erweck­end wirken, die andere zunächst eine Erweck­ung benötigen.

Was ist mit diesen min­destens zwei Wel­tenkräften gemeint? Rudolf Stein­er benutzt dieses Wort unter anderem für die fün­fte Engel­hier­ar­chie. Diese wird Dynamis (Wel­tenkräfte), Geis­ter der Bewe­gung, oder lat. Vir­tutes (Tugen­den) genan­nt. Bewe­gung bedeutet für Sonne und Plan­eten eine kreisende Bewe­gung. Sie strebt in eine Rich­tung und kehrt zu ihrem Ursprung zurück. Das sind vere­in­facht zwei Bewe­gungsrich­tun­gen, z.B. von links nach rechts und von rechts nach links. Die Gegen­sät­zlichkeit kommt auch im fol­gen­den Zitat Rudolf Stein­ers zu den Dynamis (Wel­tenkräften) zur Gel­tung: „Alles, was auf unser­er Erde Zer­set­zun­gen und Zusam­menset­zun­gen bed­ingt, alles was als chemis­che Kräfte auf der­sel­ben wirkt, ist hier noch in das Licht hinein­ver­woben, und das ist im wesentlichen das Ter­rain, auf dem die Geis­ter der Bewe­gung (Dynamis, Wel­tenkräfte, A.F.) tätig sind. Wenn der Men­sch etwas wahrzunehmen lernt von dem, was er son­st nur als Maja in der Wirkung der chemis­chen Zusam­menset­zun­gen und Auflö­sun­gen sieht, dann hört er diese Geis­ter der Bewe­gung, dann nimmt er die Sphären­musik wahr, von der die pythagoräis­che und andere Geheim­schulen sprechen. Das ist auch das, was Goethe beschreibt, wenn er von der Sonne nicht als der Licht­spenderin spricht, son­dern sagt: «Die Sonne tönt nach alter Weise in Brud­er­sphären Wettge­sang, und ihre vorgeschrieb­ne Reise vol­len­det sie mit Don­ner­gang.»“ (Lit.: GA 121, S. 93, Her­vorhe­bun­gen A.F.)

Die Kräfte, die Stoffe binden und lösen, wer­den dem chemis­chen Äther zuge­ord­net, dessen äußer­er Aus­druck das irdis­che Wass­er ist. Auch die Zeit, die mit der Bewe­gung der Him­mel­skör­p­er und dadurch mit der Hier­ar­chie der Dynamis ver­bun­den ist, erscheint im Bild des Wassers. Rudolf Stein­er spricht hier eben­so von ein­er Zwei­heit, vom Dop­pel­strom der Zeit. Der eine Zeit­strom fließt von der Ver­gan­gen­heit in die Zukun­ft, führt von der Ursache zur Wirkung. Der zweite Zeit­strom fließt von der Zukun­ft in die Gegen­wart. Hier liegt die Ursache erst in der Zukun­ft. Was sich in der Gegen­wart ereignet sind Schritte auf diese Zukun­ft hin, als ob die in der Zukun­ft liegende Ursache ihre “Schat­ten” vorauswer­fen würde. Diese bei­den Zeit­ströme kön­nen eben­so wie Zer­set­zung und Zusam­menset­zung als die sich ergießen­den Wel­tenkräfte des Mantras gedacht werden.

Drei Ver­ben ste­hen im Mantra in der Ver­laufs­form und beto­nen dadurch den fließen­den, prozesshaften Charak­ter dieses Mantras. Sie laut­en: belebend, erweck­end und wer­dend. Belebend entspricht ein­er ins Leben führen­den, inkarnieren­den und abwärts gerichteten Bewe­gung; erweck­end weist auf eine Bewusst­sein erzeu­gende und damit exkarnierende, auf­steigende Bewe­gung; wer­dend, also in Entwick­lung begrif­f­en zeigt sich die dritte Bewe­gung als Zusam­men­spiel der vorherigen.

Es, das durch Eigen­sein belebte Alt-Bewahrte (meine lebendi­ge Erin­nerung), soll erweck­ende bzw. erweck­te Wel­tenkräfte in das Werk ergießen, das ich im Außen tue. Im Ergeb­nis mein­er Hand­lun­gen, in meinem Außen­werk, sollen durch die lebendi­ge Erin­nerung erweck­ende Wel­tenkräfte enthal­ten sein bzw. geweckt wer­den. Das bedeutet, dass ich mich an meinen Tat­en erken­nen kann, durch mein Werk erweckt werde zur Selbsterkenntnis.

Meine lebendi­ge Erin­nerung soll wach­machende Wel­tenkräfte erweck­en, die sich in mein Lebenswerk, das ich in der äußeren Welt tue, ergießen. Durch die Erin­nerung kom­men die Wel­tenkräfte in mein Werk. Das fer­tige Werk ist also nicht abgeschlossen, son­dern enthält Kräfte, die weiterwirken.

Wer aufmerk­sam beobachtet ken­nt diese Zusam­men­hänge zumin­d­est ein Stück weit: Das Selb­st­bild baut sich aus den Erin­nerun­gen auf und bee­in­flusst maßge­blich die getrof­fe­nen Entschei­dun­gen, die vol­l­zo­ge­nen Bindun­gen und Lösun­gen. Damit bee­in­flusst das Selb­st­bild das ganze Lebenswerk. Und die Wel­tenkräfte wirken erweck­end. Die Tat­en sagen etwas über ihren Schöpfer aus, sie ermöglichen ihm Selb­sterken­nt­nis. Mit einem Geschenk schenkt sich der Schenk­ende ein Stück weit selbst.

Der zweite Prozess lässt durch das Wort “prä­gen” das Bild fes­ter Materie entste­hen. Aus­ge­hend von den belebten Erin­nerun­gen sollen die Wel­tenkräfte mich ins Dasein prä­gen. Ein Abdruck der Summe aller Tat­en soll in der Welt vorhan­den sein. Für mich entste­ht das Bild ein­er Fußspur im feucht­en Sand. Durch jede einzelne Hand­lung, die der Men­sch tut, wird nach und nach das, was innen war zu einem Außen, das den Siege­lab­druck der han­del­nden Per­son trägt. Durch seine Tat­en ist der Men­sch in der Welt enthal­ten. Das meine ich ganz konkret und für jeden Men­schen. Damit sind nicht erst die über­ra­gen­den Leis­tun­gen und Erfind­un­gen der Genies gemeint, die das Leben ganz­er Gesellschaften verän­dern. Nein, jed­er Men­sch wird durch seine Hand­lun­gen ins Dasein geprägt und offen­bart dadurch sein Kön­nen, seinen Stand der Entwick­lung. Nicht als Vol­lkommene, nein — als Wer­dende sollen wir in das Dasein der Welt eingeprägt wer­den. Und dieser Weg wird weit­er und immer weit­er gehen, denn Entwick­lung endet nie. Wir sind Werdende.

Nun schließt sich der Kreis. Nun ist die Welt nicht nur als Erin­nerung in mir vorhan­den, son­dern auch ich soll in die Welt eingeprägt wer­den, in ihr vorhan­den sein. Was Rudolf Stein­er in der Punkt-Umkreis-Med­i­ta­tion gegeben hat, “In mir ist Gott. Ich bin in Gott.”, das find­et sich in diesem Mantra über­set­zt in das Erleben des Men­schen: “In mir lebt die Erin­nerung. Ich bin eingeprägt in die Welt.” Ewigkeit und die Wahrnehmung der Kraft, die das ewige Leben trägt, wird dadurch möglich.