Die spiegelnden Mantren 25 Y und 28 b
25 Y
Ich darf nun mir gehören Und leuchtend breiten Innenlicht In Raumes- und in Zeitenfinsternis. Zum Schlafe drängt natürlich Wesen, Der Seele Tiefen sollen wachen Und wachend tragen Sonnengluten In kalte Winterfluten. |
28 b
Ich kann im Innern neu belebt Erfühlen eignen Wesens Weiten Und krafterfüllt Gedankenstrahlen Aus Seelensonnenmacht Den Lebensrätseln lösend spenden, Erfüllung manchem Wunsche leihen, Dem Hoffnung schon die Schwingen lähmte. |
Musik zum Mantra 25 Y — majestätisch — komponiert von Herbert Lippmann
Musik zum Mantra 28 b — flott — komponiert von Herbert Lippmann
Über die Spiegelsprüche 25 Y und 28 b
Den hier darzustellenden Sachverhalt schildere ich aus der Perspaktive des Sommer-Halbjahres, für das Winter-Halbjahr verläuft er entgegengesetzt. Spiegelten die Mantren 24 X und 29 c schon auffallend sparsam, so ist dieses Element der grammatischen Entsprechung bei den Mantren 25 Y und 28 b auf ein Minimum, auf die erste Zeile reduziert. Diese Entwicklung der abnehmenden Spiegelung kulminiert im folgenden Mantrenpaar, denn die Mantren 26 Z und 27 a weisen keinerlei Spiegelung mehr auf. Sie stehen vollkommen unabhängig, ohne grammatische Entsprechung da. Die Mantren 25 Y und 28 b zeigen, nachdem die grammatischen Entsprechungen der ersten Zeile aufgehört haben, inhaltliche Bezüge der Zeilen. Auch dies fehlt beim folgenden Spruchpaar 26 Z und 27 a.
Die Mantren 25 Y und 28 b scheinen sich zeilenweise gegenseitig zu beleuchten. Deshalb will ich nicht nacheinander auf die Mantren eingehen, sondern sie Schritt für Schritt einander gegenüberstellen. Beide Mantren weisen einen Ich-Sprecher auf und thematisieren deshalb Aspekte des Seelenlebens, die der bewussten Selbstbeobachtung zugänglich sind. Beide Mantren beginnen damit, dass der Ich-Sprecher kundtut, was er selber darf bzw. kann. Es geht um die selber ausgeführte Handlung, die in dem einen Fall erlaubt, in dem anderen möglich ist, weil eine Neubelebung im Innern stattgefunden hat. Im Mantra 25 Y heißt es: “Ich darf nun mir gehören”; im Mantra 28 b: “Ich kann im Innern neu belebt — Erfühlen eigenen Wesens Weiten” Beide Mantren setzen dadurch etwas voraus — die erlaubende Autorität bzw. die Lebensquelle — die unausgesprochen bleibt. Wer erlaubt (25 Y) also, dass der Ich-Sprecher sich gehören darf — und wem gehörte er vorher? Und woher stammt die neue Lebenskraft (28 b) — wo ist ihre Quelle zu suchen? Im Mantra 25 Y ist das Wesentliche, dass der Ich-Sprecher für sich allein ist, im Mantra 28 b ist es entscheidend, dass er etwas empfangen hat und dadurch in eine Beziehung eingetreten ist. Die grammatische Entsprechung dieser Zeile, ihr Spiegeln, macht deutlich, dass es um zwei Perspektiven eines seelischen Sachverhaltes geht.
“Ich darf nun mir gehören”: im Mantra 25 Y wird der Bewusstseinsbereich geschildert, der vom Menschen-Ich wach durchdrungen werden kann, der dem Ich alleine gehört. Wenn der ganze Jahreslauf in einer Anschauung gemäß der Ei-Perspektive als der unterbewusste, bewusste und selbstbewusste Raum angesehen wird, so sagt das Mantra 25 Y, dass nur der oberste Bereich, die Mantren 25 Y, 26 Z, 27 a, 28 b vollständig vom Menschen-Ich durchleuchtbar sind. Nur dieser Bereich gehört dem Ich-Sprecher ganz — sofern er sich dessen bewusst wird. In den darunter liegenden Schichten gehört er in zunehmendem Maße der Welt an. Da wirken geistige Mächte und gestalten, was das menschliche Ich noch nicht aus eigener Kraft handhaben kann. Das Mantra 25 Y liegt fast am Ende des Sommer-Halbjahres, das den Wahrnehmungsbereich der Seele beschreibt. Die von außen kommenden, über die Seele bestimmenden Wahrnehmungen verebben hier. Hören diese Sinnesreize auf, wird das Bewusstsein nicht mehr von der äußeren Wahrnehmung in Anspruch genommen. Nun gehört das Bewusstsein nicht mehr der Welt an, sondern wendet sich nach innen.
Und woher kommt die Neubelebung, von der der Ich-Sprecher im Mantra 28 b berichtet? Ich denke, sie hängt mit dem Übertritt vom Sommer- in das Winter-Halbjahr zusammen. Genauer gesagt mit der Lücke der Spiegelsprüche, die an dieser Stelle besteht — denn die Mantren 26 Z und 27 a spiegeln nicht. Es kann also etwas in den ansonsten geschlossenen Jahreskreis einströmen. Stelle ich mir diese Kraft als Strömungsimpuls vor, der erneut sichtbar werden wird in der Osterscholle des kommenden Jahres, so lässt sich diese Kraft als eine junge, das Leben individualisierende und erneuernde Lebenskraft erkennen. Der Seelenkalender-Jahreskreis der Spiegelsprüche, mit seiner Lücke durch die nicht-spiegelnden Mantren 26 Z und 27 a, erinnert an einen Torque, den Halsring der keltischen Druiden.
Keltischer Torque im Seelenkalender-Jahreskreis mit der Osterscholle als Strömungsimpuls
Gold-Halsring der Fürstin von Reinheim, Grabbeigabe ca. 370 v. Chr.
Der Torque wurde sowohl von Männern als auch von Frauen als Halsring getragen. Die offene Stelle mit den beiden Knubbeln gehörte nach vorne in die Nähe des Kehlkopfs und betonte die Sprachfähigkeit der keltischen Druiden und Druidinnen. Der Torque zeigte an, dass sein Träger bzw. seine Trägerin das von den Göttern empfangene Wort den Menschen vermitteln konnte. Die häufig anzutreffende gewundene Form des Torque verstehe ich als einen Hinweis auf die zyklische Zeit. Jeder vollendete Tageszyklus gleicht einer Umdrehung, jeder Wochenzyklus einer größeren Umdrehung und viele solcher kleinen Zyklen vereinen sich im Jahreszyklus wie das gedrehte Metall zum Torque.
Da die Mantren 26 Z und 27 a keine grammatischen Entsprechungen aufweisen, hier also im Spiegelspruch-Jahreskreis eine Lücke ist, bilden die Spiegelsprüche 25 Y und 28 b Ende und Anfang dieses Spiegelspruch-Jahres. Sie können als die beiden Knubbel angesehen werden, in die der Torque typischerweise ausläuft.
Der Ich-Sprecher des Mantras 25 Y darf sich gehören und Innenlicht um sich ausbreiten. Dieses aus dem Inneren leuchtende Licht steht der neu empfangenen Belebung (28 b), gegenüber. Belebung geht gewöhnlich einher mit der Minderung von Bewusstsein, wie die Erholung im Schlaf deutlich macht. Belebung ist also eine “dunkle” Kraft. Der Ich-Sprecher des Mantras 28 b kann die Weiten des eigenen Wesens erfühlen — nicht sehen. Er erfühlt seinen Seelenraum, während der Ich-Sprecher des Mantras 25 Y Innenlicht ausbreitet. Diese beiden inneren Wahrnehmungen liegen im eigenen Erleben so eng zusammen, dass sie wie zwei Aspekte eines Zustandes erscheinen.
Nun wird im Mantra 25 Y gesagt, wohin der Ich-Sprecher das Innenlicht breiten darf — was er mit seinem Bewusstseinslicht ausleuchten darf. Schon das Ausbreiten des Innenlichts ist leuchtend. Wie ein leuchtendes Tuch, wie ein weisheitsvolles Gewebe darf der Ich-Sprecher sein Innenlicht in Raumes- und in Zeitenfinsternis breiten. Er darf sowohl den Raum, als auch die Zeit mit seinem verstehenden Bewusstseinslicht erfüllen. Wie könnte das gemeint sein? Raum und Zeit werden von Finsternis verdunkelt. Ihre geistige Wahrheit leuchtet nicht mehr im Bewusstsein des Menschen. Bevor ich mit den Mantren fortfahre, will ich den Fragen nachgehen, die Zeit und Raum aufwerfen, wenn sie aufeinander bezogen werden.
Exkurs zu Raum und Zeit
Tatsächlich ist es eine uralte Frage, die in allen alten Weisheitslehren bewegt wurde, wie Raum und Zeit sich gegenseitig beleuchten — wie der Raum durch die Zeit geistig verstanden und die Vergänglichkeit der Zeit überwunden werden kann. Es ist also die Frage, wie Raum und Zeit zusammengehören — wie der stetige Zeitverlauf entlang des Jahreskreises mit den vier Himmelsrichtungen, bzw. den drei Dimensionen des Raumes verbunden ist. Rudolf Steiner gibt durch die vier Erzengel Michael, Gabriel, Raphael und Uriel an, wie diese Verbindung gelingt. Er beschreibt die vier Erzengel als die Regenten jeweils einer Jahreszeit und verbindet sie dadurch mit dem Jahreskreis (Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginationen, GA 229). An anderer Stelle weist er diesen vier Erzengeln Himmelsrichtungen und damit Positionen im Raum zu: „… in der Richtung des Nordens, steht … Uriel … In der Richtung des Westens steht … Raphael … In der Richtung des Südens steht Gabriel … Der vierte … strahlt sein Licht von dem Osten aus … [Er wird] mit dem Namen des Michael genannt. So stehen da die vier mächtigen Erzengel und leiten die Weltenvorgänge.“ (Lit.: GA 265, S. 336ff) Dadurch wird deutlich, wie Rudolf Steiner Zeit und Raum zur Deckung bringt.
Doch dem Betrachter eines solchen Jahres-Raum-Kreises fallen Widersprüche auf. Orientiert man sich am Lauf der Sonne, so möchte man gerne den Osten mit dem Frühling und den Westen mit dem Herbst verbinden — und nicht umgekehrt. Hier wird deutlich, dass Tages- und Jahreslauf mit den Himmelsrichtungen nicht widerspruchsfrei zusammenpassen – zumindest nicht, wenn:
- 1. das Sommer-Halbjahr oben, das Winter-Halbjahr unten sein soll, wie es das spontane innere Bild der meisten Menschen zeigt, sprechen wir doch von Hochsommer und Tiefwinter;
- 2. die Drehrichtung im Uhrzeigersinn, d.h. in Sonnenrichtung geschehen soll; und wenn wie gesagt
- 3. der Frühling im Osten, der Herbst im Westen sein soll.
Da stellt sich die Frage, wie es zu so widersprüchlichen Bildern kommt. Die Vorstellung der Lokalisation von Morgen und Abend beruht wesentlich auf dem Bild der Uhr. Mit 9 Uhr ist die aufsteigende Sonne verbunden, mit 15 Uhr die absteigende. Auch dieses Bild zeigt den Morgen (9 Uhr) nicht im Osten, wo doch die Sonne aufgeht, und die sinkende Sonne (15 Uhr) nicht im Westen, wo sie untergeht. Die Tageszeiten passen also auch nicht zu den Himmelsrichtungen. Das Rätsel löst sich, wenn die Sonnenuhr, das Vorbild der analogen Uhr, betrachtet wird. Bei der Sonnenuhr wandert der Schatten mit der Sonne im Uhrzeigersinn. Wenn die Sonne im Osten aufgeht, so fällt der Schatten des Stabes, der die Zeit anzeigt in den Westen (in den Bereich Raphaels), mittags fällt er in den Norden (in den Bereich Uriels) und abends in den Osten (in den Bereich Michaels. Wenn man also den Schatten als maßgeblich betrachtet und nicht den Ort, an dem die Sonne steht, so sind Tageszeit und dadurch auch die Jahreszeit stimmig mit den Raumesrichtungen verbunden. Nicht im direkten Sonnenlicht, sondern im Schatten findet sich der Schlüssel, um Zeit und Raum in Übereinstimmung zu bringen. Rudolf Steiners Aussage über den unbeleuchteten, also im Schatten liegenden Teil des Mondes liest sich wie eine Bestätigung, dass es auf den Schatten ankommt. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Gral sagt er: „Dasjenige, was hier als die goldglänzende Sichel entsteht, entsteht ja dadurch, daß die physischen Sonnenstrahlen auf den Mond auftreffen. Weil die Sonne von hierher scheint, beleuchtet sie den Mond auf dieser Seite, und der beleuchtete Teil erscheint als die goldglänzende Schale. In ihr ruht die dunkle Hostie: physisch, der unbeleuchtete Teil, der dunkel bleibende Teil, wohin die Sonnenstrahlen nicht dringen können; geistig noch etwas anderes. Wenn die Sonnenstrahlen auf den einen Teil des Mondes auffallen und goldglänzend zurückgeworfen werden, so geht trotzdem etwas durch die physische Materie durch. Das, was durchgeht, ist das in den Sonnenstrahlen lebende Geistige. Die geistige Kraft der Sonne wird nicht so wie die physische Kraft der Sonne aufgehalten und strahlt zurück. Sie geht durch, und indem sie durch die Kraft des Mondes aufgehalten wird, sehen wir gerade in dem, was hier in der Goldschale ruht, in Wirklichkeit die geistige Kraft der Sonne. So daß wir sagen können: In dem dunklen Teile des Mondes, den wir da sehen, schauen wir die geistige Kraft der Sonne. In dem goldglänzenden Teil, in dem Schalenteil, sehen wir die physische Kraft der Sonne, die als Strahlenkraft zurückgeworfen wird. Der Geist der Sonne ruht in der Schale der physischen Kraft der Sonne, wenn wir die Sonne also ansehen. So daß der Sonnengeist in Wahrheit ruht in der Mondenschale.” (GA 149,S. 94f)
Im wandernden Schattenwurf des Stabes erscheint also das geistige Licht der Sonne. Mit diesem Geist-Licht wird der Jahreskreis ausgeleuchtet, während die äußere Sonne den Raum durchwandert. So erhellen sich Zeit und Raum gegenseitig.
Der Schatten der Sonnenuhr bringt Raum und Zeit zur Deckung
Im Mantra 25 Y gehören das Sich-selbst-Gehören und das Ausbreiten des Innenlichtes in Raumes- und in Zeitenfinsternis zusammen. Beide Aspekte sind mit “Und” verbunden. Auch im Mantra 28 b gibt es eine durch “Und” gekennzeichnete Verbindung. Zur inneren Belebung und zu der Fähigkeit, die Weiten des eigenen Wesens zu erfühlen, gehört kraftvolles Aussenden von Gedankenstrahlen aus Seelensonnenmacht. In der Weite des eigenen Wesens leuchtet die Seelensonne. So steht es im Mantra in der mittleren Zeile. Ihre Strahlen sind zunächst die ausgesandten Gedanken, die von Kraft erfüllt sind. Interessanterweise gehören die Gedanken nicht zum Mantra des Innenlichtes (25 Y), des Bewusstseinslichtes, sondern zum Mantra, dem eine (ungenannte) Belebung vorausgegangen ist. Die Gedankenstrahlen hängen dadurch mehr mit den Lebenskräften zusammen als mit dem Bewusstseinslicht. Aus der Sonnenmacht der Seele kann der Ich-Sprecher mit Kraft erfüllte Gedankenstrahlen den Lebensrätseln spenden und sie lösen. Lebensrätsel betreffen hier das eigene Schicksal, die karmischen Zusammenhänge, das Warum und Wozu — und die Frage nach dem Vorgeburtlichen und Nachtodlichen. Die mit Sonnenmacht und kraftvollen Gedanken, mit Macht und Kraft ausgestatteten Gedankenstrahlen kann der Ich-Sprecher außerdem dazu verwenden, Wünschen Erfüllung zu leihen — sie vorübergehend zu befriedigen. Nun können auch solche Wünsche erfüllt werden, deren Erfüllung vorher nur erhofft werden konnten. Es muss der rechte Zeitpunkt zur eigenen Aktivität hinzukommen, auf ihn muss gehofft werden. Doch passive Hoffnung ohne eigene Mitwirkung bei der Erreichung des Ziels, ist eine Hoffnung, die die Schwingen der Seele lähmt. Die Schwingen der Seele sehe ich in der entweder wahrnehmend nach außen oder denkend nach innen gerichteten Aktivität der Seele und dadurch das Bewusstseinslicht in entsprechende Bewegung zu setzen.
Die geflügelte Sonne — der sonnengleiche Bewusstseinsraum mit den Schwingen der Seele, ihrer Wahrnehmungs- und Denkfähigkeit
Angeregt wurde ich zu dieser Darstellung des doppelten Jahreslaufes — einmal als Sonne, einmal die Halbjahre als Schwingen — von der ägyptischen Darstellung des geflügelten Horus.
Gott Horus als Behedeti, “Thronstätte”, dessen Schwingen von einem Horizont zum anderen reichen und die Himmelsgöttin Nut
Das Mantra 25 Y besteht aus zwei Sätzen. In beiden Sätzen finden sich zwei Aussagen, die mit “Und” verbunden sind. Der erste Satz beschreibt, was der Ich-Sprecher im sogenannten oberen Menschen, dem Bewusstseins-Menschen erlebt. Der zweite beschreibt, wie Seele und leiblicher Menschen sich beeinflussen. Das natürliche Wesen des Menschen, das leibliche, der Natur angehörige, drängt zum Schlaf. Wenn die Sinnesreize aufhören, wenn die Seele durch die Reize nicht mehr wachgehalten wird, drängt der natürliche Körper-Seelen-Zusammenhang zum Schlaf, zum Verlust des Bewusstseins. Doch wenn das Bewusstsein genügend stark ist, kann es erhalten werden, auch wenn der Körper zum Schlaf drängt. Die Tiefen der Seele sollen Wachen und etwas tun. Sie sollen Sonnengluten in kalte Winterfluten tragen. Das Innenlicht, das Bewusstsein, ist zunächst ein fühlendes und deshalb ein „warmes“, Anteil nehmendes Bewusstsein. Es ist Sonnenglut. Und die vielen Momente dieser Gegenwärtigkeit sind Sonnengluten. Diese Sonnengluten sollen in kalte Winterfluten getragen werden. Die aus dem Inneren stammende fühlende Bewusstseinsglut soll in den kalten Kopfpol getragen werden. Sie soll in die kühle Erkenntnisfähigkeit, die Distanz schaffende sachliche Beobachtungsfähigkeit des Menschen, getragen werden. Mit dieser kalten Kraft sortiert, ordnet und verarbeitet der Mensch die heranbrandende Flut der Sinneswahrnehmungen.
Das Mantra 25 Y stellt den Bewusstseinsraum inhaltlich ins Zentrum, das Mantra 28 b kompositorisch die Seelensonnenmacht in die mittlere Zeile. Der erste Satz des Mantras 25 Y beschreibt den „oberen“, geistigen Menschen, von allem Äußeren befreit, der zweite die Aufgabe der Seele im Zusammenhang mit dem „unteren“, leiblichen Menschen, bestehend aus „warmem“ Körper und „kaltem“ Kopf. Durch die Zäsur, die das “Und“ in jedem Satz bildet, entsteht eine Viergliedrigkeit. Ich habe den Eindruck, dass die Vierteljahre einen geeigneten Hintergrund bilden, um die Zeilen noch tiefer zu verstehen (Abbildung Kreis).
Auch das Mantra 28 b, aus einem einzigen Satz bestehend, zeigt eine innere Gliederung. Zwei Pole sind erkennbar, die um die mittlere Zeile, die Seelensonnenmacht gruppiert sind. Dadurch entsteht eine Dreigliedrigkeit: Vor der Zeile mit der Seelensonnenmacht geht es um das Innere, die erfolgte Belebung, um das Erfühlen der Weite des eigenen Wesens und um die Gedankenstrahlen, nach der Zeile der Seelensonnenmacht geht es um Inhalte, die die Seele beschäftigen, um das Lösen von Lebensrätseln und das Erfüllen von Wünschen. Mit diesen Themen kann sich der Ich-Sprecher nun beschäftigen, weil die Neubelebung erfolgte. Die Seelensonnenmacht sehe ich hier als die Quelle der Belebung, die Spenderin der Gedankenstrahlen sowie als die Löserin der Rätsel, bislang unlösbarer Fragen und als die Wunscherfüllerin. Diese Dreigliedrigkeit findet sich in den drei Bereichen des Eies, im Stern- Sonnen- und Mondbereich wieder (Abbildung Ei).
Die Mantren 25 Y und 28 b vor dem Hintergrund der beiden Bilder des Jahres